Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Hochseekreuzfahrten mit anderen deutschen Veranstaltern
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Anthemius
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Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Anthemius »

Sieben Nächte an Bord der ehemaligen KUNGSHOLM

Ich habe die ersten Gerüchte, dass die MONA LISA zurück auf den deutschen Markt kommen würde, im letzten Sommer von der Crew der TOPAZ von Peaceboat gehört. Damals nahm ich mir vor, sie endlich zu buchen. Nach der Pleite von Holiday-Kreuzfahrten in 2006, die wg. der Kurzfristigkeit vor Reiseantritt dazu führte dass ich zu hause bleiben musste, war es die Gelegenheit. Aber wieder musste ich bangen wegen der allerseits bekannten Strandung vor Riga. Erst als ich den Schornstein der MONA LISA vom Zug aus sehen konnte, habe ich es wirklich geglaubt, dass es nun endlich wahr werden würde. Das Schiff war erst 40 Std. vorher in Veltspils ausgelaufen, daher hat es offensichtlich keinen Trockendock-Aufenthalt gegeben, die Inspektion durch Taucher musste genügen. Endlich gings in 7 Nächten zu „den schönsten Fjorden und Kopenhagen“.

Meine Kabine war eine von den in den 80ern hinzugefügten, weil nur hier die Buchung einer halben Herren-Kabine möglich war. Um es gleich vorweg zu nehmen: An den traditionellen Kabinen hat sich nichts geändert außer dass in mehreren Etagenbett-Kabinen ein weiteres Beistellbett gestellt wurde, um die von Pullmantur für die Charter in 2007 verlangte Kapazität von 900 Betten zu erreichen.

Der Kreuzfahrt-Direktor Anrej Belinskji ist gleich am ersten Abend ganz offen mit dem Konkurs und mit der Strandung vor Riga umgegangen was auch gleich positiv ankam. Er hat ja die Aufgabe, die Kontinuität von Holiday-Kreuzfahrten und Lord-Neslon-Seereisen zu repräsentieren. Er hat an Bord eine Mammut-Aufgabe geschultert. Die Crew und das Catering wird nämlich jetzt von Kyma Shipping gestellt, das Schiff ist nicht mehr bare-boat gechartert. Daher sprechen die Besatzungsmitglieder, vorwiegend Russen, aber auch 25 Türken, kein Deutsch. Es muss ihnen also jetzt on-the-job Deutsch beigebracht werden. Und das von einem Team von nur noch vier statt 14 Angestellten des Reiseveranstalters an Bord. Auch das wurde offen zugegeben unter Hinweis auf 15% geringere Kreuzfahrtpreise.

Unter diesen Umständen ist natürlich nicht daran zu denken, noch ein Animationsprogramm an Bord von den vier Leutchen zu organisieren, das Tagesprogramm viel daher schmal aus. An Unterhaltung gab’s nur die allerdings 90 min. dauernde Abend-Show und das Programm im „original 50er-Jahre“ Kino. Außerdem erschien auf dem Tagesprogramm zwei mal ein Gottesdienst, nun ja es ist Pfingsten. Das Bordleben war daher nicht durch Termindruck gekennzeichnet, und man konnte sich zurückfallen lassen in die plüschige Behaglichkeit der tollen holzvertäfelten öffentlichen Räume. Oder, so wie ich, die endlosen holzvertäfelten Gänge bewaffnet mit Original-Deckplan abschreiten und alles fotografieren.

Einen Abend gab es Gesellschaftstanz statt einer Show, aber niemals eine Kleidungsempfehlung. Aber den meisten war die Kleidungslage ohnehin klar, denn 70 % sind Wiederholer. Es scheint sich da eine loyale Klientel gefunden zu haben, die auch kleinere Unpässlichkeiten toleriert. Trotzdem war man aber der Meinung dass der Standard runter gegangen ist.

Das lag auch an der neuen Hotel-Crew, die erst seit einer Woche an Bord ist, und sich noch einspielen muss. Sie hat nur einen viermonatigen Vertrag für die Lord-Nelson-Charter. So passierte es mir, dass einmal gleich zwei bestellte Gänge einfach vergessen wurden. Auch war die Qualität des Essens sehr schwankend. Wie man ein Fischfilet gummiartig kochen kann (und eine Lammkeule zäh wie Schuhleder) ist schon zu bewundern. Die Kritik wurde aber offen am Abend vom Kreuzfahrtdirektor angesprochen und Besserung in Aussicht gestellt, die dann auch kam. Überhaupt hat er es glänzend geschafft die Wogen, wenn es denn welche gegeben hat, zu glätten. Die Erste-Klasse-Sektion der Restaurants blieb zumindest in der zweiten Sitzung stets ungenutzt. Der Nachmittags-Kaffee war mit einer halben Std. etwas kurz angesetzt. Nach den Landgängen in Kopenhagen und Oslo wäre es schön gewesen nicht immer genau die Zeit abpassen zu müssen um das verpasste Mittagessen nachzuholen.
In Stavanger ist es mir gelungen, die SANDNES zu besichtigen, eine ehemaliges Hurtigrutenschiff mit viel Holz innen. Überhaupt hat der kleine Innenstadthafen noch mehrere andere hochseefähige Oldtimer zu bieten.

Unser Zimmermädchen Nataliya hat jeden Tag eine andere Skulptur aus unseren Handtüchern gedrechselt und abends gab es als Betthupfern ein Stück griechischer Schokolade, eine Erinnerung dass das Schiff unter griechischer Leitung steht. Überhaupt war die Besatzung sehr freundlich und zuvorkommend. Die Wartungs-Techniker hatten übrigens viel zu tun, da es in vielen Kabinen Probleme mit Dusche oder Klimaanlage gab.

Einmal gab es ein Mitternachts-Gala-Büffet, an dem ich aber nicht teilnahm. Tags zuvor war an Deck ein Eisskulpturen-Schnitzen, für das ich aber kein Auge hatte, schließlich fuhren wir noch durch die herrliche Fjordlandschaft.
Im Geiranger-Fjord haben ich mich übrigens der jüngsten Passagiergruppe angeschlossen (70% sind Ruheständler),die ein Kleinbus-Taxi rauf zum Vesteras Gard (ein Bauernhof auf 300m Höhe) bestellt hatten. Dort ging’s dann über Stock und Stein rauf zum Lösta-Aussichtspunkt (auf 500 m Höhe). Von da kann man von den Kreuzfahrtschiffen regelrechte Luftbilder machen, fast senkrecht von oben.

Den letzten Tag auf See füllte eine Brückenbesichtigung, bei der ich erfuhr dass das Schiff noch über 20 Knoten machen kann, dass es dann aber unangenehm vibriert. Bei 18 Kn verbraucht es übrigens 70 Tonnen Treibstoff am Tag.

Die Bordreiseleitung ließ verlautbaren, dass für 2009 ein identisches Kreuzfahrtprogramm geplant ist. Mir hat das Schiff sehr gefallen, vielleicht in 2009 wieder? :)
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von bananenboot »

Interessanter Bericht! Bekommen wir die Bilder zu sehen von denen du so schwärmst?
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Joerg »

Hallo Anthemius,

vielen Dank für Deinen interessanten Bericht. Ich finde es klasse das Du der "Mona Lisa" die Stange gehalten hast. Fair finde ich auch das das Unternehmen Lord Nelson offensichtlich sehr offen mit größeren und kleineren Problemen umgeht und mit offenen Karten spielt.

Das Schiff gefällt mir persönlich auch sehr gut, wäre bestimmt meine Kragenweite. Aber da ist noch soo viel was ich ausprobieren möchte...

Gruß Jörg
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von die-zwee »

Hallo Anthemius,

schön zu hören, daß die MONA LISA immer noch ein "lohnendes Ziel" ist. Vielen Dank für Deinen Bericht. Auf die Fotos Deiner Streifzüge über die Decks des klassischen Liners sind wir allerdings auch gespannt. Vielleicht magst Du ja in "Schiffe vor der Kamera" einen MONA LISA-Thread einrichten . . . :)


Maritime Grüße aus der Eifel

Rike & Guido
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Anthemius »

An Ivo: Ich füge mal ein Bild ein, das ich auf meine Webseite gestellt habe. Da ist aber der free webspace der beim DSL-Anschluss von GMX dabei war, fast voll. Müsste mich als erstmal nach einem Anbieter für webspace umsehen, wenn ich noch weitere Bilder posten will. Oder ich müsste die Erlaubnis für Dateianhänge vom Administrator erhalten...

An Rike und Guido: Leider ist es auch in der Rubrik "Schiffe vor der Kamera" so, dass man nur auf ein schon im Internet veröffentlichtes Bild verweisen kann in der IMG-Funktion der "Antwort erstellen"-Seite.

Hier die Mona Lisa im Geiranger-Fjord am 14.05.2008 vom Aussichtspunkt Lösta:
Bild

Sollte das jetzt nicht funktionieren, dann bitte auf http://liners.gmxhome.de ganz unten nachgucken

Grüße,
Michael Hipler
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Michael,

hier findest Du einige Anbieter von kostenlosem Fotowebspace. :)
Anthemius
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Anthemius »

Habe in einer anderen Newsgroup gehört, dass die Charter für Scolarship diesen Winter geplatzt ist. Was mag das für die nächsjährige Charter von Lord-Nelson-Kreuzfahrten bedeuten?

Michael
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Raoul Fiebig
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Michael,

zu den Problem bei "The Scholar Ship" siehe bitte hier, damit wir nicht an mehreren Stellen über das gleiche Thema diskutieren. :)

Welche Auswirkungen dies haben wird, kann man zur Zeit wohl noch nicht sagen.
kuni-r
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Re: Sieben Nächte auf der ehemaligen Kungsholm (aka MONA LISA)

Beitrag von kuni-r »

Holdrio!

Samstag Nacht bin ich von der Orkneys-Island-Spitzbergen-Norwegen-Kreuzfahrt mit der "Mona Lisa" zurück gekommen. Ich werde in den nächsten Tagen und Wochen in meinem Blog näher über meine Eindrücke und Erfahrungen berichten. Erst mal muß aber noch das Liegengebliebene aufgearbeitet werden, damit ich mir wieder eine Kreuzfahrt verdienen kann. Für Interessierte hier der Link: http://www.die-ritters.de/blog/

Ohne jetzt schon die Spannung nehmen zu wollen, eine erste, grobe Einschätzung:

Publikum: jede Menge Proleten, aber auch ein paar wirklich nette Mitfahrer. Die Drängelei am Buffet und beim Tendern war beeindruckend. Bananen waren immer sehr schnell aus. Wenn man mal wirklich rücksichtslosen Leuten mit besonders breiten Ellenbogen begegnen will, muß man ganz schnell für die "Mona Lisa" buchen.

Schiff: teilweise miserabler Zustand, wenn man mal etwas genauer schaut. - 5 Kabinen überschwemmt, vom kaputten Pissbecken (wurde während der ganzen Reise nicht repariert und drin lag ein Zettel in englischer Sprache, der vermutlich schon aus Scholar-Ships-Zeiten zu stammen schien) bis zu tagelang abgefallenen Türklinken verschlissenen Polstermöbeln mit durchgescheuerten Bezügen, gebrochenen Stühlen, durchgelegenen Matratzen und klemmenden Türen alles vorhanden.

Verpflegung: alles zwischen katastrophal und Kantinenniveau. Die "exotischen Früchte" zum Nachtisch bestanden meist aus Melone, Melone und Melone. Manchmal war auch ein Apfel drauf.

Ausflüge: meist überteuerte Lieblosigkeit mit bemühten Reisebegleitern, die versucht haben, zu retten was noch zu retten war. Ein "Tagesausflug mit Mittagessen" bestand praktisch aus 7 Stunden Busfahrt mit zwei 5-Minuten-Stops, einer Kirchenbesichtigung und dem "Mittagessen", das gegen 17 Uhr eingenommen wurde. Fand ich für ca. 150 Euro dann doch etwas grenzwertig! Immerhin wurden wenigstens keine Rheumadecken verkauft.

Kabinenpersonal: bei uns (ich war mit meinem Kumpel Uwe unterwegs) makellos.

Servicepersonal im Speiserestaurant: freundlich, schlecht deutsch sprechend, bemüht, aber oft überfordert wirkend. Ein Ehepaar an unserem Tisch hat während der gesamten Reise immer wieder versucht, zum Dessert Kaffee mit Milch zu bestellen. Es gab während der gesamten Reise keinen einzigen Tag, an dem's ohne Nachhaken geklappt hätte. Meistens gab's halt keinen Kaffee. (Hier kann ich natürlich nur von dem Personal reden, da an unserem Tisch bedient hat. Von anderen Gästen hörte ich schon einige Male heftige Klagen).

Servicepersonal in den Bars: von hervorragend bis sehr freundlich bemüht, manchmal auch mit Sprachproblemen. Schon bei unserem zweiten Besuch in der Freibeuter-Bar brauchten wir zur Begrüßung nur noch freundlich nicken und schon standen unsere Getränke da. Das Barmädel war einfach nur spitze.

Matrosen und übriges Personal: meist sehr freundlich und wirklich zuvorkommend.

Erstes grobes Fazit: Ich werde weder beim Veranstalter "Lord Nelson" noch für dieses Schiff jemals wieder buchen. Meine Enttäuschung ist riesengroß, weil ich die "Mona Lisa" von 2003 in noch sehr guter Erinnerung hatte. Das Schiff war zwar damals auch schon alt, man hatte aber den Eindruck, daß möglichst liebevoll restauriert wurde. Außerdem war damals die Küche und der Reiseservice wirklich überdurchschnittlich gut.

Ich persönlich habe den Eindruck, daß mit diesem Schiff nur noch so viel Kohle gemacht werden soll, wie irgend möglich ist. Jegliche Instandhaltungs-Investition wird mit allen Mitteln vermieden. Bei Nachfragen wird gezielt verschleiert. Ich habe während 2 1/2 Wochen nicht heraus bekommen können, wer nun wirlich für welche Bereiche der Reise Verantwortung trägt. "Lord Nelson", bei denen ich gebucht habe, taucht in der Liste der Verantwortlichen überhaupt nicht auf. Für den Rest scheint der griechische Besitzer zuständig zu sein, dem für die Betreuung von ca. 800 Passagieren ein 4-köpfiges Team unter Andrej Belinskiy ausreichend erschien. Für unsere Reise wurden noch einige freie Mitarbeiter, wohl von Andrej auf Eigeninitiative engagiert. Für die Begleitung auf manchen Ausflügen wurden dann kurzerhand noch Leute vom Show-Team eingeteilt, damit wenigstens in jedem Ausflugsbus noch ein Mitarbeiter vom Schiff begleitend anwesend sein konnte.

Auch das kannte ich von früher (Mona Lisa und Lili Marleen) anders. Obwohl ich sagen muß, daß gerade Andrej und sein Team immer mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht haben, eine gute Betreuung der Gäste hin zu bekommen. Die Überforderung einiger Team-Mitglieder, bei den aufgelaufenen Problemen verständlich, war aber für mich deutlich zu spüren. Ist ja auch klar, wenn bei stark eingeschränkten Kompetenzen sich der ganze Frust der Gäste auf Andrejs Betreuungsteam ablädt.

Mehr Infos zu Reise und Bilder gibt's dann in den nächsten Tagen und Wochen in den Blog-Beiträgen.
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