Zurück von der "Albatros"

Hochseekreuzfahrten mit Phoenix Reisen
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FloHH
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Zurück von der "Albatros"

Beitrag von FloHH »

Vom 24.05. bis 05.06. war ich mit der „Albatros“ unterwegs und bin damit das erste Mal auf einer längeren Tour unserer Stammreederei NCL untreu geworden.
Anbei ein kleiner Erfahrungsbericht, der vielleicht für andere „Umsteiger“ oder potentielle „Albatros“-Interessierte von Interesse ist.
Da „so etwas“ in der Regel überhaupt nichts bringt, soll das Ganze ausdrücklich kein „bei xyz ist alles besser“-Geschreibsel werden, sondern rein meine subjektiven Eindrücke widerspiegeln.
Ferner beschränke ich mich auf das „Rahmenangebot“. Route und Reise an sich haben uns gut gefallen, aber man würde wohl Eulen nach Athen tragen, wenn an dieser Stelle noch einmal ein Loblied auf Kapitän Hansen ( der ja nun auch nicht immer an Bord ist ) oder die Schönheit des Geirangerfjordes angestimmt wird.

Schiff und Kabine

Über die „Albatros“ an sich gibt es im Internet genug zu lesen. Um es kurz zu machen: das Schiff an sich hat mir sehr gut gefallen. Verwunderlich ist das nicht, fühlten meine Frau und ich uns auf den älteren NCL-Einheiten „Crown“ und „Sea“ „maritimer“ als auf den neuen Ressorts, die nicht mehr ganz so viel von einem klassischem Schiff haben.
Die „Albatros“ ist wirklich sehr geräumig und bietet viel Freifläche und Salons, so dass sich die Passagiere auch an Seetagen gut verteilen.

Untergekommen sind wir in einer Aussenkabine auf Deck 4 ( mit Badewanne ). Anhand der Kabinen merkt man dem Schiff sein Alter wohl am ehesten an: im ( extrem geräumigen ) Schrank kommen einem leicht die Schubladen entgegen und die Armaturen im Bad vermitteln einen leicht musealen Charakter. Die Betten waren über Eck gestellt – nicht gut für Paare jüngerer Jahrgänge, aber man kann sich arrangieren. Vorteil dieser Anrichtung ist das dadurch sehr großzügige Raumangebot in der Kabine.
Apropos „Raum“ : Staufläche in den Schränken ist auch für eine 12 tägige Reise mehr als genug vorhanden. Etwas knapp bemessen ist hingegen die Ablagefläche im Badezimmer.

Restaurant / Essen

Entgegen unserer schlimmsten Befürchtungen im Voraus erwies sich die Zuteilung eines festen Tisches für alle Mahlzeiten im Restaurant als nicht schlimm, hängt aber wohl primär auch von den Tischpartnern ab. Ausgesprochen angenehm war die jeweils eingeräumte Karrenzzeit, innerhalb derer man bei den Mahlzeiten auftauchen konnte.
Minuspunkt aus meiner Sicht: um den Gästen das Einnehmen der Mahlzeiten in einer Tischzeit einräumen zu können, wirken die Tische in den Restaurants extrem eng gestellt. Gerade Abends wird es dadurch mitunter laut und ungemütlich.
Das Frühstück lässt aus meiner Sicht keine Wünsche offen. Mittag- und Abendessen haben einen deutlichen Einschlag von „deutscher Hausmannskost“, was sich insbesondere durch den reichlichen Gebrauch „dicker Soßen“ jedweder Kolheur manifestiert. Geschmacklich ist das Essen aber absolut topp – die eine oder andere Raffinesse wäre aber noch das Sahnehäubchen ...

Am Lido-Buffet werden bis auf Abends die gleichen Gerichte aus den Restaurants, nur halt in Buffet-Form serviert.

Der Service im Restaurant hatte in den ersten Tagen deutlichen Einspielungsbedarf, funktionierte zum Schluss aber perfekt. Problematisch könnte es sein, dass das Servicepersonal nur sehr eingeschränkt deutsch spricht. Für uns war dies kein Manko, sind wir doch im Englischen recht sattelfest. Wer sich aber auf den deutschsprachigen Charakter des Schiffes verlassen hatte, erlag hier einem regelmäßigen Streßfaktor, wenn es um das Mitteilen von Sonderwünschen ging. Bei uns am Tisch habe ich das dolmetschen übernommen, was von dem Kellner am ersten Abend mit einem „Sie sind meine Rettung“ kommentiert wurde.
Hinsichtlich des Tischweins: einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Man konnte ihn trinken ( Rot war etwas besser als Weiß ), er würde zu Hause aber wohl nicht seinen Weg in mein Glas finden. Was konkret da eigentlich ausgeschenkt wurde, habe ich bis zum Ende der Reise nicht herausfinden können. O-Ton des Kellners auf meine entsprechende Frage am ersten Abend:“Was weiß ich ?! Wir haben Rotwein und wir haben Weißwein – keine Ahnung, was die uns in die Flaschen füllen“
Dadurch, dass lediglich zwei Getränkestewards völlig überlastet durch die Restaurants huschen, begibt man sich der Chance, Wein von der Karte zu verkaufen. Meine Frau und ich wären jedenfalls gerne bereit, die Weinkarte zu frequentieren, hatten hierzu aber schlicht und ergreifend keine Chance...

Die Getränkepreise in den Bars sind mehr als günstig ( für meine hamburgisch geprägten Erfahrungen ) : trotzdem wurde von einigen Mitreisenden darüber gemeckert, dass die Reederei mit den € 3,- für ein 0,5 – Liter Bier ja wohl ordentlich hinlangen würde.... Die Herren sind ob der offensichtlich günstigeren lokalen Preise sicher zu beneiden – sollten dann aber besser die heimischen Gefilde nicht verlassen ( oder sich vorher über anderweitige Preisgestaltungen informieren ).


Shopping...

... kommt in den meisten Erfahrungsberichten immer etwas kurz. Kein Wunder – ist ein Kreuzfahrer ja auch nicht als Shoppingmeile konzipiert.
Für mich ist indes der Bordshop ein wichtiger Bestandteil des „Rundumpaketes“. Zum einen betrachte ich diesen als Bestandteil meines persönlichen Entertainments ( das Herumstöbern überbrückt gut kurze Karrenzzeiten zwischen einzelnen Programmpunkten ), zum anderen dient dieser für mich der Nahversorgung mit „Artikeln des täglichen Bedarfs“, die auf einer längeren Kreuzfahrt gerne mal aufbrauchen oder ganz vergessen werden ( Zahnpasta, Zahnbürste, Rasierklingen etc. )

Der Bordshop der „Albatros“ schneidet mit gemischten Gefühlen ab. Die Größe ist gemessen an der Gesamtgröße des Schiffes absolut okay. Überraschend ist das Warensortiment. Es ist mir ein Rätsel, wie auf einem Schiff, dass ansonsten ( Verpflegung, Barpreise etc. ) eher „bodenständig“ orientiert ist, ein derart ambitioniertes Warenangebot vorgehalten wird. Pullover z.B. starten ( sieht man mal von den „Albatros“-Promotionsartikeln ab ) bei rund € 130,- . Angesichts der angebotenen Marken ist dieses Preisgefüge absolut angemessen, passt aber überhaupt nicht zu diesem Schiff.
Absolut negativ ist hingegen, dass keinerlei „normale“ Drogerieartikel angeboten werden, was bei anderen Reedereien guter Standard ist. So hatte ich meine Creme zur Bekämpfung trockener Gesichtshaut vergessen. Da sich jeder cremlose Tag rächt, musste ich am ersten Seetag auf ein Cremeprodukt für € 25,- zurückgreifen. Dieses ist zwar sehr gut – wäre aber unter normalen Umständen nicht von mir gekauft worden.

Generell sollte das Warensortiment des Shops noch einmal gründlich überdacht und etwas abgestimmt werden.


Unterhaltung

Vorweg: das Unterhaltungsangebot der „Albatros“ ist klar auf die Generation „60+“ zugeschnitten. Dies ist verständlich , rekrutieren sich nach meinem Eindruck auf dieser Fahrt auch 80 % der Gäste aus diesem Klientel.
Jüngere Gäste müssen sich damit arrangieren können ( wir haben damit noch nie ein Problem gehabt ); kann man das nicht, ist das Schiff die falsche Wahl.
Gleiches gilt für Familien mit Kindern: mangels abgestimmter Angebote ( anders gesagt: für Kinder attraktives Entertainment ist gar nicht vorhanden ) ist die „Albatros“ absolut das falsche Schiff ...

Ansonsten ist man bemüht, gerade an Seetagen ein stimmungsvolles und auf das Reiseziel abgestimmtes Rahmenprogramm anzubieten. Die Lektoren ( inklusive dem Bordgeistlichen ) sind von großartiger Qualität ( wobei wir dies bei dem Leiter des Seminars für „qualitätsgesichertes Altern“ nur vom Hören sagen sagen können ).

Abends gibt es wechselnde Shows mit einer Bandbreite je nach darbietendem Künstler ( was natürlich immer eine Geschmacksfrage ist ) : von grandios Toll ( z.B. der Bauchredner oder der Musikkünstler Heitmann, der sieben Instrumente spielt ), über „Naja“ ( wie die Chansonisten ) bis hin zu „grauenhaft“ ( die „Phoenix Dancers“ ).

Gleiches gilt für die Musikdarbietungen in den einzelnen Bars Lounges.

Gut gefallen hat mir das Fitness-Center. Größe und Gerätepark sind gut auf die Schiffsgröße abgestimmt und man musste eigentlich nie auf ein Gerät warten. Der einzige "nervige" Punkt: im gleichen Raum ist auch eine Tischtennisplatte aufgebaut. Je nach Enthusiasmus der Tischtennisspieler kann es einem passieren, dass man während des Trainings von Tischtennisbällen umflogen wird.


Fazit:

Bei passender Route würden wir jederzeit wieder eine Reise mit der „Albatros“ machen. Unser „Lieblingsschiff“ wird sie aber nicht werden – dazu ist uns das Rahmenkonzept zu sehr auf eine ( noch ) andere Generation zugeschnitten.
Subjektiv wünschenswert wäre es, wenn Phoenix Reisen hier ein größerer Spagat gelingt, wie dies z.B. bei NCL ( aus meiner subjektiven Sicht ) grandios gelöst wird.
Ich räume aber gerne ein, dass zum einen die Hardware hier gewisse Grenzen setzt, und man zum anderen mit dem Konzept ja gut zu fahren scheint. Allerdings begibt man sich so der Chance, neue Kundenschichten breiter anzusprechen ...
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Saracen
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Re: Zurück von der "Albatros"

Beitrag von Saracen »

Hi,

vielen Dank für den Reisebericht. :thumb:

Ich bin ja dieses Jahr auch noch mit diesem Schiff unterwegs und gehöre zur Generation unter 30. Daher fand ich es klasse, mal Deine Sicht der Dinge zu lesen. Die enge Tischstellung ist mir bei einer Schiffsbesichtigung in Hamburg auch aufgefallen.

LG-Tina
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Maregi
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Re: Zurück von der "Albatros"

Beitrag von Maregi »

Hallo, schöner Bericht!
Ich war 2005 mit der ALBATROS unterwegs, seitdem wurde viel renoviert. Meine Frage wäre, ob du weißt, ob das Dampfbad und die Sauna modernisiert wurde?
Gruß Maregi
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Gerd Ramm
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Re: Zurück von der "Albatros"

Beitrag von Gerd Ramm »

Hallo FloHH
ein absolut fairer Bericht, der den "Nerv" der Albatros trifft. Wenn ich keinen Getränkesteward sah, habe ich immer den Tischsteward informiert und wurde sofort bedient. Ein "Kinderschiff" ist sie nicht, allerdings in den Ferien sieht es ganz anders aus, da wird Kinderanimation angeboten. Bei der Polartaufe nahm eine ganze Horde kostümiert daran teil. Die Unterhaltung ist wirklich mehr Variete ala Hansa Theater, dies hat sich z B auf der Amadea grundlegend geändert und wird früher oder später auch hier Einzug halten, glaube ich.
War Käptn Morten Hansen an Bord? War er pünktlich bei Mutti zum Essen in Tromsö? Ist er die Innenpassage der Lofoten "Hurtigrutenlinie" gefahren?
Wenn Du ihn nochmal hören möchtest: hier
Viele Grüße
Gerd
FloHH
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Re: Zurück von der "Albatros"

Beitrag von FloHH »

War Käptn Morten Hansen an Bord? War er pünktlich bei Mutti zum Essen in Tromsö? Ist er die Innenpassage der Lofoten "Hurtigrutenlinie" gefahren?
Ja, Käptn Hansen war an Bord. In Tromsö hatten wir verlängerte Liegezeit, da wir aufgrund des extrem guten Wetters viel Zeit eingefahren hatten. Zu Mutti musste er aber nicht fahren, denn Mutti samt Bruder und Rest der verfügbaren Familie kam den Käptn anlässlich des "Wiener Kaffeehauses" an Bord besuchen ... :D
Ansonsten hat er sich die Innenpassage nebst Abstecher in den Trollfjord nicht nehmen lassen ...
Ich war 2005 mit der ALBATROS unterwegs, seitdem wurde viel renoviert. Meine Frage wäre, ob du weißt, ob das Dampfbad und die Sauna modernisiert wurde?
Kann ich leider nicht sagen, da ich Sauna und Dampfbad nicht genutzt habe. Eine Mitreisende, die viel auf der "Albatros" fährt berichtete aber, dass die letzten Renovierungen primär den Maschinen und einigen Kabinen gegolten hätten. Bei letzteren scheint es im Bezug auf den Renovierungsstatus wohl tatsächlich auch innerhalb der einzelnen Decks noch deutliche Qualitätsunterschiede zu geben ...
Ich bin ja dieses Jahr auch noch mit diesem Schiff unterwegs und gehöre zur Generation unter 30. Daher fand ich es klasse, mal Deine Sicht der Dinge zu lesen.
Ich bin Jahrgang 1972 und kann nur sagen: keine Angst, man kann auch als "Youngster" gut mit der "Albatros" fahren. Man muss sich - wie geschrieben - nur im Klaren sein, dass - wenn ich mal Gerds Bericht einfließen lasse - zumindest auf bestimmten Routen und zu bestimmten Terminen der Focus auf einer anderen Altersgruppe liegt. Das bedeutet aber nicht, dass deswegen die Veranstaltungen "doof" sind. Bingo z.B. hat mir einen Heidenspaß gemacht und das mitternächtliche Vorlesen einer alten Wikingergeschichte bei Livemusikuntermalung war auch "großes Kino", wenn man parallel dazu aus dem Fenster die zerklüftete Landschaft Nordnorwegens vorbeigleiten sieht...

Apropos Aktivitäten: uns hatte anfänglich das Angebot gereizt, für € 10,- / Tag eines der Bordfahrräder zu leihen . Wir haben es dann doch nicht gemacht, da es mit den Rädern massivste Probleme gab. Bei zwei Rädern ist mitten in der Tour die Kette gerissen ( was angesichts der Pannenstelle - ein abgeschiedener Wanderweg auf den Lofoten - bei den Radlern für heftige Adrenalinschübe sorgte : wie bekommt man von dort die Räder ( und sich ) zurück ? Ein netter LKW-Fahrer hatte geholfen ); bei weiteren zwei Rädern versagten die Bremsen - hier aber noch auf dem Kai...
Kann natürlich immer mal passieren, mutet aber ob der Mitteilung, die Räder würden täglich gewartet, etwas komisch an ... :nono:
MathiasK
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Re: Zurück von der "Albatros"

Beitrag von MathiasK »

Hallo FloHH,

vielen Dank für Deine Schilderung !
Nun sind auch meine Bedenken bezüglich einer Albatrosreise völlig weggeputzt. Und das mit den Fahrrädern wusste ich gar nicht. Bin ich doch ambitionierter Radfahrer (Der ja Pannenerprobt ist :rolleyes: ). Ich fand es bei AIDA schon immer sehr bedauerlich das man keine Räder für private Ausflüge mieten kann, da hat die Albatros nun wieder klr einen Pluspunkt bei mir :thumb:

MfG Mathias K.
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