Guten Abend,
vielen Dank, Marco, für die aufmunternden Worte.
Das Budget des Chefkochs ist natürlich ein entscheidendes Thema. Eine Zahl aus dem Jahr 92 oder 93 von einem Princess-Chefkoch habe ich noch im Kopf: Ihm standen damals 15 US $ zur Verfügung. Frei war er damit aber auch nicht, natürlich hatte er strenge Vorgaben, wie die wöchentliche Speisekarte auszusehen hatte, und Princess-Standards mussten eingehalten werden.
Ich mach dann mal weiter:
b. Spezialitätenrestaurants: Wenn wir gegen Aufpreis mal richtig schlemmen möchten, sind die Spezialitätenrestaurants für uns eine interessante Alternative. Auf der Ruby Princess machten wir hervorragende Erfahrungen mit dem Ristorante „Sabatini“ (hochwertige original italienische Küche von italienischen Köchen, null amerikanisiert) und speisten auch im Steakhouse „Crown Grill“ sehr gut. Die Zuzahlung betrug für das Dinner in beiden Fällen 25 US $ und war die Ausgabe wert. Unsere bisher beste Erfahrung machten wir allerdings auf einem Celebrity-Schiff, im „Normandie“-Restaurant auf der Summit. Ambiente, Speisen und Service waren geradezu exquisit. Allerdings war dies bereits 2009 (für stolze aber angemessene 35 US $) und seither ist einiges passiert. Die Spezialitätenrestaurants auf der Solstice-Class von X gehen etwas andere Wege. So ist beispielweise das „Tuscan Grille“ der Versuch einer Fusion des Steakhouse mit dem Ristorante – wissend, dass in der Toskana im allgemeinen Steak als Hauptgericht auf den Tisch kommt.
Über die Aufpreis von 40 – 45 US $ für das Dinner in den diversen Restaurants war ich schon im Vorfeld nicht erbaut, aber da bekam ich einen Tip: Lunch im Tuscan Grille am 3. Seetag für 25 $, schön ausschlafen, gut bei perfektem Meeresblick zu Mittag speisen – gebongt! Der schöne Tisch mit Blick aufs Kielwasser, die perfekte Bedienung durch Jerry, … das war es leider schon, was ich für mich positiv erwähnen kann. Schon der Start: Zwei knitterige kleine Frühstücksbutterpäckchen und je eine Flasche Balsamico und Olivenöl zum Standardbrotkörbchen, kein Gruß aus der Küche, ein lustloser Maître, eine stark eingeschränkte Karte – da stelle ich mir was anderes vor. Erster Gang – Carpaccio mit Oktopus – äußerst sparsam, der mikroskopisch kleine Tintenfisch im Fleisch eher ein Designgag. Zum zweiten Gang sollte es einen Kirschtomaten-Mozzarella-Salat mit San-Daniele-Schinken geben, ich erwartete eigentlich schon Büffelmozzarella (Burrata wie auf der Ruby muss es ja nicht gleich sein). Leider waren es geschmacksarme gewürfelte Tomätchen mit „Zottarella“-Kügelchen, darüber zwei Scheiben Schinken gelegt. Leute, das ist peinlich! Dritter Gang, Linguine mit Meeresfrüchten in Weißweinsahnesoße: Je zwei große Shrimps und Jakobsmuscheln schön gebraten und gut gewürzt, auf die Pastapampe gelegt, welche erneut völlig salzfrei und viel zu weich war. Der Hunger (Frühstück ausgelassen, Magen kreuzfahrttypisch geweitet) trieb es rein. Hauptgang Filet Mignon, medium bestellt, mit Polenta: Das Fleisch zwar immer noch zart, aber sowas von „welldone“, die Polenta leider sehr cremig, wie ein Griespudding, und erneut geschmacksarm. Das Tiramisu zum Dessert sehr schön angerichtet, aber nahezu reine Sahne. Der Fairness halber: Meine Frau hat es besser erwischt, ihr Steak Tartare (mit feinen Kapern) als Vorspeise sehr lecker, ihr Risotto etwas besser gewürzt als meine echt schlimme Pasta, und der Thunfisch als Hauptgang okay – aber auch nicht besser als bei einem („Gratis“-) Lunch im Grand Cuvée. Insgesamt haben wir im Hauptrestaurant abends fast immer besser gegessen als bei diesem Lunch für 25 $, von daher sind wir nur noch zum kleinen „Elite“-Frühstück in den Tuscan Grille zurückgekehrt (der sich abends immer schlecht besetzt zeigte). Eine ältere Italo-Amerikanerin, die die Silhouette immer zum Pendeln zwischen ihren Wohnsitzen St. Louis (im Winter) und Rom (im Sommer) benutzt beim Frühstück zu mir: „I love this beautiful, spacious Ship, but there is absolutely no italian Food here on board“. Das trifft es genau.
Es gab noch (zunächst trotz Widerstands meiner Frau) einen zweiten Versuch, diesmal im „Lawn Club Grille“. Auch kein klassisches Steakhouse, eher eine amerikanische Grillparty im Freien. Normalerweise beträgt hier die Zuzahlung 40 $, aber auch hier gab es ein Lunch für 25 $ - bei uneingeschränkter Speisekarte. Ein originelles, sehr gelungenes Restaurant, besonders mittags bei bestem Wetter und angenehmen Temperaturen. Das Essen schmeckte sehr gut – Voraussetzung aber auch hier, dass man dem „American Way of Food“ positiv gegenüber steht. Nach einem ersten Gang zum Salatbüffet wird ein frisches „Flatbread“ als warme Vorspeise serviert. Dabei handelt es sich um eine typisch amerikanische, nach Wunsch belegte Pizza (mehr Käse und weniger Tomate als bei den Italienern) aber mit einem (italienisch) dünnen Teig. Sehr fettig – aber äußerst lecker. Als Hauptgang vom Grill hatten wir Filet Mignon (diesmal perfekt), Rib Eye Steak, Hühnerspieß indische Art, sowie einen Seafood-Spieß (Shrimps und Jakobsmuscheln). Dazu Grillsaucen und Beilagen wie Lobster Mac n’Cheese und Dirty Rice. Alles sehr gut, aber nicht gerade leicht. Die Desserts – warmer Riesen-Chocolate-Chip-Cookie in der Auflaufform sowie Blueberry-Cobbler hauten dann selbst den robustesten Magen um und wir waren froh, dass direkt gegenüber vom Lawn Club Grill ausreichend Hängematten für das dringend erforderliche Verdauungsnickerchen installiert sind. 25 $ war dieser Spaß wert, über 40 $ kann man streiten. Jedenfalls ist es immer ausgebucht.
Hat X nun einen Punkt auf Princess gut gemacht? Kann man so nicht sagen, ein Steakhouse wie der Crown Grill ist der Lawn Club nicht, die Steaks schmecken nach richtigem Barbeque, einfach ein anderes, frisches Konzept.
Sehen wir uns kurz das „Bistro on Five“ an, dass nur einen nominelle Zuzahlung von 5 $ erhebt und auf der Ruby kein Gegenstück hat – ein schickes Tagesbistro, dessen Spezialität die frischgebackenen Crêpes sind. Man kann aber auch ein kleines Menü bestellen. Wir hatten eine Hühnerconsommé (endlich eine klare Suppe, lecker) und Gulaschsuppe (oje…Erasco), danach einen Crêpe mit Steakfleisch (etwas fett, aber gut) und einen Nizzasalat, der mit dem Original so gar nichts zu tun hatte: Viel Rucola, 3 Bohnen, ein halbes Ei, 4 dünne Scheiben Thunfischcarpaccio und eine Soße, die eher über Vitello Tonnato gehört. Kein Blattsalat, keine Oliven, keine Kartoffeln – Thema völlig verfehlt. Die folgende Beschwerde wurde mit einem Crêpe zum Dessert beantwortet, der leider völlig im Grand-Marnier-Orangensirup ersoff. Gut gemeint, aber weniger wäre mehr gewesen.
Das (schlecht gebuchte) „Qsine“ besuchten wir nicht, Designerfood für 40 $ zusätzlich ist nicht mein Fall (wer mich nun altmodisch nennen will, bitte gerne), das asiatische „Silk Harvest“ der Equinox wäre mir lieber gewesen. Ebenso wenig „The Porch“ (5 $), eine schicke Open-Air Location für ein spätes Frühstück oder ein Panini zum Mittagessen.
Wie steht es mit dem „Murano“, dem trotz italienischen Namen französischen Spezialitätenrestaurant der Silhouette, dem Pendant zum „Normandie“ der Summit? Naja, Aufpreis 45 $, dafür bekannte Standardgerichte der klassischen Französischen Küche wie Seezunge mit Beurre Blanc, Lammcarrée oder Châteaubriand? Das musste nicht sein, die frische Kreativität des damaligen Menüs im „Normandie“ ging dem „Murano“ ab, ebenso wie dessen einmaliges Ambiente. Und wenn wir wieder knallhart rechnen: Hummer gab es bei X nur im Murano für 45 $, aber nur einen „Warm Water Lobster Tail“, sprich Languste. Den hatte ich bei Princess im Crown Grill für 25 $ Grundpreis als Beilage zum Surf & Turf. Dort ist für weitere 15 $ ein ganzer frischer Maine Lobster mit Scheren und allem Drum und Dran erhältlich. Somit ist dann auch das Duell der Spezialitätenrestaurants endgültig und eindeutig zugunsten Princess entschieden.
Es gibt hier aber auch noch einen heimlichen zweiten Gewinner, und das ist die Celebrity-Mutter Royal Caribbean. Deren Spezialitätenrestaurants „Chops Grille“ (Steakhouse, damals 35 $) und „Izumi“ (Asiatisch, Preise à la Carte) wussten genauso zu überzeugen wie bei Princess. Und das auf der „Splendour of the Seas“ zu einem äußerst günstigen Reisegrundpreis. Deshalb mein Tipp für Schlemmer, die für möglichst wenig Geld kreuzfahren aber dabei möglichst gut speisen wollen: Warum nicht ein Schnäppchen auf einem älteren RCI-Schiff buchen und dann mit dem gegenüber Celebrity Ersparten regelmäßig die Spezialitätenrestaurants besuchen? Das ist aus meiner Sicht eine sehr empfehlenswerte Alternative.
Fortsetzung folgt.
Viele Grüße
Andreas