Heute war nun also Montag, nein Dienstag - man verliert tatsächlich jedes Zeitgefühl im Urlaub. Für heute stand Izmir auf unserem Tagesprogramm. Als wir an Deck kamen um dort unsere Morgenmahlzeit einzunehmen, stellten wir fest, dass wir heute mal nichts versäumt hatten, da wir noch nicht angelegt hatten. Ankunft in der türkischen Metropole war gegen 9 Uhr geplant aber auf ein Stunde hin oder her konnte man das nicht genau sagen. Wir konnten also unser Frühstück einnehmen während wir an der türkischen Küste entlang fuhren.
Man merkte hier schon an Hand der überdimensionalen türkischen Flaggen, dass Patriotismus in der Türkei äußerst groß geschrieben wird. So erlebten wir die Einfahrt in den asiatischen Kontinent beim Frühstück, das wir wie jeden Tag sehr ausgiebig gestalteten. Pünktlich um 9.00 legten wir neben einem Aida-Schiff an und wir machten uns auf den Weg nach draußen. Hier bekam jeder beim Verlassen des Schiffes einen abgestempelten Zettel in die Hand gedrückt, der im Nachhinein betrachtet als Ersatzausweis für einen Tag gelten soll. Damals dachte ich, es wäre ein Gutschein für einen Vollwaschgang oder ähnliches, da wir ihn achtlos in den Rucksack steckten. Sinnlose Bürokratie und Papierverschwendung (es ist kein Name o.ä. eingetragen sondern nur ein Zettel mit einem ausgebleichten Stempel drauf) gibt es also nicht nur in Deutschland. Tags darauf in Istanbul bekamen wir so einen Zettel übrigens nicht. Schon im Hafen ist klar, dass wir hier in eine etwas andere Welt eintauchen. Die Hafenanlage ist heruntergekommen und nicht gerade einladend. Wir mussten hier durch ein zentrales Gebäude gehen, wo noch einmal unsere Bordkarten gescannt wurden ( die wurden schon auf dem Schiff beim rausgehen gescannt und wir hofften, dass jetzt MSC nicht einen Bestand von -4 Passagieren hatte, da wir doppelt raus gingen. ). Nach diesem Hafengebäude setzten unsere Kinder zum ersten Mal in ihrem Leben ihre Füße auf asiatischen Boden, während meine herzallerliebste Göttergattin und meine Wenigkeit schon mal auf dieser Erdplatte waren als wir vor Jahren für 2 Wochen Israel besuchen durften. Wir hatten also schon mal orientalische Luft geschnuppert und wussten deshalb so ungefähr was uns erwartet. Izmir war diejenige Destination, für die ich am wenigsten geplant hatte. Hauptziel der meisten Kreuzfahrer ist hier wohl Ephesos mit der Ceslsus Bibliothek. Für diesen Ausflug würde ich das MSC-Angebot annehmen, da die Strecke dorthin nicht unweit ist. Evtl. käme hierfür auch noch ein Taxi in Frage, ist auch ein wenig günstiger als bei MSC aber man hat halt bei geführten Ausflügen in diese Entfernung die Sicherheit, dass ggf. das Schiff wartet. Auf Grund der Hitze und diversen anderen Gründen war für uns Ephesos nicht das Ausflugsziel. Stattdessen wollten wir uns Izmir an sich ansehen. Eigentlich hatte ich vor, einen Spaziergang zum Konak Platz zu machen und dann weiter zum Asansör, einem Aufzugsturm, von dem man einen herrlichen Blick über die Bucht haben soll. Von dort wollte ich dann über den Kemeralti Basar und Kültürpark wieder zurück, teils mit Taxi- oder U-Bahnunterstützung, da diese Strecke ca. 10 km gewesen wäre. Dieser Plan wurde aber verworfen, da wieder subtropische Temperaturen herrschten und der Sonnenstich uns wohl nacheinander alle weg gebeamt hätte. Somit zog ich Plan B in Betracht: Ich hatte vom Izmir Visitor Tour (http://www.eshot.gov.tr/TUR_OTOBUS_GALE ... index.html) einen Plan dabei. Es handelt sich hier um einen Hop on hop off bus, bei dem man also zusteigen und absteigen kann wo man will. Auch hier waren interessante Ziele mit dabei (Agora, Bazar , Konak Platz) aber auch diesen Plan hielt ich nicht für klug da ich a) das Wetter als zu heiß empfand als dass ich mit einem Oben-Ohne-Bus fahre und b) ich ehrlich gesagt die Busstation für diese Busse nicht gesehen hatte *schäm*
Wir machten uns also aus dem Hafengebäude auf um uns zu orientieren und diese Busstation zu sichten (die sollte eigentlich gleich am Hafen sein) aber alles was wir sahen war folgendes:
Hier war alles brechend voll mit den gelben Gefährten. Überrascht stellte ich fest, dass ich perfekt türkisch kann: Taxi heißt also Taksi. Es dauerte auch keine Sekunden, da heftete sich schon eine Taksi-Fahrer an uns und wollte uns eine Tour verkaufen. Wir lehnten dankend ab, da er a) kein Deutsch und nicht einmal annähernd Englisch konnte und b) mit 100 Euro für 2 Stunden viel zu teuer war. Jeder der Fahrer hatte einen Plan in der Hand, in der die Stationen der Tour mit Foto abgebildet waren. Nun ließ sich der Kerl aber nicht abschütteln und verfolgte uns noch hunderte von Metern. Gerade als er irgendwann von uns ablies kam ein anderer Herr in blauem Hawaiihemd zu uns und bot uns ebenfalls eine Fahrt an. Er hatte jedoch noch nicht ausgesprochen da kam der erste Taxifahrer hergestürmt und motzte ihn furchtbar an. Nun bin ich ja des Türkischen nicht mächtig, aber soviel verstand ich auch, dass der stocksauer war, dass ihm das Blauhemd eine potentielle Kundschaft wegschnappen will und sich die beiden darüber riesig stritten. Wir gingen weiter und liebäugelten schon mit anderen Möglichkeiten (Pferdekutschen oder andere Taxifahrer, die hier allerdings schon immer seltener wurden) da kam plötzlich das blaue Hawaiihemd wieder angelaufen. Er entschuldigte sich für den Vorfall in gutem Deutsch und bot uns seine Dienste für 2 Stunden an. Er sagte uns, dass zu Fuß es unmöglich sei, in dieser großen Stadt die Sehenswürdigkeiten abzuklappern, und ich wusste, dass hier die Sehenswürdigkeiten verstreut sind wie die Oliven auf einer Pizza. Er sagte, das ganz koste 50 Euro und wir willigten ein, wohl wissend, dass wir evtl. noch handeln könnten, da ich von der Tour auch schon für 35 Euro gelesen hatte, aber das war mir nun wurscht, da der Kerl so gut Deutsch sprach, dass wir den Preis ohne Wenn und Aber akzeptierten. Also führte er uns ein paar Meter zurück zum Parkplatz, wo sein Wagen stand, vorbei am sichtlich verärgerten Taxler-Kollegen. Drum merke dir "Fremdsprachen helfen dir weiter!"
Die Tour die uns der Kerl - er stellte sich als Matthias vor - anbot, beinhaltete Agora, Kadifekale, Blaue Moschee und abschließend (welch Wunder!) den Kemeralti-Bazar. Das sei die Standardtour aller Taxis hier, wie uns Matthias erklärte.
Die Tour begann entlang der Strandpromenade Kordon und meine Familie im Fond des Wagens verhielt sich momentan auffallend ruhig. Vor allem den Kids war nicht ganz wohl in ihrer Haut, hatte man ihnen doch das ganze Leben lang erklärt, sie dürfen nie zu Fremden ins Auto steigen. Unser Großer ist darüber hinaus sicherheitsfanatisch veranlagt und suchte verzweifelt einen Sicherheitsgurt, welcher nun mal hier nicht vorhanden war. Die Fahrt in Richtung Agora führte durch vielbefahrene Straßen und es ist ein Erlebnis für uns Waldler, hier mal in einem Taxi zu sitzen. Mit unserem Fahrstil von zu Hause würden wir hier keine 2 Minuten überleben. Wichtigstes Instrument im Auto ist nicht die Bremse sondern die Hupe, die benutzt wird als Warnung, als Gruß, als Zeichen zum Überholen und zu was weiß ich noch alles. Scheinbar funktioniert der Verkehr aber trotzdem halbwegs, auch wenn teilweise mit Zemtimeterabstand überholt wird. Erst als wir kurz vor der Agora an einer Ampel ein anderes Taxi neben uns sahen, in dem 8 (!) Personen saßen wurde auch meinen Jungs klar, dass wir hier eine andere Kultur haben und auch sie wurden mit der Zeit merklich lockerer. Auf dem Weg zur Agora erzählte uns Matthias einiges von sich, z.B. dass er in Berlin groß geworden ist und mit Vornamen eigentlich Mustafa heißt und Matthias nur mit zweitem Namen. Nun ja, wahrscheinlich stellt er sich als Matthias vor, da dieser Name bei deutschen Touristen wesentlich vertrauenswürdiger klingt. Außerdem sagte er beiläufig: "Wenn ihr keine Lust auf alte Steine habt, können wir die Agora auch aus lassen, dann haben wir nachher mehr Zeit für den Basar". Klar, damit er uns in mehr Shops von irgendwelchen Schwipp-Schwagern führen kann... Nachtigall, ick hör dir trapsen!
Wir lehnten dieses unverführerische Angebot ab und somit war unsere erste Station also die Agora. Sie ist das antike Überbleibsel vom Stadtplatz des antiken Izmir, das damals noch Smyrna hieß und im übrigen der Geburtsort von Homer war, dem wir viele alte Geschichten aus dem Reich der griechischen Sagen wie die Ilias oder die Odyssee zu verdanken haben. Viele Lateinschüler wurden damit schon gequält

Mustafa alias Matthias parkte sein Auto und sagte schnell: Ich bezahle Eintritt, das rechne ich nachher dazu. Uns war's egal, wir hatten zwar türkisch Lira dabei, aber die können wir auch anderweitig unter die Menschenmenge bringen. Türkische Lira bekommt man übrigens im Vorfeld meiner Meinung nach am besten bei einem Auktionshaus mit 4 bunten Buchstaben. Hier werden immer wieder Urlaubsrestbestände versteigert (zwar nicht täglich aber immerhin ab und zu !) . Man muss allerdings aufpassen dass man Noten nach 2009 kauft, da ältere nicht mehr gültig sind. Vor allem die "Neue Türkische Lira" suggeriert mit ihrem Namen, dass diese neu sei, ist aber tatsächlich nicht mehr gültig, da sie nur von 2005 bis 2008 gesetzliches Zahlungsmittel war. Wer sich mit der Währung ein wenig beschäftigt kann aber hier im Vorfeld wahre Schnäppchen machen , da man hier bei weitem bessere Kurse erzielt als wenn man das Geld vom Automaten in der Türkei zieht oder wechselt.
Doch wieder zurück zur Agora, ...ich schweife ja schon wieder ab:
Wir bekamen von unserem Taxichef die Eintrittskarten in die Hand gedrückt und er sagte uns, wir sollen in 20 Minuten wieder hier sein.
Wir machten uns also auf den Acker (das Feld sah tatsächlich so aus) und schweiften zuerst ein wenig an der Oberfläche umher ehe wir uns in tiefere Schichten der Ausgrabung begaben.
Dort unten war das wichtigste was man heute brauchte: Schatten und Kühle. Auch eine Wasserquelle ist hier drunten, an der laut Auskunft unseres Taxifahrers Alexander der Große geschlafen haben soll, als er im Traum die Erscheinung hatte, hier Smyrna zu gründen. Ich kann das weder bestätigen noch dementieren, da ich trotz meines biblischen Alters von über 40 Jahren damals noch nicht auf dieser Welt weilte. Nachdem wir hier unten durch die Gewölbe geschlendert waren und uns mit der Alexander-Quelle den Schweiß von der Stirn gewaschen hatten, stiegen wir wieder empor und schauten uns noch eine Säulenreihe an, die relativ neu wirkte.
Ich konnte auch nicht einordnen, was das sollte: Waren das alte ausgegrabene Säulen die komplett restauriert wurden oder ist das eine billige China-Granit-Imitation und soll hier künftig der ganze Tempel wieder neu aufgebaut werden? Wer hierzu Infos hat, möge sie hier posten oder für immer schweigen, ich bin für jede Erleuchtung dankbar. Mustafa erzählte uns, dass die Ausgrabungen hier noch sicherlich Jahrzehnte dauern werden.
Nachdem die 20 Minuten zur freien Verfügung ( das hört sich ja an wie früher auf einer Klassenfahrt) nun um waren, stiegen wir wieder in unser knallgelbes Taxi und fuhren weiter zur Burgruine Kadifekale. Auf dem Weg dorthin bekamen wir von M. noch erklärt, dass hier einzelne Straßen komplett thematisch verkaufen. Auf der Straße, auf der wir gerade waren, war zum Beispiel ein Geschäft für gebrauchte Büromöbel neben dem anderen und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: Ca. 500 Meter lang war der ganze Bürgersteig mit Second-Hand Bürostühlen und Schreibtischen vollgepflastert. Wo anders - sagte er - gäbe es z.B. eine Straße, wo nur Waschmaschinen angeboten werden und ich dachte mir frei nach Obelix: "... die spinnen die Türken". Trotzdem war es interessant, hier die Geschäftstüchtigkeit der Händler im Vorbeifahren bei offenem Fenster - denn Klimaanlage hatte die Rostlaube natürlich nicht - zu beobachten.
Nach wenigen Minuten Fahrzeit waren wir nun auf der Burgruine angekommen. Die Einfahrt durch das enge Tor der Burgruine machte den Weg frei auf ein großes Waldstück, wo wir parkten. Mustafa führte uns gezielt zum höchsten Aussichtspunkt. Auch hier waren ein paar provisorisch errichtete Verkaufstische aufgestellt, wo verschleierte Damen ihre Waren feilboten. Mein Sohn wollte sich für sein Handy eine kleine verzierte Schutzhülle kaufen, woraufhin Matthias mit ernstem Gesicht den Kopf schüttelte: "Hier nicht !" Wie sich herausstellte, waren das Kurdinnen auf die er scheinbar nicht allzu gut zu sprechen war. Naja, in die innenpolitischen Angelegenheiten mische ich mich nicht gerne ein, auch wenn mir so ein kategorisches Denken widerstrebt. (Wir als Niederbayern mögen ja die "Preußen" auch nicht besonders, deswegen boykottieren wir aber nicht gleich ihre Geschäfte

Somit ging es die letzten paar Stufen eine steile und enge Treppe hinauf, auf der nur Einbahn-Fußgänger-Verkehr möglich war. Irgendwann fanden wir doch eine Lücke und wir erklommen die Aussichtsplattform.
Man hatte wirklich einen gigantischen Ausblick von hier oben und konnte nur erahnen, wie große diese Stadt ist. Wir bekamen nun Nachhilfe in Heimat- und Sachkunde, wo wir erfuhren, dass Izmir das Zentrum der Textilindustrie der ganzen Welt sei. Wenn wir Kleidung kaufen wollen, sollten wir dieses unbedingt in Izmir tun, in Istanbul morgen sei alles viel, viel teurer - so sagte uns Mustafa. Er erklärte uns am Beispiel einer Lederjacke, dass hier nur ein Drittel des Preises bezahlt wird als anderswo und jeder zweite Satz war: Istanbul ist viel teurer. Nebenbei erkundigte er sich natürlich auch, ob wir vorhätten, Kleidung hier zu kaufen, was wir vehement verneinten und trotzdem wussten wir insgeheim schon, dass unsere Tour in einem Klamottengeschäft enden wird.
Nachdem wir uns ca. 10 Minuten visuell an Izmir und auditiv an einem Textilvortrag ergötzt hatten, stiegen wir wieder runter in Richtung Taxi. Wir sahen hier eine weitere Ausgrabung die laut Auskunft unseres Guides auch zum antiken Smyrna gehört und deren Gänge bis runter in die Stadt zur Agora führen.
Aus meinen Vorbereitungen wusste ich, dass hier irgendwo in der Gegend eine überdimensionale Gesichtsstatue des Staatsgründers Atatürk sein musste, die aussieht als wäre es in Stein gehauen wie die Präsidentenköpfe von Mount Rushmore. Darauf angesprochen machte Mustafa mit uns ein paar Schritte Umweg auf die andere Seite des Hügels und zeigte uns das "Monument"
Das Antlitz ist aber nicht in Stein gehauen, sondern mit einer Masse auf ein Gerüst modelliert worden, aber es sieht schon wuchtig aus, auch aus der doch großen Entfernung. Nun wollten wir wieder zum Auto und damit zu nächsten Station. Doch wir kamen mit dem Taksi ( ohne hier Werbung zu machen: Es war ein Dacia Logan ! ) nicht mal die 10 Meter bis zum Tor der Burgruine, denn hier stand der gesamte Verkehr, der scheinbar 100% aus Taxis bestand.
Nach ein paar Minuten in diesem gelben Backofen mit einem Konzert aus Hupen rund um uns herum kam ein anderer Taxifahrer zu uns ans Fenster und sagte, dass irgendwo ein Bus fest steckt und hier nichts geht ( Nicht dass ich jetzt Türkisch verstanden hätte, aber Mustafa hatte es uns übersetzt.) Er griff also zu Plan B, fuhr über Feld und Wiese, bis er wieder auf einer Straße war , die uns über ein Viertel lotste, die Taxifahrer wahrscheinlich den Touris sonst nicht so gerne zeigen.
Ich fand das ganze trotzdem recht interessant. Er erklärte uns, dass das ganze Gebiet hier (großteils war es eine Müllhalde mit ein paar Baracken rundum) von der Regierung als Ausgrabungsstätte deklariert wurde und die hier wohnenden Menschen irgendwann zwangsumgesiedelt werden würden.
Nach 10-minütiger Fahrt waren wir bei der vorletzten Station unserer Besichtigung. Unser Chauffeur steuerte das Auto flink in eine Lücke, die gerade frei war, wobei ihn erhöhte Randsteine nicht im geringsten störten und führte uns über ein paar Stufen rauf zur "Blauen Moschee", die ja offiziell Fatih Moschee heißt, aber mit der Bezeichnung "Blaue Moschee" kann man wahrscheinlich mehr Interesse hervorrufen und man stellt Izmir in den Augen der Besucher auf eine Linie mit Istanbul
Matthias wies uns in die Verhaltensregeln in einem muslimischen Gotteshaus ein: Füße waschen (kenn ich als Christ von der Gründonnerstagsliturgie), meine Frau musste den Kopf mit einem Tuch bedecken und dann nichts wie rein in die Moschee.
Das Innere der Moschee war sehr ansprechend, auch wenn hier auf Grund der Touristenmassen nicht wirklich ein Hauch von Andachtsmomenten aufkeimen könnte, aber als Christ bin ich ja hier quasi sowieso in der Opposition ( wobei es mir persönlich nichts ausmacht ob ich in einer Kirche, Moschee oder Synagoge meinen transzendenten Gedanken fröhne)

Matthias erklärte uns noch ein wenig den Ablauf in einer Moschee und zeigte uns auch, wie bei den Moslems gebetet wird, auch mit dem bekannten Körpereinsatz und übersetzte uns ein wenig die Art des Betens auf Deutsch. Wir fanden das eigentlich ganz interessant und spannend ( in der niederbayerischen Provinz hört man höchstens einen Hahn rufen aber keinen Muezzin ), das ganze mal quasi aus erster Hand zu erfahren.
Nach dem kurzen Gang durch die (nicht allzu große) Moschee ließen wir uns dann noch zum Kemeralti Bazar kutschieren. Unser Fahrer parkte dort relativ unkonventionell in einer Einfahrt gleich am Beginn des Bazars. Auf meine typisch deutsche Angewohnheit hin, das Fenster beim Verlassen des Fahrzeugs hochzukurbeln winkte er ab: „Ist hier nicht nötig“. Na ja die haben ja hier ein Gottvertrauen –… Entschuldigung: Allahvertrauen. Also stürzten wir uns in den Bazar, wo uns ein typisch orientalisches Flair erwartete.
Unser Kleiner wollte hier natürlich wieder seinen Andenkenmagneten kaufen. Er suchte sich einen aus und als ich ihn zahlen wollte, sagte Mustafa pseudo-zuvorkommend: „Lass mal, den bezahl ich“ und an meinen Sohn gewandt: „Das ist ein Geschenk von mir“. Mein Sohn freute sich natürlich und grinste wie ein Singerl wenn’s blitzt und verstand mich nicht so ganz, als ich ihm verständlich machte, dass wir das über Umwegen sicherlich wieder bezahlen werden.
Irgendwann sahen wir dann grüne Früchte, die wir nicht kannten. Auf unsere Frage hin, welche Früchte das seien, sagte Mustafa, er kenne den deutschen Namen nicht, kaufte aber sofort eine Tüte voll und ließ sie uns probieren. Nun, geschmeckt haben sie uns ehrlich gesagt nicht, da war ein Sesamkringel das wir (dieses mal aus eigenen Lira-Beständen) kauften wesentlich schmackhafter, aber es machte auch durstig. Da ich unbedingt einen türkischen Mokka probieren wollte und meine Jungs einen Apfeltee, taten wir diesen Wunsch unserem Guide kund und im Nu saßen wir in einem mit lauter Teppichen ausgelegten Cafe im Bazar. Jeder bestellte sich sein Getränk, wobei Mustafa als Dolmetscher fungierte. Wir bekamen hierzu auch ein Tellerchen voll Lokum serviert, einer Nascherei die hier zum Kaffee / Tee serviert wird. Die Tage darauf konnte man sich das Zeug auch abgepackt auf dem Schiff unter dem Namen "Turkish Delight" kaufen. M. erklärte uns, es gäbe hier das Sprichwort „Süß essen – Süß reden“, was soviel heißt, dass bei Süßigkeiten zum Essen auch süße Geschäfte gemacht würden, und deswegen wird diese Süßigkeit gereicht. Diese Art von Geschäft bekamen wir dann auch gleich zu hören: Mit einem gekünstelten Blick auf die Uhr meinte Mustafa: „Die Zeit ist ja längst vorbei, wir können uns hier trennen, oder ihr bucht noch eine Stunde extra dazu, dann gehen wir noch zum Konak Platz und ich fahr euch zurück zum Schiff“. Das ist also der Hasenfuss an den standardisierten Taxifahrten: Das Angebot gilt ja nur für die Stationen Agora – Kadifekale – Moschee – Bazar. Von Hafenrückfahrt ist ja nie die Rede gewesen… Sicherlich hätte man die Rückfahrt alleine auch buchen können oder zu Fuß bewältigen können, aber wir hatten ja noch Zeit, und so nahmen wir die zusätzliche Stunde an. Als wir unseren Kaffee und Tee bezahlen wollte winkte er ab uns sagte, das habe er schon erledigt.
Wir liefen also durch die unübersichtlichen Straßen des Bazars unserem Hawaii-Hemd nach, umgeben von allerlei Gerüchen und Geräuschen, die als Summe wohl das Ambiente eines solchen Ortes ausmachten und gelangten so nach 15 Minuten zum Konakplatz, wo wir zuerst einmal den Uhrturm (die Uhr darauf ist ein Geschenk vom letzten deutschen Kaiser Wilhelm II an das osmanische Volk, das er sich warm halten wollte) vor die Linse holten.
Gleich daneben war die Konak Msochee, die aussah als hätte man sie zu heiß gewaschen
Nun ging’s langsam aber sicher wieder zurück zum Eingang des Basars, wo man ja das Taxi abgestellt hatte. Leider war eine Wegfahrt unmöglich, da vor dem Taxi der Basar war und dahinter 3 weitere Taxis ihren Parkplatz gefunden hatten. Wir waren also hilflos eingesperrt. Mustafa meinte, das sei nicht so schlimm, die kommen bestimmt bald wieder, und man könne ja inzwischen in das Ledergeschäft gehen, das rein zufällig genau neben dem geparkten Taxi stand, dort sei es sehr kühl. Widerwillig gingen wir hinein. Die klimatischen Bedingungen dort waren zwar weitaus angenehmer als draußen in der Hitze, aber nachdem der Besitzer des Ladens gleich zu uns herkam und uns einen Tee anbot, sagten wir mit einem sehr bestimmten Gesichtsausdruck, dass wir lieber wieder draußen warten wollten, da wir ein Klima, in dem wir zu einem Kauf fast schon verpflichtet werden, vermeiden wollten. Für M. wäre das sicherlich eine schicke Provision gewesen, aber wir haben an Leder nun mal definitiv null Interesse. Unser Taxler griff nun zum Handy und rief scheinbar seine Taxlerkollegen alle an, sie sollen weg fahren, was auch innerhalb von 5 Minuten geschehen war. Für uns war das ganze irgendwie alles ein abgekartetes Spiel. Auf der Fahrt zurück zum Schiff erzählte ich noch, dass ich im Internetforum was schreiben werde und dort Werbung für ihn machen könne. Freudig drückte er mir ein paar Visitenkarten in die Hand und fuhr uns zurück zum Hafen. Für die 3 Stunden verlangte er dann großzügig aufgerundete 105 Euro, 10 Euro mehr als wir ausgerechnet haben (Kaffee, Eintritt in Agora…), aber wer will deswegen schon Diskussionen beginnen. Wir zahlten 110 Euro, die Idee mit dem Werbung machen für ihn war damit für mich aber auch gestorben, was ich hier deswegen auch ausdrücklich nicht mache

Da wir auf der ganzen Tour und auch auf dem Bazar keine Ansichtskarte für die Sammlung unsere Jungen gefunden hatten, waren wir froh, hier im Hafengebäude noch welche erstehen zu können und so bestiegen wir wieder unter den üblichen Sicherheitsvorkehrungen unser Schiff. Auch hier wurden wir wieder zwei mal gescannt. Gott sei Dank - Jetzt ist die Personenbilanz unserer Kabine mathematisch wieder ausgeglichen

Der Nachmittag verlief unspektakulär und geprägt von Ruhe. Nach dem Mittagessen im Buffetrestaurant zog es uns für den Rest des Nachmittags wieder an Deck 14 zum Baden, Wasserrutschen und Relaxen. Auch heute war die Endstation des Badenachmittags wieder ein Whirlpool, wo man trotz der vielen Passagiere immer wieder einen Platz ergattern konnte.
Abends ging es dann wieder in gewohnt „formeller Kleidung“ zum Abendessen.
Zum Abendessen generell 1-2 Sätze. Die Speisekarte wechselt täglich und man kann sich hier von jedem Gang 1 Speise auswählen. Schon beim Hinsetzen an den Tisch liegen Butter und verschiedene italienische Brotsorten bereit. Sodann folgen die einzelnen Gänge, die zwar jeder für sich betrachtet nicht allzu groß sind, aber in der Summe das ganze Diner doch ein Ausmaß einnimmt, dass man gerne 1 oder 2 Gänge weglässt. Selbst dann ist man noch mehr als satt.
Es hatte wieder vollstens gemundet und wir begaben uns wieder nach vorne in Richtung Theater
Da wir bis zur Aufführung noch Zeit hatte, dopten wir uns noch mit einem Espresso für den Abend in der Piano Bar. Meine herzallerliebste Göttergattin und ich lauschten dort den künstlichen Klängen eines Alleinunterhaltes der aussah wie das Double von Atze Schröder und dessen Musik unverändert weiterlief auch wenn er gerade nicht selber spielte – Ein dreifach Hoch auf die MIDI Schnittstelle. Neben uns saßen zwei Japaner oder Chinesen ( Sorry für meine Unkenntnis, ich kann die vom Aussehen her nicht auseinander halten) die uns auf englisch fragten, ob wir ein Lied namens soundso kennen. Uns sagte der Titel nichts, die Asiaten waren hierüber sichtlich entrüstet, da dies ein Evergreen aus den 50ern sei (Hey, für wie alt halten die mich denn? ). Voll Enthusiasmus gingen sie zu dem Synthesizer-Bediener und fragten diesen nach dem Song. Ein Griff in die Datenbank, und der Song war natürlich parat. Die Nachbarn hätte es fast aus ihren Latschen gehauen, dass der Mann das spielen kann, sprangen überschwänglich auf ihren Sitzen und riefen ständig „super, super super“ (bzw „supel, supel, supel“

Nachdem wir uns also köstlich über dieses Intermezzo amüsiert hatten, trafen wir uns mit unseren zukünftigen Erben im Theater. Die Show des heutigen Abends war dem Pariser Cabaret gewidmet und hieß demnach „Cadeaux“. Darüber zu schreiben ist unmöglich, entweder man hat’s gesehen und ließ sich mitreiße oder eben nicht.
Nach der Vorstellung war heute "Tropical Party" im Freien angesagt, d.h. es spielte sich alles auf Deck 14 und 15 ab, wo die ansonsten in der Black and White Bar spielende Band heute für die notwendige Stimmung sorgte. Das Highlight für die Kinder war, dass sie hier den Kreuzfahrtdirektor „Franco“ trafen und mit diesem für ein Foto posieren durften. Franco hatte sich in den letzten Tagen dank seiner Vielsprachigkeit und seiner humorvoll lockeren Art bei den täglichen Theateransagen zu einem Idol der beiden gemausert.
Da meine Frau drogenabhängig ist ( Gott sei Dank nur Nikotin ! ) hielten wir uns auf der Backbordseite auf, wo man diesem Laster frönen darf. Wir kamen hier mit einer Schweizerin ins Gespräch, die schon öfter auf Kreuzfahrt war und mit der meine Frau schon ein paar mal gemeinsam ein Rauchopfer hier dargebracht hatte. Wir fragten sie über dies und jenes aus und kamen dann auch auf unser Thema „Mitternachtsbuffet“ zu sprechen. Sie erklärte uns, dass dieses immer nur ein Mitternachtssnack ist, nur wenn explizit „Mitternachtsbuffet“ dort stünde, wäre es auch ein Buffet. Hörte sich logisch an. Wir knüpften hier an Deck noch weitere Bekanntschaft mit anderen Landsleuten und genossen den lauen Sommerabend an Deck bei ein paar Bierchen
Besonders interessant war natürlich heute die Durchfahrt durch die Dardanellen die wir Dank der Freiluftparty live miterleben durften. Man hatte von Deck aus Sichtkontakt zu beiden Seiten der Meerenge die durch Lichter teils hell erleuchtet waren.
Um halb zwölf ging ich noch mal kurz auf unsere Kabine und warf dort einen Blick in das Bordprogramm. Da stand tatsächlich „Mitternachtsbuffet“ und nicht „Mitternachtssnack“. Wörtlich stand dort: Mitternachtsbuffet: 24:00 - 01:00 "Stuzzichini" Ort: Lounges Deck 6/7“ . Also nichts wie rauf zu meiner Gattin: „Frau, heute ist es soweit, heute gibt es das berühmte Mitternachtsbuffet“. Über die Ausmaße des Buffets machte ich mir überdimensionale Vorstellung, muss ja wohl so sein, wenn die 2 Decks dafür brauchen … Somit ging es um kurz vor 24 Uhr runter auf Deck 7, wo wir wieder suchten und suchten, bis ….ihr ahnt es schon …. Kellner mit einem Tablett vorbeigingen wo kleine Häppchen drauf waren. Den Schweizern kann man also auch nichts mehr glauben außer ihre Kontonummer
