"Celebrity Constellation" reißt sich in La Spezia los

[Raoul Fiebig]

Hallo allerseits,

wie u.a. hier gemeldet wird, hat sich die "Celebrity Constellation" heute in La Spezia von der Pier losgerissen und offenbar die "Costa Magica" touchiert. Hier gibt es auch ein Video des Vorfalls.

[JanMartin]

Ich bin gerade von 'Costa Pacifica' zurückgekommen. Das Wetter am Samstag in Civitavecchia war mischmasch, Wolken und Sonne, aber heftiger Wind; das Schiff brauchte zum Anlegen und Ablegen Schlepper und die Manöver zogen sich in die Länge. Draußen auf dem Meer 2 bis 3 Meter hohe Wellen, selbst im Hafenbecken Schaumkronen. Es wurde dann - nach einer ziemlich sonnigen und warmen Cruise zu den Kanaren und Madeira - in der letzten Nacht Richtung Savona doch noch etwas lustig. Ich fand's gar nicht sooo schaukelig, aber die sonst so übervölkerten öffentlichen Bereiche des Schiffes waren ziemlich entvölkert. Am nächsten Morgen war es ein Akt, vor Savona zu drehen und rückwärts einzuparken, Schlepper waren nötig, alles dauerte ewig. In Savona heftigster Regen und ich mußte mit meinem Gepäck in Etappen während Regenpausen zur Stazione. Der Fluß durch Savona war vor 2 Wochen ein fast gänzlich ausgetrocknetes Rinnsal, am Sonntag ein reißendes Wildwasser. Das Wetter dieses Jahr war wirklich ganz schön aus den Fugen in Europa ...

[Unimedien]

Bei diesem Vorfall der Celebrity CONSTELLATION kommt doch gleich die Erinnerung an das Schwesterschiff Celebrity INFINITY hoch, das am 03.06.2016 in Ketchikan die Pieranlagen abgeräumt hatte.

In einem zweiten Video von Bord der Celebrity CONSTELLATION ist zu erkennen, dass es in La Spezia zwischenzeitlich auch zwischen dem Bug und der Mole einmal ziemlich eng wurde. https://www.youtube.com/watch?v=f8fp9iyvRvw

[KF_81]

Und hier ein Video vom "Treffer":

https://www.youtube.com/watch?v=8-dsI-NqeP0

[Raoul Fiebig]

Hallo KF_81,

das ist das gleiche Video wie in meinem Ursprungsbeitrag.

[KF_81]

Hallo KF_81,

das ist das gleiche Video wie in meinem Ursprungsbeitrag.

Oh sorry!

Hatte das zweite "Hier" nicht gesehen. Den ersten Link hatte ich nämlich angeklickt.

[Jodeltuer]

Ich war dabei, war ziemlich surreal. Da ist noch einiges mehr schief gelaufen und ich steck noch mittendrin. Ich melde mich, wenn ich wieder daheim bin und berichte.

Mathias

[Raoul Fiebig]

Hallo allerseits,

Admin-Kollege Patrick ist gerade auf der "Norwegian Epic". Da ist wohl an Deck viel zu Bruch gegangen und Neapel mußte entfallen. Schlimme Unwetterlage derzeit.

[JanMartin]

Wenn ich das so lese und die Nachrichten verfolge, ich hatte wohl mal wieder richtig Schwein und bin 'raus, bevor es so richtig losging ...

[Rhein]

Mittlerweile bin ich heilfroh, dass Pullmantur den Reisetermin 27.10. abgesagt hat und wir letzte Woche unterwegs waren. Heute wären wir in Portovenere gewesen … oder eben auch nicht.

[JanMartin]

Heute wären wir in Portovenere gewesen … oder eben auch nicht.

Wohl eher nicht, gemäß verschiedener Medienberichte sind alle Häfen in Liguria geschlossen, da muß wohl auch erstmal aufgeräumt werden, bevor es weiter gehen kann ...

[Rhein]

Und ob - wenn man die Bilder von Rapallo sieht und bedenkt, dass man erst vor wenigen Tagen in Portofino, also quasi "um die Ecke" gewesen ist, läuft es einem kalt den Rücken runter.

Diese Woche wäre die komplette Route wohl nicht möglich gewesen. In Menorca ein Tornado, Sturm in Ajaccio, Portovenere und Portofino, welches Glück wir da doch letzte Woche bei Temperaturen bis fast 30 Grad hatten ...

[mahab]

Hallo zusammen,

bisher war ich nur stiller Leser, aber da wir an Bord der Constellation waren, möchte ich mit diesem Bericht schildern, wie wir die Situation in La Spezia erlebt haben:

Zum Zeitpunkt der Geschehnisse um kurz nach 15:00 Uhr befanden wir uns auf unserer Kabine ganz hinten im letzten Viertel des Schiffs auf der zum Ufer abgewandten Seite. Wir konnten also nur das Hafenbecken sehen, nicht aber den Anleger. Es wunderte uns, dass das Schiff schon vor dem eigentlichen Termin “abgelegt” hatte, weil es sich bewegte. Zu diesem Zeitpunkt war uns nicht klar, dass sich das Schiff von selbst gelöst hatte. Wie immer wollten wir uns den Ablegevorgang ansehen und gingen zur Balkontür. Dort haben wir eine entfernte Durchsage vernommen: Die Passagiere sollten reinkommen. Das Boot befand sich für einige Momente in einer starken Schieflage und wir wunderten uns auch, dass wir ausgerechnet im stärksten Unwetter (mit Gewitter und Sturm) vorzeitig ablegten. Im Nachhinein etwas naiv, dass uns die Gefahr auch nicht bewusst wurde, als wir uns bedrohlich nah der Costa Magica näherten. Erst nachdem wir uns nach einer halben Stunde noch immer nicht aus dem Hafenbecken bewegt hatten und stetig 4 Schlepper das Boot vorm Abdriften bewahrten, sind wir in die Ocean Bar gegangen und es wurde uns klar, dass eine Kollision stattgefunden hatte.

Seitens der Besatzung gab es die erste Information im öffentlichen Bereich (nicht in die Zimmer) erst schätzungsweise um 17:30 Uhr, aber ohne weitere Info über den Vorfall an sich. Es wurde nur mitgeteilt, dass wir noch nicht ablegen können, da noch nicht alle Passagiere an Bord seien. Was genau passiert war, haben wir leider nur über italienische Pressemitteilungen (google sei Dank) erfahren. Der Captain und direkt im Anschluss Cruisedirector Paul haben gegen ca. 19 Uhr bekannt gegeben, dass es keine Verletzten gegeben habe und alle Gäste an Bord seien. Auch zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine weitere Information bzgl. des Ablegens bzw. unserer Ankunft im Zielhafen Civitaveccia. Die Passagiere waren fast durchweg besorgt, da viele aufgrund früher Rückflüge zeitig am nächsten Morgen von Bord mussten. Mitreisende haben uns gegen 20 Uhr erzählt, die Crew gehe noch davon aus, dass die Ankunft planmäßig in CV stattfinden würde.

Erst nach dem Abendessen gegen 22:30 Uhr dann die Durchsage in alle Bereiche, man könne zwischen 23 Uhr und 01 Uhr von Bord gehen, um mit bereitgestellten Bussen nach Rom zum Flughafen FCO gebracht zu werden. Hierfür müsse man sich am Guest Relations melden. Auf dem schnellsten Weg sind wir also auf Deck 3 gefahren, so dass wir relativ weit vorne in der Schlange “nur” ca. 30 Minuten auf die Registrierung für die Busfahrt warten mussten. Die Schlange ging gefühlt durch das halbe Deck 3. Mit Registrierung ist gemeint: Eine Mitarbeiterin notierte sich unseren Namen und die Kabinennummer (uns war nicht klar, warum hierfür das halbe Schiff in einer Schlange stehen musste). Es wirkte alles sehr unkoordiniert und aus der Not geboren, beispielsweise mischten sich unvermittelt viele der Registratoren in die Schlange und nahmen die Namen auf. Unsere Registratorin gab uns die Information, wir könnten nun einfach zwischen 23 Uhr und 01 Uhr das Schiff verlassen (es war zu diesem Zeitpunkt schon nach 23 Uhr). Uns und anderen Mitreisenden war folglich klar, dass wir direkt zum Ausgang gehen konnten. Mehrfach gab es anschließend allerdings die Durchsage, sich nicht Richtung Gangway zu begeben und auf weitere Anweisung zu warten. Wir blieben dann bei offener Tür in der Kabine, da die Durchsage nur in die Public Area übertragen wurde. Gegen 01:45 (!) dann die Mitteilung, dass nun nach Nummern der Gepäckschilder die Gäste aufgefordert würden, sich zur Gangway zu begeben. Hierbei wolle man Passagiere mit frühen Flügen priorisieren. Wir haben uns allerdings gefragt, wie diese Logik funktioniert, da WIR nie nach unserer Flugzeit gefragt wurden. Außerdem hatten wir uns für das Self Assistent Programm entschieden, so dass wir gar kein Gepäckschild besaßen. Unten in der Public Area auf Deck 3, konnte man uns diese Frage auch nicht beantworten und man bat uns, einfach zu warten. Immer mehr Mitreisende fuhren mit dem Aufzug zum Ausgang, da auch keine Nummern durchgesagt wurden und irgendwann machten wir dies genauso.

Unten angekommen tumultartige Zustände. Schreiende Gäste, die andere Gäste beschuldigten, sich vorzudrängeln. Überfordertes Personal, das ebenfalls angeschrien wurde. Keine erkennbare Organisation, Schlangen, die sich doppelt durch die Gänge zogen, teilweise durch das ganze Deck. Wir reihten uns irgendwo ein und standen ebenfalls in den Kabinengängen. Ihr müsst Euch das so vorstellen, dass die Gäste der Zimmer dieses Decks ihr Gepäck wie üblich zur Abholung rausgestellt hatten und zusätzlich die Passagiere, die zum Bus wollten, mit ihrem Gepäck in der Schlange standen. Zudem schlechte Luft (Passagiere schrien, man möge bitte für Frischluft sorgen) und man muss berücksichtigen, dass die Situation (Uhrzeit, keine Getränkeversorgung, schlechte Luft) insbesondere für Gäste Ü60 besonders strapaziös war. Wäre in diesem Moment eine Panik ausgebrochen (Feuer, erneutes Unwetter etc.) hätte es Tote gegeben. Garantiert. Die Gänge standen komplett zu und es gab keine Fluchtmöglichkeit. Wir reden hier immerhin über hunderte Menschen, wie es auch ein völlig überfordertes Crewmitglied über Funk an eine andere Stelle gab. Verschlimmert wurde die Situation durch eine Durchsage des Cruisedirectors, dass aufgrund des Wetters die Hafenbehörde vorübergehend die Ausschiffung untersagt habe. Erst am Ausgang bekamen wir eine Flasche Wasser, bevor wir um 02:30 Uhr im Bus saßen. Die Fahrt nach Rom verlief dann relativ störungsfrei. Dumm nur, dass erst nach ca. 3 Stunden eine Raststätte gefunden wurde, die nicht geschlossen war und dann natürlich der Andrang zur Toilette riesig war. Um 08 Uhr morgens sind wir dann völlig erschöpft in FCO angekommen und waren froh, dass wir nicht wie andere Passagiere einen Flug über den Atlantik vor der Brust hatten, sondern nur zu einem anderen Flughafen in Rom mussten.

Unsere Schlussfolgerung: Auch vor dem Hintergrund, dass dies nicht der erste Vorfall dieser Art auf einem X-Schiff (siehe Infinity) und das Krisenmanagement unterirdisch war, werden wir ein “Luxusschiff” der Reederei Celebrity Cruises und wahrscheinlich auch RCI nicht mehr betreten.

[trichter]

Puh, so etwas muss man echt nicht haben! Danke für den Bericht.

[Jodeltuer]

Hallo,
ich bin inzwischen wieder daheim. Wie versprochen, von mir nun auch ein Bericht zu dem Vorfall. Zu dem chaotischen Nachwirkungen komme ich heute noch nicht, aber ich will euch heute schon ein paar, wie ich finde, spannende Bilder zeigen.
Wir saßen zu dem Zeitpunkt als sich die Constellation vom Pier los riss auf Deck 10 hinten im Außenbereich und sahen auf das Heck der Costa Magica. Auf einmal verschlechterte sich innerhalb von kurzer Zeit das Wetter dramatisch. Es wurde ziemlich nebelig und windig. Das sah dann so aus:
https://www.bilder-upload.eu/upload/78d ... 010599.jpg

Auf einmal sah es für uns so aus, als ob sich die Costa Magica bewegte, was aber daran lag, dass uns der Fixpunkte an Land aufgrund des Nebels fehlte. In Wirklichkeit, wie wir ein paar Minuten später bemerkt haben, hat sich die Constellation bewegt. Man hat auch gesehen, dass es zwischen den beiden Schiffen sehr eng wurde. Zu dem Zeitpunkt wundert wir uns auch noch, dass wir jetzt auf einmal ohne Durchsage und so früh ablegten. Der Wind wurde immer stärker und wir wurden dann ein paar Minuten später recht hektisch vom Personal nach drinnen gebeten. Dort standen wahnsinnig viele Leute und irgendwann hörten wir, dass wir irgendwas berührt haben. In dem Menge gab es dann Gäste die die Anderen aufforderten sich festzuhalten, weil wir gleich die Hafenmauer rammen werden.
Das ist dann, wohl dank des zügigen Einsatzes der Schlepper noch abgewendet worden. Es war aber, wie man auch auf dem Video sehen kann, sehr knapp. Spätestens jetzt haben wir kapiert, dass hier wohl gar nichts nach Plan lief.

Alle Leute standen an den Fenstern und haben glaube ich eine Weile gar nicht kapiert, was passiert ist. Auch wir nicht. Ich habe aber dann den am Heck der Magica angerichteten Schaden gesehen und fotografieren können:
https://www.bilder-upload.eu/upload/540 ... 010404.jpg

Das schwarze Element, dass man hinter der eingedrückten Stelle erkennen kann, war von der Constellation und damit haben wir wohl berührt. Dieses ist dann wohl abgebrochen und lag auf der Magica.
Die Schlepper haben uns dann stabilisiert und versucht uns in Richtung des Piers zurück zu drücken. In die andere Richtung konnte ich dann die Gangway entdecken:
https://www.bilder-upload.eu/upload/a08 ... 011473.jpg

Dann ist lange Zeit einfach recht wenig passiert. War waren sozusagen im Schwebezustand in einigen Metern Entfernung zum Pier und warten darauf, was als nächstes passieren sollte. Zu mehr komme ich heute nicht mehr, schreibe aber bei Gelegenheit weiter. Der vorangegangene Bericht, trifft aber auch ziemlich genau meine Erfahrung, allerdings haben wir das nächtliche "Aussteigeangebot" nicht angenommen und sind noch einige Zeit vom überforderten Celebrity Personal betreut worden. Das lag daran, dass wir das Anreise/Abreisepaket gebucht hatten und daher uns keine Sorgen um ein eventuelles "verpassen" des Fluges machten. Ein Fehler, wie sich herausstellte. Dazu dann noch mehr.

Gruß
Mathias

[mahab]

Danke an Mathias für die Schilderungen und auch für die Fotos! Viele Details waren uns neu. Wir sind gespannt, wie die Sache für Euch ausgegangen ist. So ein Vorfall kann passieren, das Wetter war übel. Aber ich bin sprachlos, wie unprofessionell und planlos anschließend gehandelt wurde.

Viele Grüße
Matthias

[CC o t Seas]

Hallo,
wer war denn der Kapitän auf der X Constellation?
LG

[mahab]

Der Kapitän hieß Vittorio Cantu.

[JanMartin]

Danke auch von mir für die ausführlichen und sehr interessant zu lesenden Berichte!

Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgendeine andere Reederei die Situation besser handgehabthaben könnte. Es ist einfach jede solche Situation völlig individuell, auf die sich nichts und niemand vorbereiten und die nichts und niemand trainieren kann, und dann geht nur noch improvisieren. Das Angebot der nocturnalen Bustransfers nach Fiumicino - wenn ich das richtig verstanden habe - ist sicher auch nicht mal eben so aus dem Ärmel organisiert worden. Was immer verbessert werden kann, ist die in der Regel mangelnde Information, auch im Flugverkehr; Reisenden werden eigentlich schon standardmäßig Informationen vorenthalten - mit Begründungen wie Chaosvermeidung und dergleichen -, und das ist nicht in Ordnung!

Bei meiner letzten Cruise, von der ich gerade zurück bin, hatte ich zur Seenotrettungsübung noch und mal wieder gedacht, was dieser ganze Zirkus soll; wenn es zu einem Unfall kommt und eine Evakuierung ansteht, wird die sich völlig individuell gemäß der Situation gestalten und kaum so ablaufen wie geübt. Ich dachte an schwere See, wo überhaupt nicht evakuiert werden kann, an die 'Estonia', die in wenigen Minuten gesunken ist und natürlich an die 'Costa Concordia' auf der unzählige Leute ihre Evakuierung in die eigenen Hände genommen hatten.

Jede Extremsituation ist einzigartig und zu erwarten, daß sie gut gehandhabt wird oder werden kann, ist wohl nicht sehr realistisch ...

[mahab]

Hallo JanMartin, in einigen Punkten stimme ich zu. Natürlich ist jede Situation individuell und es muss viel organisiert werden. Vollkommen einverstanden. Aber hier ging es darum, und das ist mein persönlicher Hauptkritikpunkt, Passagiere geordnet von Bord und zu den Bussen zu bringen. Die aus dem Ruder gelaufene Vorgehensweise war lebensgefährlich und dabei bleibe ich. Die Passagiere hätten sich im Falle einer Panik in den engen und zugestellten Gängen gegenseitig totgetrampelt. Das sind Situationen, auf die man vorbereitet sein kann.