blueside hat geschrieben: 20.05.2020 12:24
Moin
Sorry zum Teil off Topic
Wer kennt sich beim Sicherungsschein für Pauschalreisen bei Ausstellung eines Gutscheins aus, vielleicht habe ich etwas verpasst
Eine Pauschalreise, in diesem Fall eine Busreise nach Rügen, wurde vom Veranstalter abgesagt und ein Gutschein ausgestellt.
Der Veranstalter schreibt, das durch den Bezug zur bisherigen Reisebestätigungsnummer auf dem Gutschein, die geleistete Zahlung durch den Sicherungsschein abgesichert ist.
Ich dachte das ist bisher nicht so
Vorweg: Ich bin KEIN Jurist.
Es gibt ein paar Reiseveranstalter (und deren Rechtanwälte), die die von Dir geschilderte Auffassung vertreten. Ein solcher hatte sich auch heute in einer Videokonferenz Fragen von Reisebüros gestellt und ziemlich genau diese Argumentation verwendet. Allerdings hat er auch recht unumwunden zugegeben, dass sie selbst auf Rückzahlungen vor allem von Airlines, aber auch von Hotels und anderen Leistungsträgern warten und deswegen derzeit gar nicht alle Forderungen erfüllen könnten. Er brachte sogar ein Konstrukt eines 'Teil-Gutscheins' sowie einer Teilerstattung (wenn z. B. das Hotel an sein Unternehmen zurückgezahlt hat, aber nicht die Airline) ins Gespräch.
Mir scheint jedoch, dass eine Mehrheit an Reiserechtlern diese Auffassung nicht teilt. Deren Auffassung ist, im Groben dargestellt: Wird eine Reise vom Veranstalter abgesagt, erlischt die Buchung. Der Reisende hat das Recht auf Rückzahlung des Reisepreises, wofür der Gesetzgeber eine Frist von 14 Tagen festgeschrieben hat. Erklärt sich der Reisende dann damit einverstanden, statt Bargeld (oder Überweisung, Kreditkarten-Gutschrift etc.) die Rückzahlung in der Form einer (mehr oder weniger) frei verwertbaren und nicht an eine konkrete Buchung gebundene Wertgutschrift in Form eines beim Veranstalter verbleibenden Guthabens (nichts anderes ist ein Gutschein) zu akzeptieren, wäre damit die 'Rückzahlung' des Reisepreises einvernehmlich erfolgt und folglich die Insolvenzversicherung von der Leistung befreit. Zweifellos würde dies auch die Argumentation der Versicherer sein - zumindest solange sie eine Chance sähen, unterhalb ihrer Haftungsbegrenzung von 110 Mio. € zu bleiben. Ginge es darüber, wäre es den VErsicherungen wohl auch egal, auf wieviele Fälle eine Quotierung angewendet werden muss.
Ein vom Veranstalter evtl. eingeräumtes Rückzahlungsrecht nach einem mehr oder weniger langen Fristablauf bei NIchtnutzung dürfte dann eher als Form eines Wechsels angesehen werden, der ja auch im Grunde ein Zahlungsversprechen darstellt.
Letztlich wird es wohl auf eine Entscheidung eines Gerichtes ankommen, die es bislang nach meiner Kenntnis bisher noch nicht gibt. Es gilt jedoch als sicher, dass dies aufgrund der Grundsätzlichkeit der Entscheidung durch alle Instanzen betrieben werden muss, was in der Regel mehrere Jahre dauern wird.
Im Grunde ist der Sicherungsschein nur ein Beleg für eine bestehende Insolvenzversicherung. Dieser selbst begründet, nach Meinung von Reiserechtlern, keine Ansprüche gegen eine Versicherung, belegt das Vorhandensein einer entsprechenden Versicherung aber.
Nun gibt es einige durchaus verschiedene Versionen eines Sicherungsscheines, was den darin enthaltenen Text betrifft. Die genaue Formulierung mag dann evtl. bei einem Gerichtsentscheid ebenfalls eine Rolle spielen. Meine eigenen Sicherungsscheine weisen wie viele andere ein Anfangs- und ein Enddatum auf, zwischen denen der Reiseantritt der abzusichernden Reise liegen muss. (Als Beginndatum wird dabei oft das Datum des grundsätzlichen Versicherungsbeginns - bei mir der 01.11.2015 - immer wieder fortgeschrieben; unsinnigerweise auch auf den Sicherungsscheinen für Verbundene Reiseleistungen, welche es ja erst seit dem 01.07.2018 gibt.)
Durchaus üblich sind aber auch Formulierungen, nach denen die Reise innerhalb des bezeichneten Gültigkeitzeitraumes auch beendet sein muss. Ein wieder anderer Text zielt ausschließlich auf das Buchungsdatum ab, unabhängig vom Reisedatum.
Aufgrund der fehlenden Rechtssicherheit, wie letztlich die Gerichte entscheiden werden, rate ich dazu, Gutscheine schnellstmöglich wieder gegen eine konkrete Buchung einzutauschen, mit der dann auch wieder ein neuer Sicherungsschein ausgehändigt werden muss. Dies ergibt sich daraus, weil das Guthaben (Gutscheinbetrag) als Zahlung auf den Reisepreis betrachtet wird. Nach meinem laienhaften Verständnis wäre dies ein weiteres Indiz, dass ein Gutschein letztlich ein Bargeldersatz ist, mit dem die zuvor bestehende Buchung ausbezahlt wurde.
Daraus folgt dann: Findest Du im jetzt veröffentlichten Programm des Veranstalters eine andere Reise von Interesse, dann akzeptiere den Gutschein und setze ihn umgehend für die Buchung dieser Reise ein. Das hilft dem Veranstalter (Busunternehmen sind derzeit besonders gekniffen, weil ihnen auch die Geschäftsfelder des Charters, Schulfahrten, Klassenreisen, Tagesfahrten und teils der Linienverkehr weggebrochen sind, aber die Finanzierungskosten der Busse unverändert weiterlaufen) und Du hast wieder eine gegen Insolvenz abgesicherte Buchung, auf die Du Dich freuen kannst. Gibt es da rein gar nichts, was Dein Urlaubsinteresse weckt, dann bestehe auf Rückzahlung, zumal Du ja eh keine Verwendungsmöglichkeit für den Gutschein hättest.
Gruß
Diddn