Astrid hat geschrieben:
ich werde dann berichten!
Wenn schon der versprochene Bericht von Astrid nicht zu finden ist, muss ja wohl ersatzweise etwas von mir erscheinen:
10 Tage von St. Petersburg nach Moskau auf der M/S Lavrinenkov
An-/Abreise: Leider bekommt Phoenix es nicht gebacken, uns mit den vorhandenen Direktflügen von Hamburg nach St. Petersburg und zurück von Moskau zu versorgen. So mussten wir den Umweg über Frankfurt nehmen. Schade!
Außerdem war es von der Reiseleitung ein Unding, uns 6 Stunden vor dem Abflug zum Flughafen zu bringen, wo wir dann 5 Stunden rumhängen mussten.
Eine Besonderheit war, dass beim Rückflug unser Landeanflug auf Frankfurt abgebrochen werden musste, da der Flughafen plötzlich wegen eines Gewitters und sintflutartiger Regenfälle für eine Stunde gesperrt werden musste. Während dieser Zeit lernten wir auf unseren zusätzlichen Rundflügen Mainz, Wiesbaden und die Frankfurt umgebenden Mittelgebirge kennen.
Zum Schiff: Das Schiff ist eines von 33 in Boizenburg zu DDR-Zeiten gebauten Schiffen, von denen 30 in Russland und 3 in China fahren.
Das Schiff ist in sehr gutem Zustand (anscheinend sind die Handwerker im Winterhalbjahr in Rostow am Don immer sehr fleißig am Pönen), die öffentlichen Räume sind nach einer Renovierung von einigen Jahren sehr ansprechend und das Essen (leider nur drei Mahlzeiten am Tag ohne Nachmittagskaffee) überraschend gut. Vier Gänge gab es mittags und drei am Abend, wobei man zwischen Fisch und Fleisch wählen konnte, das Fleisch war zu bevorzugen. Nur einmal musste ich ein Essen wegen Ungenießbarkeit zurück gehen lassen. Es war aber mein Fehler gewesen, da ich als einziger am Tisch Leber gewählt hatte.
Nun zum Schwachpunkt des Schiffes, den Kabinen. Auf 10 qm Größe hat man Mühe, sich zu zweit zurecht zu finden, die beiden Einzelbetten sind schmal und hart, fest mit den dünnen Wänden verbunden und dadurch in unmittelbarem Kontakt mit den beiden Nachbarkabinen. Wenn in einer Nachbarkabine sich jemand im Bett drehte, schepperten die Wände, unsere Betten knarrten und wir wurden regelmäßig geweckt.
Die Nasszelle war sehr klein und nur bei geöffneter Tür zu benutzen.
Eine Klimaanlage gibt es nicht, sondern lediglich ein Gebläse, welches gekühlte, aber offensichtlich ungefilterte Luft mit höllischem Lärm in die Kabine bläst, so dass teilweise Dreck auf den Betten abgelagert wurde.
Die Junior-Suiten haben zwar auch keine Klimaanlage, aber sie erinnern doch wenigstens mit ihrer Raumaufteilung und ihren geräumigen Bädern an einen Standard, wie wir ihn auf Hochseeschiffen kennen. Daneben gibt es noch Zwei-Raum-Suiten, aber 5600 Euro für zwei Personen dafür sind auch kein Pappenstiel für diese zehntägige Reise.
Nachdem man sich vom ersten negativen Eindruck der Kabine erholt hat, kommen einem schon Zweifel am Preis-/Leistungsverhältnis. Aber die russischen Reedereien haben leider anscheinend noch ein Oligopol auf den russischen Flüssen (wobei ich nicht weiß, ob an den Schornsteinen, an denen Viking Cruises dran steht, auch Viking als Eigner drin ist?).
Zur Route: Die Route jedoch entschädigt für manche Mängel und Unfreundlichkeiten, die man an Bord erleben kann.
Im Vorwege war uns empfohlen worden, lieber die Route in umgekehrter Abfolge von Moskau nach St. Petersburg zu fahren.
Wir dagegen empfanden genau
diese Fahrtrichtung als für uns passend. Nach drei Tagen in St. Petersburg die Unberührtheit Nordrusslands, seine dicht bestandenen Fluss- und Seeufer zu genießen, die einen Hauch der Taiga und des borealen Nadelwaldes ahnen ließen, und die größten europäischen Seen (Ladoga- und Onegasee), glücklicherweise bei ruhigem Hochsommerwetter, zu befahren, ist m.E. eine gute Wahl, bevor man sich dann ab Jaroslawl (übrigens ein überraschender Höhepunkt der Reise, 300 km vor Moskau) langsam wieder der Zivilisation nähert, was sich am Wochenende bzw. in den Sommerferien an den zahlreichen Wildcampern auf den Wiesen und in den Wäldern bemerkbar macht. Je weiter wir uns Moskau näherten desto zahlreicher wurde die Zahl der Camper und die der Neubausiedlungen und Villen der Neumillionäre entlang des Volga-Moskau-Kanals.
Zu den Destinationen: In
St. Petersburg waren wir nach 2003 und 2008 zum dritten Mal. Wie hat sich doch die Stadt zum positiven entwickelt, einfach enorm! Als wir zu 300. Geburtstag der Stadt leider nur für einen Tag dort waren, hat uns die Stadt noch nicht so gut gefallen, wir sahen viel Zerfallenes.
Diesmal jedoch genossen wir es, am ersten Abend mit der U-Bahn (die Haltestellen Lomonovskaya und Proletarskaya liegen jeweils 10 Minuten vom Kreuzfahrtterminal entfernt) zum Nevsky Prospekt zu fahren, den breiten Boulevard entlang zu schlendern und die weiße Nacht bei einem süßen Glas Kwas an der Neva zu genießen, bevor um Mitternacht die letzte U-Bahn zurück fährt. Die Stadt ist am Tanzen, Trinken und Feiern.
Am nächsten Tag ging´s für einige Stunden in die Ermitage, was zeitlich völlig ausreichend war, nachmittags waren wir alleine unterwegs zum Nevsky Kloster (alternativ hätte man den Kazharinenpalast mit dem Bernsteinzimmer besichtigen können) und abends gab es das Ballet „Schwanensee“ von Tschaikovsky. Am Montagvormittag folgte auf eine Stadtrundfahrt eine Fahrt nach Peterhof, was uns sehr gut gefallen hat.
Mandrogi ist ein kleines neu erbautes Touristendorf, einige empfanden es als russisches Disneydorf, in dem wir nach einem netten Schaschlikessen einen Rundgang machen konnten.
Kishi ist eine Insel im nördlichen Onegasee, wo man ein kleines Freilichtmuseum mit einer riesigen, alten 22 zwiebeltürmigen Holzkirche, die momentan wegen Restaurierung geschlossen ist, und einem großen Hof eröffnet hat.
Goritsy ist ein kleines Hafendorf nahe dem Weißen See, von wo man aus in das 7 km entfernte Kirillov gefahren wird, um dort eine der größten Klosteranlagen mit zahlreichen Kirchen aus dem 17. Jahrhundert zu besichtigen.
Jaroslawl war für mich eine riesige Überraschung. Die Stadt an der Wolga hat ca. 650.000 Einwohner und hat sich sehr heraus geputzt und entwickelt. Im Stadtzentrum steht eine schöne Kathedrale, ein riesiger freier Platz, um den herum Regierungs- und Verwaltungsgebäude gruppiert sind. Auch hier gab es den einen oder anderen Oligarchen mit ihren Touaregs, Porsches oder Bentleys zu sehen. Freitags scheint die ganze Stadt für Hochzeiten auf den Beinen zu sein. Wir haben sicherlich zehn Hochzeitspaare gesehen, die mit ihren Limousinen (ich habe selten so viele gestrechte Limousinen wie in St. Petersburg, Jaroslawl und Moskau gesehen) und zu Fuß bestimmt Orte in der Stadt und am Fluss, Mutter Volga, ansteuerten. Ein Moskauer Baumilliardär hat der Stadt auf dem Gebiet des alten Kremls eine brandneue Kathedrale gespendet.
Uglitsch wird angelaufen, um noch einmal durch einen nicht mehr befestigten Kreml geführt zu werden und eine Kirche zu besichtigen. Der Ort ist bekannt geworden durch die Ermordung des achtjährigen Sohnes Ivan des Schrecklichen und die dadurch aufstrebende Macht Boris Godunovs.
In
Moskau stand zuerst die Besichtigung des Kremls auf dem Programm. Am nächsten Tag gab´s eine geführte Stadtrundfahrt, die wir nachmittags durch eine individuelle Stadtbesichtigung (u.a. Tverskaya Boulevard und Alter Arbad) ergänzten (von der Endstation der U-Bahn Rechnoy Vokzal kommt man schnell zum gewaltigen Kreuzfahrtterminal von 1937). Nach dem Abendessen erlebten wir dann Moskau bei Nacht, hell beleuchtete Gebäude, z.B. das Kaufhaus GUM am Roten (= schönen) Platz, die Kirchen und Kathedralen, das Flussufer lassen die Stadt in ganz anderem Licht erscheinen.
Auf der Fahrt zum Flugplatz Domodedovo konnten wir dann am letzten Tag noch einen Blick auf das andere Moskau an seiner Peripherie werfen, Blechhüttenstädte, die der Versorgung der einfachen Bevölkerungsschichten dienen, erinnerten mich an die dritte Welt, daneben aber auch moderne Autohäuser deutscher, japanischer oder chinesischer Provenienz und Möbelhäuser einer bekannten schwedischen Marke mit dem Elch.