Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Kreuzfahrten mit Carnival Cruise Line, Costa Crociere, Cunard Line, Holland America Line, P&O Cruises, P&O Cruises Australia, Princess Cruises und Seabourn Cruise Line (ohne Aida Cruises)
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jorgo
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Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von jorgo »

Hallo,

nachdem bisher kaum Berichte zu konkreten Fahrten mit der Queen Anne hier im Forum zu lesen waren, hier einige Anmerkungen zu unserer Cruise.
Es war ein Überraschungspaket für mich, das meine Frau mir da zum Geburtstag präsentierte. Eine Flasche Glühwein, eine Flasche Gin, französischen Sekt, belgische Pralinen und eine Flasche Genever, symbolisch für eine Kreuzfahrt von Southampton über Le Havre, Zeebrügge, Rotterdam nach Hamburg zur Vorweihnachtszeit.
Ich dachte zunächst an die Metropolentour von MSC, es stellte sich jedoch heraus, dass meine Frau da einiges höher ins Regal gegriffen hatte und mir eben die Queen Anne präsentieren wollte. Denn nachdem sie im Frühjahr zusammen mit unserer Tochter den Atlantik mit der Queen Mary 2 überquert hatte, wollte sie in ihrer Begeisterung auch mir einmal das Cunarderlebnis gönnen.

Anreise, Check-In und Kabine
Also ging es tatsächlich im Dezember los nach Southampton. Nach einer Vorübernachtung vor Ort gelangten wir problemlos gegen Mittag mit dem Taxi zum Ocean Cruise Terminal, wo wir auch in Windeseile unsere Koffer loswurden und uns in eine zunächst kurze Warteschlange vor dem Terminal einreihten. Ein älterer Herr, der als „Einweiser“ agierte, machte uns gleich anhand von dort platzierten Schiffsmodellen klar, dass für ihn nur die Queen Mary 2 ein wirkliches Schiff sei und alle Neubauten doch nur Transportkähne. Sollte er Recht behalten?
Als inzwischen schon einige Dutzend privilegierter Passagiere an uns vorbeiflaniert waren und auch wir schließlich im Terminal ankamen, änderte sich das Bild der Warteschlangen. Da gab es für die „Privilegierten“ keinerlei Wartezeiten an den zahlreich geöffneten Check-In-Schaltern, während sich davor schon eine durchaus beeindruckend lange Schlange „minderprivilegierter“ Gäste teils schon ziemlich ermattet (einer Frau hatte man bereits einen Drehstuhl mit Rollen zur Verfügung gestellt) die Füße in den Bauch stand.
Da wagte ich es, auf die Beinverletzung meiner Frau hinzuweisen (welche sie sich natürlich direkt vor der Fahrt zugezogen hatte), und schwupp – plötzlich gehörten auch wir zu den „Privilegierten“. Um es kurz zu machen, binnen weniger Minuten waren wir im Gegensatz zu den in der Schlange Stehenden (diese hatte sich inzwischen noch keinen Zentimeter bewegt) auf dem Schiff und auch schon bald auf der Kabine. Mir war etwas mulmig zumute, da meine Frau mir angekündigt hatte, es hätte kurzfristig nur noch wenige Kabinen gegeben, und sie musste eben nehmen, was noch da war. Umso begeisterter war ich über das Ergebnis. Eine tolle Balkonkabine steuerbords mit direktem Einblick auf die Brückennock. Und einem Bad mit einer Dusche, in der man fast hätte tanzen können.

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Im Laufe der Fahrt stellte sich heraus, dass wir nicht nur mit der Kabine, sondern auch mit unserem Kabinensteward Ben ein tolles Los gezogen hatten. Unauffällig, aber flugs brachte er die Kabine immer wieder auf Vordermann, und auch kleinere Wünsche unsererseits erfüllte er stets zeitnah.

An Bord
Eins muss man Cunard lassen. Weihnachtlich geschmückt war das Schiff toll! So hätte man sich wirklich wohl fühlen können. Konnte man oft auch. Aber eben leider nicht immer.

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Beginnen wir mit den Aufenthaltsbereichen. Es gab auf dem Schiff durchaus Ecken, wo man es sich gut gehen lassen konnte oder hätte können. Wir hatten darauf unser Augenmerk gerichtet, da wir von vornherein beschlossen hatten, weitgehend auf dem Schiff zu bleiben und dieses zu genießen. Z.B. den Commodore Club mit sich anschließender, wunderschönen Bibliothek, eigentlich auch die Carinthia Lounge und auch so manch andere Flecken auf Deck 2 und 3. Alles Plätze, von denen man im Gegensatz zu den großen neuen MSC-Pötten besten Blick auf die See hatte. Bis auf zuerst genannte Orte litten sie aber unter einem großen Defizit. Sobald die Schotten für Landgänge geöffnet wurden, war es so kalt und zugig, dass im Lauf der Zeit auch die meisten sonst „knallharten“ Engländer vom T-Shirt zu Pullover oder gar Jacken wechselten. Schade! Da müsste noch nachgebessert werden.
Also raus mit den Pullovern und durchhalten. Zum Aufwärmen hatten wir schließlich ein Heißgetränkespezialitätenpakte gebucht. Aber was war das? Als wir am frühen Nachmittag einen schönen, etwas spezielleren Kaffee oder Tee genießen wollten, fanden wir auf der Karte der Carinthia Lounge (und auf denen der anderen Bars erst recht nicht) nichts dergleichen. Freundlich fragten wir nach der Karte für Heißgetränke.
Um es nicht in die Länge zu ziehen. Es war nur unter massivem Drängen und nach einem Gespräch mit dem Assistantbarmanager möglich, unseren Wunsch nach einem besonderen Heißgetränk regelmäßig erfüllt zu bekommen. Wir können es im Nachhinein nicht empfehlen, ein solches Paket zu buchen. Die Gelegenheit, es zu nutzen, und auch die Qualität des Kaffees hinken meilenweit hinter dem Niveau von MSC hinterher.

Und da war ja auch noch das Pub. Nachdem meine beiden Töchter auf den britischen Inseln heimisch waren bzw. sind, bin ich seit meinen häufigen Besuchen zu einem richtigen Pubfan geworden. Leider hat das Pub auf der Queen Anne im Gegensatz zu dem auf der Queen Mary 2 nur in begrenztem Maße den Namen verdient. Insgesamt glich der Raum eher einem Speisesaal mit Pubeinrichtung und gerade zu den Essenszeiten war es hektisch, laut und ungemütlich. Die Speisekarte war, was das kostenlose Essen anging, unserem Empfinden nach ziemlich eingeschränkt. Ein Burger, der eigentlich in jedem Pub zum Standard gehört, war zuzahlpflichtig.

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Was mich als Bierliebhaber aber am meisten störte. Die Auswahl an Fassbieren war bescheiden, bestimmt von amerikanischem, belgischem und italienischem „Gesöff“. Englische Biere gab es vom Fass nur zwei, davon war eines die meiste Zeit ausverkauft. Welch eine Schande! Das Peinlichste aber. Cunard wirbt mit seinem eigenen Bier, das speziell für die Reederei gebraut wird. Ein Stout, ein „Pilsener“ und ein Red IPA. Wird auch auf der Getränkekarte auf der ersten Seite groß angepriesen. Bis auf das helle „Pils“ war aber vom Fass nichts zu erhalten, und das entsprach leider eher einem banalen Lager denn einem speziellen Pilsener.

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Sehr hatten wir uns auch auf die Tradition des Afternoonteas gefreut. Dieser fand täglich im Queensroom statt. Um einen Platz zu ergattern, musste man allerdings an Tagen mit Landgang schon ca. 30 Minuten vorher dort sein, am Seetag weit früher. Aber es lohnte sich. Die Plätze waren mit feinstem Porzellan sauber eingedeckt, feierlich zogen zur Musik die Kellner mit dem silbernen Tafelgeschirr ein, schwärmten aus und schenkten sogleich den Tee ein. Unaufgefordert und mit großer Aufmerksamkeit wurde Tee nachgeschenkt, während andere Kellner mit Platten an kleinen Köstlichkeiten umhergingen und diese reichlichst je nach Wunsch verteilten. Zum Schluss durften natürlich die Scones mit Erdbeermarmelade und Clotted Cream nicht fehlen. Ein Highlight des Tages.

Die Musik in den einzelnen Bars und Lounges war auf professionellem Niveau. Für jeden war etwas dabei, von Tanzmusik über Rock und Jazz bis hin zu Pubklassikern. Das könnte ich gerne öfter so haben.
Einkaufsmöglichkeiten nutzten wir kaum. Für eine Rolex, ein Handtaschenangebot (nur schlappe 15000 € - sic!) und manch andere nette Dinge hatte ich leider die richtige Kreditkarte zu Hause vergessen. Sehr beliebt und schnell ausverkauft waren jedoch die “Cunrd-Teddybären”. Eine ältere Dame hatte sogar einen ergattert mit einem Cunardnamensschild mit ihrem Namen.

Essen
Glanzpunkt des Tages war das Dinner. Aus alter Gewohnheit heraus hatten wir die zweite Sitzung um 20.30 Uhr gewählt. Zugewiesen wurde uns ein Zweiertisch, jedoch so nah an weiteren Zweiertischen, dass sich eigentlich täglich ein Gespräch mit den sehr kommunikationsfreudigen Engländern (machten ca. 95% der Gäste aus) ergab. Unser Tischkellner Raj erfüllte all unsere Wünsche professionell, zum Highlight wurde das Dinner aber v.a. durch seine Assistentin Suci und den Sommelier Michel, deren offenes Wesen und Freundlichkeit die Abende überstrahlten. Die Essensauswahl war groß, die Qualität der Speisen (abgesehen von den etwas dürren Suppen) sehr gut bis phantastisch. Und man konnte so viel wählen, wie man wollte. Auch mal zwei Vorspeisen oder zwei Hauptspeisen. Und auch meine Extraportion Eis zum Abschluss war immer drin. Die Weinkarte ließ ebenfalls keine Wünsche offen. Gut trinkbare Weine konnte man ab ca. 35$ pro Flasche erwerben.
Im Gegensatz zu Zuhause frühstücken wir im Urlaub gerne reichlich. Und so besuchten wir täglich auch das Restaurant zum Frühstück. Die Eindrücke dort waren sehr abhängig vom jeweiligen Personal, deren Tischen man zugewiesen wurde. Wie schon zu befürchten, lag ein Problem beim Thema Brot. Toast, Toast und noch einmal Toast. Wollte man eine andere Form von Brot (welches auf der Karte angeboten wurde) wie etwa Rolls (Brötchen), war es vom Zufall abhängig, ob man diese denn auch jemals zu Gesicht bekam. Unüberwindlich schien es aber zu sein, an (auf der Karte angebotenes) Pumpernickel zu gelangen. Wir waren offensichtlich die ersten Gäste, die dieses verlangten. Aber tatsächlich. Am dritten Tag kam eine Chefkellnerin strahlend auf uns zu und servierte uns mikroskopische Einheiten an Pumpernickel. Auf die Frage, wo sie das denn so plötzlich aufgetrieben habe, lächelte sie nur etwas verschämt. Jedenfalls gab es für uns ab diesem Zeitpunkt Pumpernickel! Wohl nur für mich persönlich ein Problem. Auf der Karte waren als “Appetizers” unter anderem Obst bzw. Fruchtjoghurt aufgeführt, die Eierspeisen dann als “Hauptgerichte”. Dass ich nun gerne zuerst eine herzhafte Eierspeise und erst danach etwas “Süßes” wollte, traf auf völliges Unverständnis.
Das Buffet besichtigten wir zweimal kurz. Ist einfach nicht unsere Sache. Und tagsüber reichten uns Frühstück, Afternoontea und vielleicht zwischendrin ein kleiner Snack mehr als. Insgesamt schreckte uns die Kantinenatmosphäre etwa ab.

Landausflüge
Geführte Ausflüge sind nicht so unser Ding. Wir unternehmen gerne etwas auf eigene Faust, und es macht mir sogar große Freude, für jeden Hafen etwas selbständig zu planen. Obwohl wir ursprünglich kaum von Bord wollten, verführte uns dann der kostenlose Shuttleservice von Cunard, doch jeweils einen kleinen Abstecher zu machen. In Le Havre und Rotterdam fuhren die Shuttles in sehr engem Takt wirklich bis ins Zentrum, in Zeebrügge bis zum Bahnhof nach Blankenberge. Auch in Hamburg gab es ein Shuttle, von dem ich leider nicht sagen kann, wohin. Ein toller Service!
Die Taxifahrer in den jeweiligen Häfen waren, wie man sich denken kann, darüber nicht gerade begeistert.

Kurzes Resumee
Wer die Queen Mary 2 kennt, wird auf der Queen Anne ein paar Abstriche machen müssen. Das Konzept ist doch ziemlich anders, wie auch der Assistantbarmanager im Gespräch mit mir betonte. Auch alle anderen Gäste, mit denen wir uns unterhielten, waren derselben Meinung. Dennoch lohnt sich eine Fahrt mit diesem Schiff durchaus. Wenn ich jammerte, dann auf hohem Niveau. Man sollte aber bei der Buchung auf die immer wiederkehrenden Angebote achten. Eine Buchung zum Normalpreis erscheint mir zu teuer. Zumal ja noch einige Nebenkosten wie z.B. die Getränke dazukommen. Wenn man gerne einmal an der Bar sitzt, kommt da ganz schnell einiges zusammen.

Vielleicht hilft dem einen oder anderen dieser kurze Überblick weiter.

Herzlichen Gruß an alle, die hier so fleißig am Werk sind, und v.a. an Carmen, die uns im Vorfeld der Fahrt sehr behilflich war,
Jürgen
alba
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Re: Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von alba »

Herzlichen Dank für deinen informativen Bericht :thumb:
Es ist interessant zu lesen.
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Raoul Fiebig
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Re: Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Jürgen,

vielen Dank für Deine Eindrücke des neuesten Cunarders!
Deichgraf
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Re: Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von Deichgraf »

Herzlichen Dank für diesen sehr schönen Bericht. Macht durchaus Lust ...

Großer Pluspunkt für uns wären die Aufenthaltsräume mit gutem Seeblick (trotz des Temperaturproblems), die Live-Musik und das gute Essen.
Aber die Sache mit der Bierauswahl im Pub finde ich auch sehr enttäuschend. Bei einem Schiff dieser Größe und mit so vielen Bars etc. hätte ich auch zwei bis drei "echt englische" Pubs erwartet.
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shipfriend
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Re: Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von shipfriend »

Hallo jorgo,

besten Dank für die Eindrücke der Queen Anne. Cunard steht bei mir oben auf der Liste der Reedereien, die ich noch probieren möchte und das, was ich zur Queen Anne sehe, macht Lust auf mehr.
jaykayham
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Re: Eindrücke von der Queen Anne – Southampton nach Hamburg – 14.12.- 20.12.2024

Beitrag von jaykayham »

Toller Bericht! :thumb:
Wann war Eure Einschiffungszeit und wann seid ihr aufgeschlagen? Plane ebenfalls eine Kreuzfahrt ab Southhampton, Einschiffung "fruehstens" ab 14Uhr, jedoch muss ich schon 11Uhr aus dem Hotel. :( Wuerde daher schon gerne frueher zum CheckIn.
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