mezqal hat geschrieben: 29.03.2020 22:39
Über die Lüftung der Kabine werden keine Bakterien oder Viren von außerhalb eingeschleppt, es sei denn ein Infizierter kotzt in die Aussenluftansaugung.
Danke für Deine offenbar fachlich versierte und ausführliche Beschreibung, die ich nur auszugsweise zitiere. Dieser eine Satz trifft den Kern sehr gut und sollte hier weitere Diskussionen mittels anderer, nach meiner Einschätzung im Wesentlichen aus Magazinen und Boulevardpresse zusammengelesenen, laienhaft selbstgebildeten Meinungen zum Ende bringen oder meinetwegen in Foren zur Thematik der Klimatechnik weitergeführt werden.
Viren sind auf Kreuzfahrtschiffen und in sämtlichen anderen Lebensbereichen wahrlich an sich nichts Neues. Der wohl bekannteste und auch recht häufig mit Kreuzfahrten in Verbindung gebrachte Virus ist wohl der Norovirus. Dessen Verbreitung geschieht wie bei allen Viren häufig dort, wo viele Menschen zusammenkommen. Mangelnde Hygiene bereits Infizierter fördert dann die Übertragung. Auch wenn hier immer mal wieder Kreuzfahrtschiffe im Zusammenhang genannt werden, ist die Verbreitung auf Kreuzfahrtschiffen keinesfalls häufig, wird aufgrund der hierfür geltenden Anzeigepflicht jedoch überproportional wahrgenommen. Viel eher ist die Wahrscheinlichkeit, sich in Kindergärten, Schulen, Altenheimen, Kantinen, Hotels, Restaurants, Flugzeugen, ÖPNV etc. zu infizieren. Nur: Den Ort der Infektion im Nachhinein festzustellen, ist meist schwierig bis unmöglich. Auf Kreuzfahrtschiffen ist dies deutlich einfacher, denn die Gruppe an Menschen an Bord bleibt i. d. R. über eine bis mehrere Wochen unverändert. Das erleichtert die Zuordnung zur 'Quelle' einer Infektion.
Dabei von einem "Ausbruch" zu sprechen ist in der Regel grundfalsch. Ein Virus bricht nicht plötzlich aus dem Nichts aus. Er wird hineingetragen durch eine oder mehrere infizierte Personen. Das ist auf Schiffen so, wie überall auf der Welt.
Was sich nach Beendigung der Corona-Infektionswelle für die Kreuzfahrt-Industrie sicherlich ändert, sind in irgendeiner mehr oder weniger geeigneten Form Zugangskontrollen, die eine Einbringung von Viren durch bereits infizierte Personen verhindern oder zumindest begrenzen könnten. Dies umzusetzen, wird wohl die größte Herausforderung der Reedereien sein. Von einer wie auch immer gearteten 'Einlasskontrolle' und der Kommunikation dazu wird abhängen, wie schnell und in welchem Umfang das Vertrauen der Urlauber zurückkehrt - und das wird wohl in jeder Hinsicht herausfordernder, je größer das betreffende Schiff ist.
Hier werden kleinere Schiffe mit weniger Passagieren im Vorteil sein. Zudem können diese flexibler reagieren: Häfen öffnen sicher nicht alle am gleichen Tag wieder. Dies wird Stück für Stück geschehen. Kleinere Schiffe haben da allein aus technischen Gründen deutlich mehr Auswahl als Schiffe mit 5.000 oder noch mehr Passagieren. Die Faustformel dürfte sein: Je kleiner das Schiff, je weniger Passagiere, um so eher ist eine Wiederaufnahme denkbar. Dass das dann nicht zum Tagespreis von 70 € zu haben sein wird, liegt auf der Hand. Aber auch kleinere Schiffe sind nicht grundsätzlich unbezahlbar, zumal mit dem höheren Reisepreis auch in aller Regel ein Mehr an Service und Qualität verbunden ist. Reguläre Angebote für kleinere Schiffe beginnen gelgentlich bei 150 €, oft bei 200 - 300 € Tagespreis. (Aktionspreise für eventuelle Restkabinen mögen gelegentlich darunter liegen.) Dabei handelt es sich meist bereits um eine Außenkabine. Auf einen privaten Balkon kann dabei auch gerne verzichtet werden: Erstens ist der Weg nach Draußen kurz, und zweitens ist dort in aller Regel genügend Platz für alle, weil kleinere Schiffe eben nicht 'raumoptimiert' geplant werden, um möglichst noch mehr Kabinen draufzubauen.
Richten wir uns darauf ein, dass Kreuzfahrten zuküntig für eine mehr oder weniger längere Zeit ein Stück teurer werden, dafür aber auch intensiveres Reisen, individuellere Erlebnisse und mehr Komfort bieten. Im Grundsatz hätte ich da nichts gegen.
Gruß
Diddn