Hallo Wyngyld,
ich hatte im alten Forum einen Bericht über meine Reise mit der QE2 im Jahr 2005 geschrieben. Ich kleb ihn Dir hier rein, der Vollständigkeit halber kannst Du Dir aber auch den ganzen Thread ansehen, da wir dort noch ein bisschen weiterdiskutiert haben:
http://cruise-chat.com/eve/forums/a/tpc ... 1161075261
Viele Grüße
Susanne
Liebe Leute,
das hier wird mein erster Reisebericht, also lasst bitte Nachsicht walten, wenn ich zu sehr ausschweife. Ich beziehe mich auch nur auf den königlichen Kahn und gehe nicht auf die Anlaufhäfen ein.
Damit Ihr wisst, welche kreuzfahrtmäßige „Vorbildung“ ich habe: 10/98 Arcadia, 11/00 Superstar Virgo, 7/03 MS Arion, 10/03 Constellation, 03/05 Century.
Diese Reise „Canary Island Splendours” mit der QE2: 4.-15.10.05, Southampton–La Coruña–Madeira–Lanzarote–Teneriffa–Gran Canaria–Lissabon–Southampton.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Queen ist wahrlich eine Königin, aber vom Sockel gehauen hat mich die Reise insgesamt nicht. Natürlich war’s toll, Kreuzfahrten sind immer ein wahr gewordener Traum, aber so der letzte Kick hat dieses Mal gefehlt. Ich weiß nicht genau warum, es liegt bestimmt an einer Kombination aus mehreren Gründen:
A) Alle Häfen waren uns bekannt, die Queen war für uns das Reiseziel.
B) Wir haben erst im März eine Traumreise in der Karibik gemacht – vielleicht sollten wir unser einstiges Prinzip „alle 2 Jahre eine Kreuzfahrt“ (teils wegen des Geld- und Zeitmangels, teils weil es etwas Besonderes bleiben soll) doch stärker verfolgen?
C) Das Knacken der Kabinenwände durch das nahezu konstante Rollen des Schiffs – es bewegte sich zwar sanft, aber doch spür- und eben auch hörbar. Für eine geräuschempfindliche Schläferin wie mich eher suboptimal (meinem Freund hat's nix ausgemacht). Und natürlich die Bewegung selbst. Die See war einigermaßen ruhig, wir hatten sogar beide Male eine extrem friedliche Biscaya (Captain Bates bat uns Passagiere sogar, doch in Zukunft immer mit ihm zu fahren, weil er die Bucht noch nie so ruhig erlebt hatte), aber ich denke mal, die fast ständige Dünung hätte ich z. B. auf der Constellation so gut wie nicht gespürt.
Aber jetzt der Reihe nach:
EINSCHIFFUNG
2 Stunden hat’s gedauert, bis wir endlich an Bord waren. Zuerst eine knappe halbe Stunde gestanden, bis wir an einen freien Check-in-Schalter kamen. Dann noch mal 90 min in der Wartehalle gesessen, leider ohne kostenlose Erfrischungsgetränke. Aber nachher wurde auch der Grund für die lange Warterei deutlich: Man wird persönlich zur Kabine geleitet, denn sonst würde man wegen des leicht komplizierten Layouts des Schiffs wahrscheinlich stundenlang in den Gängen und auf den zahllosen Treppen herumirren.
KABINE 3033 (Kategorie C2)
Bug-nah, nett und nicht direkt ungeräumig, mit sehr bequemen Betten, Holz-Kleiderschrank mit Antik-Touch und auch sonst jeder Menge Stauraum. Outside bedeutete hier leider nur ein Bullauge, was aber reichte, um sich über die aktuelle Wetterlage zu informieren. Die Kabine insgesamt leicht angenagt, aber hervorragend gepflegt durch unseren Steward John. Nur das Bad war offensichtlich neu – aber leider blätterte unten am Waschbecken schon die Farbe ab und drunter guckte der Rost hervor.
DAS SCHIFF
S C H Ö N ! ! ! Die Queen ist sowohl von außen als auch von innen klassisch schön. Wie im Forum schon öfter bemerkt wurde: Ein Schiff, das noch nach Schiff aussieht. Mir gefallen immer dunkelblaue Rümpfe sehr gut, das macht einfach einen schlanken Fuß und sieht flotter aus (u. a. deshalb mag ich auch Celebrity, auch wenn sich die Formen hier nicht unbedingt vergleichen lassen). Und natürlich der pfeilige Bug! Und die Holz-Decks!
Sicherlich ist sie teilweise etwas abgewetzt, aber das gehört eben dazu und stört auch nicht weiters, sie wird ja kontinuierlich gepflegt. Im Gegenteil, dafür hat man schließlich Klassik bzw. Klasse und Geschichte aus erster Hand.
Drinnen hat mir die zurückhaltende britische Eleganz gefallen, das angenehm unaufgeregte Design ohne extreme Teppichmuster und anderen Firlefanz. Besonders schön fand ich (wie viele andere auch) den Chart Room mit der Kombi aus Türkis und warmen Holztönen und der wohl gewählten Beleuchtung. Auch die Passagen entlang den Public Rooms mochte ich sehr und die vielen Sitzgelegenheiten zum Meer-Gucken ohne (gefühlten) Konsumzwang.
SERVICE
Impeccable! Die Kabine war stets einwandfrei und aufgeräumt, auf dem Badezimmerfußboden kein einziges Haar zu finden (wie z. B. auf der Century), alles glänzte streifenfrei.
Unsere Kellner im Caronia-Restaurant Shashi und Olga waren am ersten Abend noch etwas steif und roboterartig, aber das gab sich dann gleich. Wir hatten jeden Abend viel Spaß (6er-Tisch mit 2 Engländern und 2 Schotten) und wurden megamäßig verwöhnt. Shashi und Olga hatten auch in 5 m Entfernung ihre Augen und Ohren überall und spürten sofort, wenn meine Tischnachbarin ihre Krabben nicht mochte oder Appetit auf eine Extraportion Kaviar hatte.
Und auch das übrige Personal im Lido und in den Bars usw. war von Mini-Ausnahmen abgesehen stets aufmerksam und hilfsbereit.
ESSEN
Sehr gut, hervorragende Qualität – aber für meinen Geschmack etwas eintönig und fantasielos. Der Geflügelgang bestand z. B. jeden Abend aus Hühnchen, nur einmal gab’s Truthahn, und als Sättigungsbeilage waren fast ausschließlich Kartoffeln in allen möglichen Varianten vorgesehen. Das liegt bestimmt auch an der Klientel, denn jenseits einer gewissen Altersgrenze ist man generell doch eher weniger experimentierfreudig, was das Essen angeht. Habe allerdings auch eine traumhafte Guacamole und ein göttliches Kiwi-Parfait genossen (hatte beides ungefähr die gleiche Farbe).
MITPASSAGIERE
Auf unserer Reise waren doch tatsächlich 20-25 % der Leute unter 50, davon auch einige Kinder und Jugendliche. Und für mich überraschend: über 80 Deutsche! Das hatte ich nicht erwartet, ist aber anscheinend keine Ausnahme, sonst gäbe es in dem tollen Buchladen an Bord nicht eigens ein „deutsches Regal“.
UNTERHALTUNG
Die abendlichen Shows waren klasse und sehr abwechslungsreich (bis auf die Eigenproduktionen mit den QE2 Singers and Dancers, da kann man auf der Mini-Bühne halt nicht so viele sensationelle Variationen erwarten) und auch sonst fand sich immer irgendwo eine musikalische Darbietung, die uns gefiel.
Mich als Film-Fan freute besonders, dass es neben den Filmvorführungen im Theater auch noch jede Menge relativ neuer Filme im Kabinen-TV zu sehen gab. Und das fortlaufend den ganzen Tag über (man kriegt eine Art Programmzeitschrift), nicht nur zu gewissen seltsamen und schwer ermittelbaren Sendezeiten wie bei Celebrity.
Die Vorträge waren für meinen Geschmack eher auf das ältere Publikum abgestimmt, wir haben nur einen Port Talk und einen weiteren Vortrag gehört, die beide etwas einschläfernd wirkten.
Bei den An-Bord-Aktionen ein Muss: der Heritage Trail. Einfach genial!
AUSFLÜGE
Haben wir nur einen auf Madeira mitgemacht, war sehr gut.
AUSSCHIFFUNG
Nach einer guten halben Stunde in der Lounge wurde unser Deck 3 aufgerufen, wir gingen raus, fanden sofort unsere roten Koffer und bekamen sofort ein Taxi. Optimal.
DAS GEWISSE ETWAS
Single Seating, einfach spitze: Man kommt zum Dinner, wann man mag, und man hat immer denselben Tisch zu allen Mahlzeiten.
Das Puzzle für alle, an dem man im Vorbeigehen mal kurz weiterbauen konnte – eine richtig nette Idee!
Umfangreiche Bibliothek und toll sortierter Buchladen.
Kostenloser Waschsalon für die Passagiere.
ALLES IN ALLEM
wurden wir von unserem Reiseziel QE2 absolut nicht enttäuscht, auch wenn sich das eingangs vielleicht nicht so euphorisch anhört, das bezog sich eben auf das Gesamtpaket Kreuzfahrterlebnis. Ich bin froh, mit der Queen gefahren zu sein und dass ich ein wenig Mythos schnuppern konnte.
@ Peter W.
Bezüglich Deiner „Canadian Crossing“-Erfahrungen:
Wir haben keine nörgelnden Kappenrentner erlebt, nur meine erhofften wohlgesinnten und humorvollen Briten, die natürlich auch hier das Gros der Passagiere stellten. Auch die Altersverteilung war nicht gar so einseitig, was aber sicher an der Länge der Reise lag (11 Nächte im Verhältnis zu Deinen 20).
Mit der „Selbstbedienung“ im Lido hatte ich anfänglich auch meine Probleme nach dem Motto „Bin alleine groß, kann selber!“. Aber dann habe ich mir überlegt, dass das mit der Bedienung gar nicht so dumm ist und die Reederei damit wahrscheinlich jede Menge Geld spart. Denn bei unserer letzten KF mit Celebrity in der Karibik ist es im Buffetrestaurant so gewesen, dass die stehengelassenen Teller auf den Nebentischen in der Regel niemals leer waren, eher mindestens halbvoll. Eine deutsche Kellnerin erklärte uns, dass die US-Amerikaner gerne mehrere Teller vollhäufen, damit sie nicht wieder aufstehen und sich womöglich ein zweites Mal zum Buffet bewegen müssen... Bei Celebrity wird jede Menge Essen weggeschmissen.
Da kann ich mir doch vorstellen, dass diese Vielfraße sich auf der QE2 eher nicht trauen würden, um z. B. 5 Kaffeestückchen zum Frühstück zu bitten – oder? Hat also alles seine Vor- und Nachteile.
Klamottenmäßig haben wir uns nicht „geschämt“, man hätte sich als Frau auch z. B. in eleganter/em Hose/Rock und Glitzertop und sogar im schwarzen Knitter-Leinenanzug sehen lassen können. Lag aber vielleicht auch wieder an der Reisedauer und an der jüngeren Klientel. Klar wäre die „informelle“ QE2-Garderobe locker als „formell“ bei Celebrity durchgegangen, überbordend schick fand ich’s aber im Durchschnitt nicht. Wenn uns Smokinglose jemand schief angeguckt haben sollte, haben wir’s auf jeden Fall nicht bemerkt.
Und dass sich manche auch im Lido eleganter kleiden, kann ich auch verstehen. Wir sind z. B. an einem Formal Evening dort essen gewesen (es gab ein tolles indisches Buffet), und da wir anschließend noch die Show sehen und uns nicht mehrmals umziehen wollten, sind wir eben halbschick hingegangen. Es saßen dort neben anderen dunklen Anzügen auch kurzärmelige Hawaiihemden, beide in friedlicher Koexistenz. Ich habe sogar öfter an den formellen Abenden in den Bars extrem legere Outfits gesehen, von Jackett und Krawatte keine Spur.
Übelgelaunte und patzige Servicekräfte – Fehlanzeige. Vergleiche mit früheren Zeiten kann ich hier leider nicht ziehen. Wir haben nicht getendert, daher kann ich auch dazu nichts sagen.
Mist, jetzt ist das Ganze doch etwas ausgeufert… Aber was soll’s, es besteht ja kein Lesezwang.
Viele Grüße
Susanne