Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Kreuzfahrten mit Aida Cruises
Diddn
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Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

Hallo Allerseits,

bin seit gestern Abend wieder zurück von einer in vielfacher Hinsicht bemerkenswerten Reise.

Aufgrund eines irreparablen Wellenschadens mußte die Transatlantikreise der AidaAura am Abreisetag 21.12.07 abgesagt werden. Stat dessen fuhr sie nun anstelle der für diesen Zeitraum geplanten Rundreise durch die Karibik vom 05.01. - 19.01. von Palma de Mallorca über Madeira, Barbados, St. Vincent, Grenada, Isla Margarita und Bonaire nach Aruba.

Somit ergab es sich, daß sich die Gäste an Bord in drei Gruppen aufteilten: die Gäste, die auf (in etwa) dieser Route über Weihnachten und Neujahr reisen wollten (ca. 20 %), dann Gäste, für die zwar der Terin stimmte, die aber eigentlich zwei Wochen in der Karibik unterwegs sein wollten (ca. 60 %) und schließlich die Gäste, welche kurzfristig das außergewöhnliche Angebot ergriffen, welches Aida hier machte: Transatlantik im Januar, und das zu einem nicht unschlagbaren, aber dennoch irrsinnig günstigen Preis. Zu dieser Gruppe, welche wiederum ca. 20 % der Gäste umfasste, zählte ich.

Den Reisedokumenten sah man die heiße Nadel an, mit denen sie gestrickt waren. Vier Reisebestätigungen, je zwei für Flüge und Schiffsreise, erhielt ich einen Tag vor Abreise. Zweimal war dabei der Routenverlauf mit "Aruba - Aruba" angegeben, zweimal richtig. Die eigentlichen Reisedokumente erhielt ich zwei Stunden vor Abreise von zu Hause (einen Tag vor Abfahrt des Schiffes, denn ich konnte mir den Abflughafen aufgrund der kurzfristigen Buchung nur bedingt aussuchen und bin am frühen Morgen ab München gestartet) per UPS. Darin vier verschiedene Routenverläufe (in Beschreibung und Grafiken), von denen keiner ganz richtig war und das Ausflugsprogramm für die eigetlich zu diesem Termin geplante Karibikreise. Das Rückflugticket sollte es an Bord geben, für den Hinflug sei die Reisebestätigung ausreichend. Egal, es ging Richtung Schiff und die doch im Ergebnis hervorragende Improvisation tat dem einsetzenden Glücksgefühl keinen Abbruch.

Mit einer gewissen Spannung ging es nach Palma de Mallorca. Niemand konnte vorhersagen, wie ob der Umstände die Laune der Gäste sein würde. Im schlimmsten Falle rechnete ich mit mitreisenden Anwälten, öffentlichen Pamphleten, Unterschriftenlisten etc., wovon man hin und wieder hört bei ähnlichen Zwischenfällen. Doch es sollte anders kommen.

Aufgrund der Umstände war das Schiff nicht voll belegt. Eine offizielle Gästezahl gab es nicht, dieser Eckwert wurde nie konkret erwähnt. Den diversen Gesprächen zufolge waren es wohl knapp über 900 Gäste, von denen nach Madeira rund 890 übrig blieben. Einige zogen es wohl vor, aufgrund der im Grunde recht moderaten Schiffsbewegungen dort auszusteigen. Somit gab es absolut keine Chance für LIegenreservierer. So sehr sie sich zu Beginn auch mühten - stets blieben ausreichend Liegen übrig, so daß man zu jeder Zeit die Liege fast nach Wunsch nehmen konnte. Nachdem auch der letzte Reservierer dies erkannt hatte, fühlte man sich absolut im Liegenparadies. Gleiches trift auf die Enge in den Restaurants zu. Die gab es nämlich nicht. Obwohl gerade gegen Ende der Reise eigentlich alle bis weit nach den Öffnungszeiten zusammen sitzen blieben, fand man auch in einer Vierergruppe jederzeit einen Tisch, und den auch im gewünschten Restaurant und in der gewünschten Lage. Sicherlich mag es sein, daß diese fast schon familiäre Zahl an Passagieren und das damit verbundene Raumgefühl dazu beigetragen hat, diese Reise nicht nur aufgrund der voran gegangenen Umstände zu einer ganz besonderen Reise zu machen.

Schicksale schweißen zusammen, und so kannten sich einige der Gäste bereits vom Besuch des (leeren) Hafens am 21.12. und des anschließenden von Aida arrangierten Hotelaufenthaltes auf Mallorca. Themen gab es jedenfalls genügend (oder besser: ein Thema), um mit den anderen Reisenden schnell in Kontakt zu kommen. Auch die Crew war sich wohl keinesfalls sicher, wer da nun an Bord kommt. Aber erstmal der Reihe nach...

Nach der Landung gegen 09:30 Uhr waren es keine 100 Meter mit dem Gepäck, bis man dieses am Transferbus abgeben konnte. Die Begrüßung durch die örtliche Reiseleitung fiel freundlich, aber recht knapp aus. Insgeheim war wohl jeder froh, diese Passagiere möglichst schnell und unkompliziert weiterreichen zu können. Beim Eintreffen am Schiff wurde mitgeteilt, daß der Check-in bereits beöffnet sei und auch die Kabinen bereits zur Verfügung stehen. Man bat lediglich um Verständnis, daß die Koffer erst ab etwa 13 Uhr auf die Kabinen begracht werden könnten. Dies war dem Umstand geschuldet, daß zu dieser frühen Zeit noch Proviant aufgenommen wurde. Der Check-in lief mit nicht einmal fünf Minuten Wartezeit ungewöhnlich schnell - trotz zwischenzeitlichem Stromausfall

Nach der ersten Inaugenscheinnahme der Kabine (Außen auf Deck 4, 17 komfortable m² mit Couch, die zum dritten Bett häte umfuntioniert werden können, geringe Gebrauchsspuren konnten erst auf den dritten Blick erkannt werden) zog es mich zunächst zum Brunch. Schließlich war frühes Aufstehen angesagt und die Bordverpflegung im Flieger verdiente diesen Namen nicht wirklich. Eine Überraschung erwartete mich: die phillipinischen Kellner, die ich sonst stets fröhlich lächelnd und scherzend kannte, drückten sich mit steinernem Gesicht in die Kellnerstationen. Tische wurden nur abgeräumt, wenn gerade niemand daran saß. Auch hier also nur knappe Kontakte.

Aida hatte kostenlose Shuttlebusse ins Zentrum von Palma zur Verfügung gestellt. Diese nutzte ich im Anschluß gerne, um bei sonnigen 17 Grad noch ein wenig zu schlendern. Als bei der Rückkehr zur Abfahrtsstelle rund 130 Gäste zur gleichen Zeit zurück fahren wollten, wurde in Minutenschnelle ein weiterer Bus organisiert. Flexibel und kundenorientiert, dachte ich. Einzig der Umstand, daß das Personal nicht vor Ort blieb, brachte den gleichen Eindruck wie zuvor: keine Gästekontakte länger als nötig.

Zurück auf dem Schiff, war jedoch alles inzwischen wie verwandelt. Die Kellner lachten bereits zur Kaffeezeit wie gewohnt. Offenbar war der befürchtete Super-GAU nicht eingetroffen. Die, die an Bord waren, hatten sich mit ihrem Schicksal weitgehend abgefunden und sahen der bevorstehenden Transatlantikreise (meist mit etwas ungewissen Erwartungen) entgegen. Kleine Unbedachtheiten brachten manches Mal ein wenig Verbitterung hervor, die sich aber in Sekundenschnelle legte. Es waren wohl wirklich alle an Bord mit dem Vorsatz, diese Reise genießen zu wollen - egal, wer für wann welche Route Motate im Voraus gebucht hatte. Die kleinen Unbedachtheiten waren dann z. B. die zur Begrüßung als Präsent in den Kabinen liegenden Weihnachts-CD's mit den besten Weihnachtswünschen von Aida; das Laser-Intro zur Willkommensshow, bei dem die Namen der nun nicht anzulaufenden Karibikhäfen der Reihe nach erschienen; die automatisierte Ansage zur Rettungsübung, zu der auch ausdrücklich alle verbliebenen Gäste der vorangegangenen Reise aufgefordert wurden und zuletzt am Abend des 18. Januar das Marzipan-Glücksschwein samt Neujahrsgruß auf der Kabine. Über dieses Schwein konnten aber alle schon wieder lachen...

Ab dem ersten Nachmittag war also seitens des gesamten Schiffspersonals eine Herzlichkeit vorhanden, wie ich sie von den vorangegangenen drei Aida-Reisen her kannte. Oder war da doch noch eine Steigerung zu erkennen? In jedem Fall begünstigte die niedrige Gästezahl die Arbeit des Restaurantpersonals, die während der gesamten Reise so unaufdringlich schnell und aufmerksam waren, wie ich es von Aida noch nicht kannte.

Gegen 21 Uhr meldete sich zum ersten Mal unser Kapitän Thomas Mey zu Wort. Er übernahm die Aura im Dezember in Genua, mußte die erste Reise absagen und ihm stand nun die erste Reise als Kapitän eines Aida-Schiffes bevor. Keine leichte Aufgabe. Unüberhörbar aus Sachsen stammend, begrüßte er alle Anwesenden sehr sachlich und verkündete, daß wir eine halbe Stunde eher auslaufen würden. Diese Sachlichkeit seiner Durchsagen baute er während der Reise nach und nach etwas ab und bemühte sich um einen lockeren Ton. Das Schiff ließ er umsichtig zwischen allen Regenwolken hindurch steuern, und ebenso umsichtig verliefen seine Anlegemanöver, die manchen Hafenarbeiter auf eine kleine Geduldsprobe stellten. Oft ließ er sich im Passagierbereich sehen, sprach mit Passagieren, probierte beim Pool Brunch und stand ausführlichst Rede und Antwort beim Kaptain's Talk. Er schaffte es, daß alle Gäste ihn mochten, und spätestens nach seiner Abschiedsansprache, während der er auch den vom Aida-Kochbuch eingeheimsten Preis des "International Traveller Cook Book Award Twothousandseven" (lest das mal auf sächsisch!) erwähnte, hat er wohl seinen eigenen Fanclub. Jederzeit würde ich gerne wieder mit ihm fahren.

Apropos mitfahren: Es waren zu meiner Überraschung eine ganze Reihe Kinder, auch im Schulalter an Bord. Dies war wohl in erster Linie dem Umstand geschuldet, daß Aida diese Reise kurzfristig auch massiv per deutschsprachigem mallorquinischem Inselradio beworben hat. Ohne Kinder schätze ich den Altersdurchschnitt mal auf ca. 50, mit Kindern auf knapp Mitte Pfirsich. Nicht mitgefahren sind dagegen die meisten Kappenrentner. Zwei oder drei davon waren sicherlich an Bord, fielen aber als solche nicht auf. Man konnte sie einfach in die Reihe der etwas merkwürdigen Gestalten stellen, von denen es mehr als ein Dutzend gab. Diese waren allerdings derart unterhaltsam, daß da selbst das mitreisende Komiker-Duo nicht gegen die manchmal geballte Form von Realsatire ankam. (Kostprobe vom Shuffleboard, nach der Erklärung der Spielregeln durch eine Animatöse: "Das hassu abba ssschön gesagt - trink mal einn' mit!" - samt bereitwillig hingehaltenem Schnapsfläschchen aus der Heimat...)

Nun aber mal zu den Fakten: Die Aida Aura wurde 2003 als Schwesterschiff der ein Jahr zuvor fertig gestellten Aida Vita gebaut. Mit knapp über 200 m Länge, 28 m Breite und gut 42.000 BRT zählt sie heute schon eher zu den kleineren Schiffen. In 633 Kabinen können maximal (bei Belegung aller Betten) über 1.700 Gäste reisen und werden von 389 Besatzungsmitgliedern umsorgt.

Zur Nahrungsaufnahme stehen drei Restaurants zur Verfügung: das zuzahlpflichtige Rossini Restaurant auf Deck 8, das Markt Restaurant ebenfalls auf Deck 8 sowie das mit großer Außenterasse versehene Calypso Restaurant auf Deck 9. Die beiden letztgenannten sind Buffetrestaurants, wobei Aida ohne Zweifel die besten Buffets auf den Weltmeeren anbietet. Auf dieser Reise kam es mir so vor, daß die Buffets entgegen dem Trend meiner letzten Aida-Reisen qualitativ ein gutes Stück gewonnen hatten. Selbst gebratenes Rindfleisch war nicht trocken, die Auswahl an verschiedenen Speisen war bei jedem Buffet so reichlich, daß ich es nicht ein einziges Mal schaffte, wenigstens von allem, was ich essen wolle, wenigstens mal zu probieren. An 10 der 14 Abende gab es zudem unterschiedliche Themen in den beiden Restaurants, was die Vielfalt nochmals erheblich steigerte. Neben Early Bird-Frühstück, Frühstück und Spätaufsteher-Frühstück gab es an allen Seetagen sowie am Ausschiffungstag einen Pool Brunch ab 11:30 Uhr, welcher wiederum jeden Tag unter ein eigenes Thema gestellt wurde. Zwischen Mittagessen, Kaffeestunde und Abendessen gab es in einem Bereich des Calypso-Restauants stets Kleinigkeiten wie Pizza, Salat, Sandwiches, aufgelockert durch andere wechselnde Dinge wie Frikadellen etc. Diese "Versorgungsstation" war täglich bis Mitternacht geöffnet. Gegen Mitternacht standen in der Anytime Bar immer ein paar belegte Brote bereit. Wem das alles nicht reichte, konnte rund um die Uhr an den vor beiden Restaurants befindlichen Obstständen zuschlagen. Zusätzlich zu den Restaurants gab es einen Buffetbereich in Poolnähe, der für den Pool Brunch (dann zusätzlich erweitert) sowie auch für den nachmittäglichen Kuchen in Ergänzung zum Calypso Restaurant genutzt wurde.

Zur Aufnahme flüssiger Nahrungsmittel dienen fünf Bars. Die Nightfly Bar (mit Flügel) dient der etwas ruhigeren Klientel. Die Aida Bar mit recht großer Tanzfläche lockte ebenso täglich mit Livemusik. Die Poolbar war bereits am Morgen geöffnet und blieb dies oft bis in die späten Nachtstunden, malerisch am Heck liegt die Ocean Bar mit Blick auf das Fahrwasser, und die Anytime Bar (der einzige inwärtige Raucherbereich) verfügt über einen großen Außenbereich und dient abends als Disco.

Sehr schön gefiel mir die Hemingway Lounge, wie sich die rund um die Uhr geöffnete Bibliothek nennt. Ein Atrium gibt es leider nicht. Die Rezeption ist ein wenig losgelöst vom Rest der öffentlichen Räume auf Deck 6, daneben das "Reisebüro" und sechs Internet-Terminals. Im Theater im Bug, welches sich faktisch über drei Decks erschließt, fanden fast täglich Shows statt. Ein bgroßzügiger Sportbereich auf Deck 9 (mit Innen-Whirlpool), der Shop auf Deck 8, Friseur/Kosmetik auf Deck 9, großzügiges Spa mit drei Saunen auf Deck 11 sowie der Kids Club auf Deck 6 (achtern) komplettieren die öffentlichen Innenbereiche. Deck 10 (mit einem zu kleinen Meerwasserpool, einer Vario-Spielfläche für Volleyball bzw. Basketball, Tischtennis, Shuffleboard-Feldern), Deck 11 (insgesamt drei Whirlpools) und Deck 12 (FKK-Bereich) boten (zumindest für diese Reise) massig Möglichkeiten, den Tag in der Sonne bratend zu verträumen. Rund um den Pool fanden auch die diversen Poolparties statt, von denen wohl die vom dritten Seetag nach Madeira in die Annalen eingehen wird. Doch dazu später mehr...


...und da ich noch ein wenig tun muß, gibts die Fortsetzung erst morgen.

Gruß

Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

Grummel... als ich gestern auf den Absende-Button drückte, was mein ganzes Geschreibsel weg – also hier ein neuer Versuch...

Am besten gehe ich wohl chronologisch vor. Das Auslaufen aus Palma war also 30 Minuten eher, wogegen niemand einen Einwand hatte. Nie hatte ich jedoch eine solche Spannung beim Auslaufen erlebt. Was macht die Welle? Und was machen die Wellen der Meere mit uns? Schließlich gehörte ich der Minderheit an, die sich eine Transatlantik-Reise wünschte...

Die Welle tat ihren Dienst, und nach dreimal lang (was mir diesmal besonders lang vorkam) setzten wir uns, begleitet von Enya’s Gesang, in Bewegung. Man stieß mit (zu diesem Zeitpunkt noch) wildfremden Menschen an und wünschte sich gegenseitig eine gute Reise – insgeheim im Bewusstsein, dass man selbst dann auch gut ankommen würde. Auch für mich war es, nach rund 15-jährigem Traum davon, nun meine erste Atlantiküberquerung auf dem Wasser. Zur Poolparty blieb ich nicht lang; Menschen mit zweifelnden Gesichtern, die aus Mänteln mit Schals und Kapuzen (ja, es wurde nachts richtig kühl) herausguckten, sind da nicht sehr förderlich.

Zeit also, die Kabine genauer zu beschreiben. Es handelte sich um eine Außenkabine der Kategorie ‚AB’, mit 17 m² der größeren Sorte an Bord zuzurechnen. Die Einrichtung war nahezu identisch in Aufteilung und Design mit den Kabinen, die ich erst im letzten Monat wiederum auf einem A’rosa-Flußschiff antraf. Nur halt ein wenig größer, was meinem Wohlbefinden keinen Abbruch tat. Neben dem dreitürigen Schrank (darin Safe, 2 Wolldecken und 3 Rettungswesten) befand sich ein offenes Regal, welches schon reichhaltig bestückt war. Ein Badetuch (tägliche Umtauschmöglichkeit am Pool Shop), ein Tablett mit Karaffe und zwei Gläsern (hervorragend die Möglichkeit auf jedem Kabinendeck, gekühltes Trinkwasser – mit und ohne Kohlensäure - an Zapfstationen gratis abfüllen zu können) sowie zwei Flaschen Mineralwasser (zum käuflichen Erwerb) warteten dort. Links und rechts vom Doppelbett je ein Nachttisch mit je zwei Schubladen. Quer vor dem Fenster das als Couch hergerichtete dritte Bett mit einer ganzen Armada von Zierkissen. Davor ein Sessel samt Couchtisch. Am Schreib-/Schminkspiegel ein Stuhl, drei Schubladen (in der obersten war der Föhn montiert) sowie zwei Schuko-Steckdosen (230 V). Die Schrank- und Ablageflächen waren also absolut ausreichend für 2 – 3 Personen für eine zweiwöchige Reise.

Der Fernseher daneben, sozusagen am Fußende der Couch, komplettierte die Einrichtung. Dieser verfügte immerhin über 15 Programme: Neben zwei Spielfilmkanälen (je einer für Erwachsene – nein, keine Schmuddelfilme - und Kinder), auf denen in jeder Woche (ja, die Filmauswahl wechselte in der zweiten Woche) jeweils sieben Filme zu täglich wechselnden Uhrzeiten gezeigt wurden waren diverse deutschsprachige Fernsehprogramme (ARD, ZDF, RTL, SAT 1 Austria, ein Drittes Programm und noch ein, zwei weitere) zu sehen. Je ein Kanal stand für den Ausflugs-Propagandafilm, den Sicherheitsfilm, die DPA-News (welche mit zunehmender Entfernung von der Heimat proportional an Bedeutung verloren), sowie die Dia-Show mit dem jeweiligen Tagesprogramm. Ganze drei Kanäle zeigten die Außenwelt. Neben Bug- und Heckkamera war eine dritte auf das Pooldeck gerichtet, so dass man eigentlich keine anderen Ansichten benötigte. Ein wenig enttäuschend war der Kanal, der die Schiffs- und Wetterinfos in die Kabine brachte. Ein ganzes Stück moderner, als ich dies z. B. von der Blu kannte, war die Grafik zweifellos ansprechender. Allerdings bewegte sich das Schiff auf den ‚Seekarten’ entlang einer vorgegebenen Routenlinie. Es wurde also nicht der tatsächliche Kurs und die tatsächlich gefahrene Strecke dargestellt. Zum Glück hatte Kapitän Thomas Mey wohl noch andere Navigationshilfen, sonst hätten wir bereits in der ersten Stunde eine Landzunge von Mallorca ‚überfahren’.

Das Bad war zweckmäßig eingerichtet mit einer Fülle von Ablagen (in Regalform neben dem Waschtisch, sowie darunter) und Aufhängevorrichtungen, einer gläsernen Duschtrennung (dahinter genügend Platz zum Duschen ohne anzuecken) und ein breiter Waschtisch. Duschgel/Shampoo sowie Flüssigseife (am Waschtisch) waren in Spendern vorhanden. Lediglich die Montagehöhe des Badetuchhalters über dem WC ließ mich manches Mal leise (oder auch mal lauter) fluchen und brachte mir die eine oder andere Beule ein.

Die Klimaanlage war individuell in neun verschiedenen Stufen regulierbar und arbeitete einwand- und zugluftfrei.

Zunächst war ich wegen der Lage der Kabine etwas skeptisch, was meine Nachtruhe betraf. Unmittelbar am hinteren Treppenhaus und gegenüber dem dort befindlichen Trinkwasserspender gelegen, fürchtete ich eine große Geräuschkulisse. Es kam jedoch anders. Die Schallisolierung war die beste, die ich bislang auf Schiffen erlebt hatte. Erst nach sechs Tagen bekam ich mit, dass die Nachbarkabinen überhaupt belegt waren. Und dies durch Treffen der Nachbarn im Gang. Nur im Bad waren gelegentlich vom benachbarten Bad geringe Geräusche zu hören. Vom Gang, der Zapfstelle und dem Treppenhaus hörte ich nur alle paar Tage mal kleine Geräusche. Einzig der monotone Sound der Maschinen war gedämpft zu vernehmen: interessanterweise um so mehr, wenn man sich der Außenhaut des Schiffes näherte. Im Bett war dies keinesfalls störend; im dritten Bett (direkt am Fenster) hätte ich dagegen nicht unbedingt zwei Wochen liegen wollen.

Müde vom frühen Aufstehen und der kurzen Nacht zuvor half mir das Schaukeln des Schiffes, nachdem wir den Windschatten der Insel Mallorca verlassen hatten, in tiefen Schlaf.

Erster Seetag von zweien auf dem Weg nach Funchal, von sieben insgesamt. Nach einem guten und viel zu üppigen Frühstück war bald die vorgeschriebene Seenot-Rettungsübung angesetzt. Die etwas krumme Uhrzeit 10:20 Uhr erklärte sich im Anschluß mit dem Tagesprogramm, welches sonst sicher ins Schleudern geraten wäre. Denn beinahe hätte ich vergessen: ich bin auf einem Clubschiff. Nun verstand ich auch, warum eingefleischte ‚Aidaianer’ der Blu nur den Clubschiff-Status zweiter Klasse zubilligen. Aber zurück zur Rettungsübung, welche ich – vielleicht ob der bevorstehenden Transatlantikreise – noch nie so gründlich bei Aida erlebt hatte ... wenngleich es immer noch Welten von einer akribischen Durchführung entfernt war. Wenigstens konnte man anschließend ziemlich sicher sein, dass aus ziemlich allen Kabinen zumindest eine Person den Weg in die Boote finden würde. Da ich allein reiste, genügte mir dieses Ergebnis eigentlich...

Fast direkt im Anschluß an die Rettungsübung gab es schon die erste Live-Einlage des Tages am Pool, begleitet vom leckeren Pool Brunch. Hierzu waren an diesem und an allen weiteren Seetagen neben dem Poolbuffet ein großes Obstbuffet sowie ein bzw. zwei gruoße Pfannen aufgebaut, aus denen es appetitlich roch. Getränke (Bier, Säfte sowie fast täglich eine andere ‚Spezialität’, von Fruchtpunsch über Sangria zu Rumpunsch) waren ebenfalls frei erhältlich.

Mich zog es eher in die Sonne, und bewaffnet mit der Wolldecke (es sollte die einzige Verwendungsmöglichkeit für diese Decke sein, da es jeden Tag rund 1 Grad wärmer wurde) suchte und fand ich ein sonniges, wenn auch recht zugiges Plätzchen. Erstaunlich, dass fast überall ein frischer Wind wehte, hatte ich doch noch kein Schiff bereist, welches über eine derart große Anzahl von Windabweisern verfügte – die ihrem Namen bzw. ihrer Funktion leider nur sehr bedingt gerecht wurden.

Spontan beschloß ich, meinen Bestrebungen, im Urlaub genau das zu tun, was ich sonst nie mache, nachzugeben und besuchte zum ersten Mal in meinem Leben die sehr groß angelegte ‚Mucki-Bude’ der Aida Aura. Trainerin Selina schaffte es, sogar mir die korrekte Handhabung der diversen Folterinstrumente beizubringen, und so verbrachte ich an diesem und allen weiteren Seetagen jeweils eine gute Stunde zwischen Fahrrädern, Kraft- und Ausdauergeräten sowie auf dem Laufband sitzend (dies verbreiteten zumindest einige der Mitfahrer). Geschadet hat es mir jedenfalls nicht, und dank der großen Panoramascheiben war die Aussicht auf das Wasser zugleich Balsam für die Seele.

Für 17 Uhr war ein Treffen der Aida-Fans vereinbart – in der Aida Bar, am zweiten Zacken vom Rossini (wenn man mal auf dem Schiff ist, kann man mit dieser recht vagen Lagebeschreibung durchaus etwas anfangen). Aufgrund meiner kurzfristigen Buchung hatte ich mich dort zuvor kurz als Mitfahrer geoutet und war nun gespannt darauf, neue nette Bekanntschaften zu machen. Fast 20 Personen fanden sich ein und es wurde eine wirklich nette Runde. Dazu gesellten sich Clubdirektor Marc Spingler und Entertainment Manager Sebastian Barbon. Eine nette Geste, und es sollte nicht die letzte solcher kleiner Gesten sein, die diese Reise neben derer Vorgeschichte zu etwas Besonderem machte. Spontan wurde beschlossen (Danke, Jan) einen separaten Cocktail Workshop abzuhalten. Innerhalb von Minuten klärten Marc und Sebastian den Termin am dritten Seetag.

Fliegender Wechsel vor das Calypso Restaurant, denn dort war der Kennenlern-Treff. Offenbar hat die ‚besondere Buchungssituation’ zu einer Vielzahl Einzelreisender geführt, denn mehr als 60 Personen umringten die Mitglieder des Animatonsteams. In Minutenschnelle wurden weitere Sektflaschen und Gläser organisiert und nach einem gemeinsamen „Prost“ ging es zum Abendessen an reservierten Achtertischen. Ich hatte Glück; an meinem Tisch gab es nette Gespräche. Vom Nachbartisch, zu dem ich mit dem Rücken saß, drangen Gesprächsfetzen, die sich um geschiedene und verschiedene Ehemänner (und deren Fehler) drehten. Zudem wurden die Krankheitsgeschichten ausgiebig verglichen.

Nach dem Abendessen ging es ins Theater, welches an diesem Tag fast vollständig gefüllt war. Neben der Vorstellung einiger ‚Abteilungsleiter’ gab es die Welcome Show des Show Ensembles. Dieses bot während der gesamten Reise eine gleichmäßige, wenn auch recht durchschnittliche Qualität. Auffallend war, dass es ein wirkliches Team war. Entgegen sonstiger Erfahrungen gab es keinen Künstler, der möglichst viele Parts auf sich vereinte, was durchaus für eine gewisse Abwechslung sorgte. Was hätte besser sein können erfuhren wir am Ausschiffungstag, als das neu an Bord gekommene Ensemble seine erste öffentliche Probe am Pool abhielt...

Zweiter Seetag. Heute fand ich heraus, dass es die von mir im Urlaub heiß geliebten Omelettes zum Frühstück im Markt Restaurant gibt. Die Sonne schien wieder etwas wärmer, was die Wolldecke nun überflüssig machte. In der Nacht zuvor durchfuhren wir die Straße von Gibraltar, und entsprechend nahmen die Schiffsbewegungen zu. Zunächst war ich überrascht, dass Windstärke 4 und Wellen von 2 m Höhe das Schiff derart aufschaukeln konnten. Zu erklären war dies mit einer Dünung von hier über drei Metern, welche das Schiff von schräg hinten traf. Diese Dünung begleitete uns übrigens, beständig schwächer werdend, bis in die Karibik. Jedenfalls war es wohl diesem Umstand geschuldet, dass es nicht nur mehr Platzauswahl beim Frühstück, sondern auch noch mehr freie Liegen gab.

Am Abend stand wieder das Theater auf dem Programm. Kabarett sollte es sein. Créme Double nannte sich die Gruppe, welche zur ‚Tupperparty’ einlud, und sie lag manchem schwer im Magen, so dass sich schon nach wenigen Minuten das Theater merklich leerte. Auch ich hielt es nicht bis zum Schluß durch. Bei den Gastkünstlern merkte man am deutlichsten, dass diese Reise sehr kurzfristig improvisiert wurde. Während das Komikerduo durchaus zu glänzen wusste und bei der fünfköpfigen Band, welche zur Tanzmusik in der Aida Bar aufspielte, lediglich die um zwei Konfektionsgrößen zu kleine Garderobe der Sängerin negativ auffiel, wirkte die dreiköpfige Gruppe ‚Latin Emotions’ etwas deplaziert. Schlußlicht bildete eindeutig dieses ‚Kabarett’ mit dem niemand etwas Wahres anfangen konnte. (Zur Darbietung des Comedy Duos ‚Flotter Dreier’ kann ich nichts schreiben; da die Anfangszeit kurzfristig um 30 Minuten vorverlegt wurde, was Etlichen entgang, bekam ich nur noch die letzten zwei Minuten mit. Da dies aber wohl das Finale war, war ich letztlich froh, diese Zeit in netter Gesprächsrunde an der Ocean Bar verbracht zu haben.)

Zu Funchal komme ich dann morgen...

Gruß

Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von put_at_sea »

Hallo Diddn,

das sind ja interessante Berichte. Freue mich schon auf den/die nächsten. Ich hatte gestern schon vergeblich nach dem angekündigten zweiten Teil geschaut. Dein "Grummel" kann ich gut verstehen. Mir ist es hier im neuen Forum auch schon mehr als einmal passiert, dass ich mitunter lange Texte geschrieben habe, die dann leider beim Posten verlorengingen.

Viele Grüße,
Heidi
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Heidi,

mit der "Zurück"-Funktion des Browsers sollten die Texte allerdings in nahezu 100% aller Fälle zu retten sein, siehe hier.
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ferrycruiser
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von ferrycruiser »

Moin,

das ist mir auch schon einmal passiert - superärgerlich. Mit dem Zurück-Button hat es nicht geklappt (war nicht in diesem Forum) und ich hab' mir einen Wolf geärgert.
:mad:
Seitdem schreib' ich meinen Text immer in Word, oder im Editor vor.

Danke für deine große Mühe mit dem Bericht!!

Ahoi,
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Marc,

im "alten" Forum klappte es mit dem "Zurück"-Button bei mir nie (und da sind mir reichlich Sachen verlorengegangen :mad:), hier bislang immer. Allerdings habe ich mir noch vom "alten" Forum her angewöhnt, nach Fertigstellung eines längeren Beitrags immer <STRG>+<A> und <STRG>+<C> zu drücken und den Text damit in die Zwischenablage zu kopieren. Dann kann man ihn anschließend einfach wieder mit <STRG>+<V> einfügen (klappt natürlich nur mit Windows).
JOSMUC
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von JOSMUC »

Hallo Diddn,

auch ich hab schon gespannt auf die Fortsetzung gewartet. Vieles erinnert mich an meine erste Kreuzfahrt - 1996 mit
der AidaCara von Mallorca nach Santo Domingo, ebenfalls über Madeira. Das Schiff war damals mit etwa 700 Passagieren
belegt. Dem Komiker-Duo sind wir beim Einchecken (dauerte damals eine geschlagene Stunde) auf dem Leim gegangen
aber die beiden waren einfach genial.
Jedenfalls ein toller Bericht und ich hoffe es geht bald weiter.
Liebe Grüße
Josef
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von zodiac »

ICH BIN EIN FAN:::SCHREIB EINFACH WEIIIIIIIIIIIIIIIIIIIIITEEEEEEEEEEEEEEERRRRRRRRR :thumb: :thumb: :thumb:

WIR WOLLEN BILDER SEHEN ;)

DANKE DIDDN.............weitermachen :lol:
conniemillie
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von conniemillie »

hallo diddn,

danke für die berichte- freue mich schon auf die fortsetzung.

War ja eine schöne reise bei so wenig leuten. Die hauptsache du hast dich gut erholt und bist wieder voller tatendrang.

Bye
Christian
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Daniel
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Daniel »

Ich sag auch Danke für die ersten Tage und freu mich auf den Rest! :)
Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

...und schon geht’s weiter...

den Hafen von Funchal erreichten wir vor Sonnenaufgang. Da in der vergangenen Nacht die Uhren zum ersten Mal eine Stunde zurück gestellt wurden, blieb genügend Zeit zum Ausschlafen – trotzdem verfolgte ich das Einlaufen eher mit verschlafenem Blick vom Bett aus durchs Fenster. Aufgrund des schönen Wetters war mir das Calypso Restaurant aufgrund der Panorama-Aussicht lieber als das Omelett, und der Anblick der Stadt beim Kaffee war einfach ein Genuß. Keine zehn Monate war es her, dass ich mit der AidaBlu hier war. Entsprechend ließ ich mir Zeit. Monte war damals das Ziel, heute wollte ich in der Stadt bleiben. Land unter den Füßen genießen, denn fünf Seetage am Stück kannte ich noch nicht.

Vorsichtshalber (aber überflüssigerweise) eine Jacke mitnehmend, machte ich mich auf den Fußweg. Die Aida Aura war das einzige Kreuzfahrtschiff an diesem Tage, und irgendwie hatte noch nicht jeder in der Stadt mitbekommen, dass wir heute ‚außer der Reihe’ hier waren. Jedenfalls waren die Läden an der Pier noch geschlossen, als ich von Bord ging. Um den Hafen herum, mit Zwischenstopp an den Resten der kleinen Festung ging es in die Stadt. Offenbar feierten die Bewohner heute Knut. Es regnete zwar keine Weihnachtsbäume, aber jeder schien sich für heute vorgenommen zu haben, die Weihnachtsdekoration entsorgen zu wollen. Entsprechend umsichtig war die Uferpromenade zu betreten, denn auch diese wurde heute ‚entschmückt’. Von der Markthalle arbeitete ich mich in gemütlichem Tempo zurück und wieder ein Stück vor. Straßencafés luden ein, einen Moment zu verweilen und die nun wirklich schon warme Sonne zu genießen. Das war Ruhe und Entspannung pur, und so sollte diese Reise mit den vielen Seetagen ja auch werden. Dachte ich zumindest diesseits des Atlantiks noch.

Zurück am Sporthafen noch ein weiteres Stündchen in der Sonne sitzend, nahm ich retour die kleine Hafenfähre, die unmittelbar vor der Aida Aura festmachte. Mittlerweile waren auch die Läden am Pier größtenteils geöffnet, so dass noch ein wenig Zeit verging, bis ich wieder an Bord war. Die Zeit reichte anschließend aus für Kaffee und Kuchen und um sich frisch zu machen. Um 18 Uhr sollte es los gehen. Über den Atlantik.

Zuvor fand noch das Offiziersshaken statt. Nein, man durfte die Offiziere nicht schütteln. Die Offiziere schüttelten, und zwar nicht sich vor Angst vor der Überfahrt, sondern Cocktails. Stilvoll mit Glas in der Hand genossen wir in lockerer Runde das Auslaufen. Diesmal blies unser Horn wirklich dreimal ganz, ganz lang und zügig verließen wir den Hafen. Kurz darauf bekamen wir einen ersten kleinen Vorgeschmack auf karibische Wolkengüsse, als ein nur sehr kurzer, aber heftiger Regenschauer uns traf. Es sollte einer von ganz wenigen sein.

Ein besonderes Highlight beim Abendessen: frischer Fisch vom Markt, eine örtliche Spezialität von Madeira: Schwarzer Degenfisch, auch Espada genannt. Vorzüglich zubereitet, machte er Appetit auf den Ozean, der vor uns lag. Daß ich diesen Fisch Tage später noch sehr inniglich kennen lernen sollte, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht...

Nach dem Abendessen blieb das Theater geschlossen. Es war wieder Poolparty angesagt. So ganz die richtige Partystimmung kam aber noch nicht auf. Zum Einen war es nach Sonnenuntergang wieder recht kühl, zum Anderen hatte wohl jeder im Bewusstsein, dass wir uns mit jeder Drehung unserer teils neuen Antriebswellen zunächst vom Land entfernten. Da uns bald die Dünung wieder erreichte, leerte sich das Pooldeck entsprechend schnell.

Dritter Seetag, der erste von fünf Transatlantik-Tagen. Wieder strahlender Sonnenschein, der mich wieder alle Omeletts dieser Welt vergessen ließ. In der Sonne hielt man es nun auch gut ohne T-Shirt aus, und der Sonnenschutz musste seine Wirkungskraft beweisen. Die Uhr wurde in der vorangegangenen Nacht wieder um eine Stunde zurück gestellt, und das war gut so. Viel stand heute auf dem Programm: neben meiner Stunde im Fitnessbereich stand der Poolbrunch an. Schon um 13:30 Uhr war der Cocktail-Workshop terminiert. Genügend Zeit bis zur nautischen Fragestunde mit dem nautischen Offizier Stephan Giesen, „unserem“ Käpt’n um 16 Uhr, dachte ich. Doch ich ahnte noch nicht, dass wir sozusagen den Fortgeschrittenen-Kurs gebucht hatten. Mit 15 Personen fast voll belegt und betreut von Susann und Christian von der Bar-Mannschaft legten wir los. Es war eine fröhliche Runde (in wahrem Wortsinn: wir saßen im Kreis um die Nightfly Bar herum), welche mit der Zeit immer feucht-fröhlicher wurde. Jeder durfte (bzw. musste) mal ran, und nach mehr als drei Stunden hatten wir über 20 verschiedenste Cocktails, allesamt reihum selbst angefertigt, nippenderweise probiert. Hierbei gelang es uns auch, die neu gestaltete Barkarte ein Stück weit auszutricksen, in dem wie von Geisterhand einige ‚Zutaten’ plötzlich hier waren, die es laut Karte gar nicht mehr an Bord gibt. Dies erweiterte den Horizont unseres Workshops (ja, es gab sogar schriftliche Seminar-Unterlagen!) und (ver)führte dazu, den einen oder anderen Cocktail zweimal mit leicht abweichender Rezeptur zu mixen.

Schrieb ich gerade, es dauerte über drei Stunden? Viel länger hätte es auch nicht gehen dürfen, sonst hätte meine Leber aufgegeben. Das Jahr über fast Antialkoholiker, war ich besonders schwer von den Folgen betroffen. Zum Abschied erhielt jeder Teilnehmer ein Diplom (sogar dem besonderen Termin entsprechend mit „Aida Fans“-Schriftzug), welches ihn/sie nun als Hobby-Barmixer auswies. Macht sich sicher zukünftig nett in der Referenzenmappe.

Über drei Stunden??? Himmel, die nautische Fragestunde wollte ich ja allein um des Vortragenden willen nicht versäumen. Viel zu spät eintreffend, drückte ich mich in eine der hinteren Reihen. Armer Stephan. Die Fragen waren oft nicht dumm, sondern dümmer. Und hatten mit Nautik in etwa so viel zu tun wie mein aktueller Cocktail... pardon: Alkoholspiegel mit den Guttemplern. Kostproben? „Warum ist es seit letzter Nacht nicht mehr möglich, deutsche Fernsehprogramme zu empfangen?“ „Warum wird die Geschwindigkeit eines Schiffes immer noch in Knoten gemessen – schließlich haben doch die meisten Länder inzwischen auf das metrische System umgestellt.“ Ohne (weitere) Worte...

Ich wartete bis zum Schluß, ging dann zu Stephan, stelle mich kurz vor, und wir unterhielten uns anschließend noch ein wenig an der Aida Bar – diesmal alkoholfrei. Stephan war es auch, der seetäglich um 13 Uhr die aktuellen Positions- und Wetterdaten verkündete. (Der echte Kapitän machte seine tägliche Durchsage bereits um 10 Uhr, was manchen dazu bewog, am Tage zu berichten, vom Kapitän geweckt worden zu sein.)

Verpasst hatte ich an diesem Tag den Vortrag „Was Männer denken und was Frauen wünschen...“ von der mitreisenden Referentin Frau Veronika Zickendraht. Obwohl recht viele daran teilnahmen, gelang es mir in der Folge nicht, nähere Weisheiten zum Thema in Erfahrung zu bringen. Vielleicht war das der Grund (vielleicht aber auch der Alkohol vom Nachmittag), mich für ein anderes Seminar von Frau Zickendraht anzumelden: „Sympathien sind erlernbar“ – doch das sollte erst übermorgen stattfinden...

Nicht verpasst hatte ich kurz vor Sonnenuntergang den Frachter an Backbord. Das einzige Zeichen an diesem Tag, dass das Meer uns nicht ganz allein gehört.

Ebenfalls nicht verpasst habe ich, dass wir während des Workshops aufgefordert wurden, gegen 18:30 Uhr doch mal bei Aida-TV, dem Bordfernsehen, vorbei zu schauen. Immerhin die knappe Hälfte der Workshop-Teilnehmer schaffte es. Ich dachte mir wenig dabei. Erstens waren die Restaurants schon geöffnet, und wer nicht dort war, stand sicher unter der Dusche, um bald dort hin zu gehen. Erst an den Folgetagen wurde mir bewusst, dass dieses Bordfernsehen wohl tatsächlich traumhafte Einschaltquoten erzielt.

Irgendwie kam ich nach dem Abendessen noch zu einem Kaffee, bevor ich die Stimme meiner Kabine hörte, die unweigerlich nach mir zu rufen schien.

Vierter Seetag, zweiter der Atlantik-Überfahrt. Nur unter der Dusche merkte ich meinem Kopf den gestrigen Tag an. Draußen schien wieder die Sonne, es war wieder eine Stunde früher und ein Grad wärmer. Grund genug, das Omelett gegen einen Logenplatz am Wasser einzutauschen. (Warum erwähne ich das? Ein zweites Omelett gab es auf dieser Reise nicht für mich! Der Ausblick auf die See – und später die anzulaufenden Inseln – war mehr wert als alle Eierspeien dieser Welt!) Die Schiffsbewegungen ließen etwas nach – oder hatte man sich nur daran gewöhnt? Erwartete man mittlerweile gar, dass der nur scheinbar feste Boden unter den Füßen schwanken musste?

Die Sonne schien heute bis in die Herzen der Leute hinein. Wohin man blickte, schaute man in lächelnde Gesichter. Und da geschah es. Auf dem Pooldeck stehend, schaute ich nach oben, sah die Sonne, den blauen Himmel mit ein, zwei kleinen Wölkchen – und realisierte plötzlich, dass ich Urlaub habe! Dazu muß man wissen, dass ich längere Kreuzfahrten bevorzuge. Mit nur einer Woche kann ich nicht viel anfangen, weil ich immer eine Zeit brauche, um richtig abschalten zu können. Und irgend etwas hatte soeben diesen Schalter bei mir umgelegt. Herrlich! Ich hätte die Welt umarmen können – eine Welt, die heute nur aus uns auf der Aida Aura bestand, denn sonst gab es nur Wasser und Himmel. Nichts, rein gar nichts erinnerte uns heute daran, dass es ein Leben außerhalb dieses Schiffes gab. Um uns herum war nichts, und wir fuhren weiter ins Nichts – schließlich entfernten wir uns immer noch kontinuierlich vom nächsterreichbaren Stück Land.

Nun frage ich mich, wie ich diesen Tag verbracht habe. Ehrlich: Ich weiß es gar nicht so genau. Sicher, die Stunde auf dem Laufband sitzend gab es (ich glaube, an diesem Tag ist auch diese Bezeichnung geboren worden), aber sonst? Nun, je länger ich nachdenke: ich habe wahnsinnig viele nette Gespräche mit netten Reisenden geführt. Ungewöhnlich viele Wiederholer waren an Bord. Auch wenn die meisten davon bisher nur Aida gefahren waren (und die wenigsten davon mit meiner nach wie vor geliebten Blu), gab es herrliche Gespräche über den Virus, der uns alle irgendwann, irgendwie befallen hat. Und die, für die dies die erste Kreuzfahrt war, wurden langsam, ganz langsam ebenfalls infiziert. (Auch, wenn sie es - noch - nicht glauben wollten, nicht wahr, Katrin?)

Da heute sonst nicht viel passiert ist, nutze ich die Gelegenheit mal dazu, als leidenschaftlicher Raucher die diesbezügliche Situation an Bord zu beschreiben. Recht kurzfristig hat Aida Cruises ein Rauchverbot in allen Kabinen und nahezu allen öffentlichen Räumen seit dem 01.01.08 verfügt. Und eigentlich stand für mich fest, nun nie wieder mit Aida fahren zu wollen. Aber man sollte nie nie sagen – besonders wenn wie hier und jetzt die Traumroute zur rechten Zeit und zum Schnäppchenpreis angeboten wird.

Laut Aida Cruises ist das Rauchen noch gestattet auf den Kabinenbalkons, in der Anytime Bar sowie auf den Freidecks, sofern dies nicht im Einzelfall aus Sicherheitsgründen untersagt ist. Die bald 30 rauchenden Jahre meines Lebens bin ich immer gut damit gefahren, dann zu rauchen, wenn Aschenbecher bereit gestellt sind. Und umgekehrt, dies zu lassen, wenn keine Aschenbecher da sind. Und somit ergibt sich folgendes Szenario: Kein Rauch mehr auf den Decks 3, 4, 5, 8 und 9. Auf Deck 6, wo sich eine umlaufende Promenade befindet (ok, um ganz rund zu kommen, muß man am Heck rauf auf Deck 7, um den Kids Club zu umgehen – aber das lasse ich mal als „umlaufende Promenade“ gelten), stehen Aschenbecher unter den Rettungsbooten auf beiden Seiten bereit. Deck 7 bietet zum Einen die Balkonkabinen. Allerdings gibt es davon auf der Aura sowie der baugleichen Vita nur 54 – von 633 Kabinen insgesamt. Als Raucher eine dieser aufgrund der geringen Anzahl recht teuren Kabinen zu ergattern hatte ich versucht, allerdings waren diese bereits ausgebucht. Bleibt als Zweites die Ocean Bar am Heck für die Raucher. Auf dem Pooldeck (Deck 10) stehen Aschenbecher rund um den Pool und an der Poolbar bereit. Auch an den schönen Veranda-Schaukeln der Hemingway-Lounge waren sie vorhanden. Am Heck in der Anytime Bar standen rund um die Uhr Aschenbecher bereit. Barbetrieb war dort täglich ab 11 Uhr, aber der Zugang war nicht verschlossen. (Immerhin: das hatte ich im letzten Sommer auf der Bellriva anders erlebt: dort war die Bar als einziger Raucherraum außerhalb der Betriebszeiten verriegelt!) Auch im Außenbereich der Anytime Bar gab es Tischascher, allerdings erst während der Öffnungszeit.

Auf dem Sonnendeck (Deck 11) gab es keine Aschenbecher außer zweien direkt am Ausgang des vorderen Treppenhauses. Somit galt für mich hier Rauchverbot. Einzelne Passagiere nahmen sich Aschenbecher von Deck 10 mit hier hoch, doch das war eine verschwindend kleine Zahl. Auf Deck 12 schließlich, dem FKK-Deck, war ich nur einmal am Abend. Dort waren einige Tischascher an den Liegen geparkt.

Während ich tagsüber ganz gut zurecht kam (und auch schon mal je nach Anlass mehrere Stunden auf mein Laster verzichtete), vermisste ich die Gelegenheit, abends gemütlich einen Kaffee zu trinken, idealerweise bei ruhiger Musik oder eine gepflegte Unterhaltung führend – und dabei eine Zigarette zu rauchen. Da die Anytime Bar abends als Disco dient, war dies kein adäquater Ersatz. Und die Ocean Bar war (obwohl recht versteckt liegend, vielleicht wegen der vielen Wiederholer) stets stark frequentiert, so dass dies der einzige Ort an Bord war, wo es mitunter schwierig wurde, einen Platz zu ergattern. Zudem schloß die Ocean Bar spätestens um 1 Uhr, wobei dies manches Mal auch erheblich früher der Fall war.

Was ich also nicht besucht (und etwas vermisst) habe, waren die „kleinen“ Events. Die Solovorträge von Sängerinnen aus dem Showensemble, die Crew Show (Welche wieder zu später Stunde in der Aida Bar statt fand – meiner Meinung nach sollte der Crew die große Bühne im Theater gebühren. Oft sind hier wahre Talente am Werk, die ihre ohnehin nicht üppige Freizeit für Proben opfern.) und Abende bei Klaviermusik in der Nightfly Bar.

Wie ich mich mangels Balkon mit dem Rauchverbot besonders am Morgen in der Kabine zurecht gefunden habe, möchte ich hier lieber verschweigen. Nur so viel dazu: Das Fenster ist mit rund 30 Schrauben gesichert – und das war mir entschieden zu mühsam...

Nach der Show saßen wir noch in lockerer Runde draußen (!) zusammen. Auch wenn der Wind (welcher mittlerweile und für den großen Rest der Reise eine Stärke von 5 – 6 hatte, in Böen kurzfristig 7) sich recht kühl anfühlte, genoß es Jede(r) und das allgemeine Bedauern derjenigen, die nun zu Hause sitzen müssen (oder wollten, denn es gab ja genügend Gäste, die die Reise wegen der Routenänderung storniert hatten), zauberte wiederum ein Lächeln auf alle Gesichter der Anwesenden...

... und damit wieder Tschüß bis morgen...

Gruß

Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Daniel »

Ja, diese gottverdammten Knoten! :lol: Unser Käpt'n hats ned leicht... ;)
Hat wieder Spaß gemacht zu lesen!
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von ferrycruiser »

Moin,

wann kommt den endlich der nächste Teil?? Ach ja - und nochwas: Wenn die Geschwindigkeit schon nicht in Kilometern gemessen wird, warum wird dann nicht auch die Schiffslänge in Knoten gemessen?
;)

Ahoi,
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von fneumeier »

Lieber Diddn,

ich bin zwar mit Sicherheit nicht der AIDA Typ (o.k., wie war das mit dem Niemals Nie Sagen?), aber dennoch warte ich auf die Fortsetzung :D !

Tja, und was dieses Raucherproblem angeht, scheint mir eine TA die beste Möglichkeit zu sein, damit aufzuhören (sagt diejenige, die seit 40,5 Jahren nur ein Problem mit rücksichtslosen Rauchern hat, zu denen Du ja nicht gehörst). Ich habe eine Bekannte in den USA, die wegen des Rauchverbotes ihre Lieblingsreederei RCCL boykottieren möchte!!

Und wie war das: Gehört zu den Top 10 der Fragen nicht: Produzieren Sie hier auch ihren eigenen Strom? Nein, wir haben da ein Unterseekabel, mit dem wir per Stromabnehmer verbunden sind...

Gruß

Carmen
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

Und hier isser, der nächste Teil. Viel Spaß beim Lesen!

Fünfter Seetag, dritter Seetag auf dem Weg über den Atlantik. Was dies für ein besonderer Tag war, erschloß sich mir am Morgen noch nicht. Wieder schien die Sonne, wieder war es ein Grad wärmer, und zunächst war die Verwirrung beim Frühstück, welches sich nun auch ohne Probleme draußen einnehmen ließ, groß. Hatte unser Foren-Kapitän denn nicht gestern Mittag verlautbart, dass die Uhren wieder mal zurück gestellt werden? Hatte er, allerdings war ihm wohl entgangen, dass ausgerechnet heute die Zeit zwar nicht stehen blieb (wie schade!), aber auch nicht korrigiert wurde. Na ja, einige mehr als sonst berichteten heute, vom (richtigen) Kapitän geweckt worden zu sein, sonst war nichts passiert.

Heute war zumindest schon einmal ein besonderer Tag, da die Hälfte der Transatlantik-Überquerung am frühen Nachmittag geschafft war. So viel war klar. Heute war aber auch der Tag, an dem nahezu jedem die Faszination einer solchen Reise bewusst wurde. Selbst die, die eigentlich nur in der Karibik kreuzen wollten, sprachen nun davon, dass sie es besser trafen, als – nein, nicht nur, als erwartet, sondern auch als - ursprünglich gebucht! Aus Lieber-Transatlantik-als-gar-kein-Urlaub-Reisenden wurden Transatlantik-Fans. Ab heute trauerten nur noch wenige Panama und Kolumbien, den verpassten Häfen, hinterher. Alle wollten nur noch die Seereise, genau diese Seereise, genießen. Und keinesfalls mehr tauschen. Nicht mal mit dem Katamaran, der uns am Morgen in einiger Entfernung in Gegenrichtung passierte.

Besuch gab es gegen Mittag. Einige Vögel begleiteten uns ein gutes Stück, setzten sich kurz zum Verschnaufen aufs Pooldeck – und waren wohl aufgrund der dort stehenden Plastik-Palmen und –Felsen ein wenig irritiert. Ein offensichtlich vogelkundlich bewanderter Passagier wusste zu berichten, dass es sich dabei um afrikanische Reiher handelte, welche nicht mal von Fisch, sondern vom Ungeziefer afrikanischer Steppenherdentiere lebte. Was in aller Welt hat sie hierhin, mehr als 2000 Kilometer entfernt von jeglichem Land, verschlagen? Nun, sie antworteten nicht, und so wird dies eines der wenigen Rätsel dieser Reise bleiben.

Bei solch glänzender Stimmung an Bord wurde schon am Nachmittag die halbe Strecke gefeiert, dem karibischen Ziel entsprechend mit Rum Punsch. Da dieser zunächst nach Fruchtpunsch schmeckte, merkte ich die Wirkung erst beim vierten Glas. In der Sonne. Macht nichts, auch der leicht verbrannte Rücken, den ich der Sonne über (zu) lange Zeit zuwandte, tat da später keinen Abbruch. Am Nachmittag war dann, wohl in Ermangelung einer Äquator-Überquerung, die „Atlantik-Taufe“ angesagt. Lag es am Rum Punsch, oder an der allgemein nicht nur guten, sondern sehr guten Stimmung? Jedenfalls war ich mit dabei, bei bestimmt 100 Freiwilligen, die sich hier zur eigenen und der Anderen Gaudi zum Affen machten. Sechs Aufgaben galt es zu bewältigen, wovon die ersten vier in der Aufnahme an sich nicht genießbarer Nahrung lagen. Lediglich Nummer zwei war halbwegs als Spaghetti zu erkennen, wenn auch Farbe und Geschmack nicht mit der landläufigen Meinung überein stimmten. Nummer vier bestand aus kalter Tomatensoße, allerdings mit allerlei Gewürzen derart verfeinert, dass es im Hals kratzte. Zur fünften Aufgabe sollte ich (wie auch alle anderen) nähere Bekanntschaft mit einer der zwei übrig gebliebenen Espadas machen: Es galt, sie zu küssen. Und ich kann mir beileibe schönere Knutschpartner denken als diese, nun den vierten Tag auf Eis liegende Espada. Das abschließende Bad im Pool, also der eigentliche Taufvorgang, bildete dann einen erfrischenden Abschluß, der von der Namensvergabe durch Neptun persönlich noch gekrönt wurde. Jeder Teilnehmende bekam einen Fischnamen, wobei der Anfangsbuchstabe des Vornamens auch den Anfangsbuchstaben des Fisches bestimmte. Dorade heiße ich nun, immerhin ein wohlschmeckender Fisch ist mein Pate. Zwei Tage später gab es tatsächlich noch eine Urkunde darüber. Auch diese wird nun meine Referenzenmappe erweitern und dem Betrachter Einblick in meinen nun doch schon stark ins Zweifelhafte gehenden Lebenslauf bieten.

Schon schweren Herzens gab ich meine Liegeposition in der Sonne auf, um dem gebuchten Workshop mit Frau Zickendraht meine Aufmerksamkeit zu schenken. Eigenartig: Der Titel war, je nach Quelle, ganz anders: Im Tagesprogramm war es noch „Sympatien zu gewinnen ist erlernbar“. Im „Edutainment“-Flyer wurde dies ergänzt durch die Überschriften „Geheimnisse der Augensprache“ und „Die Kunst aus den Gesichtern zu lesen“. Irgendwo anders wurde es beworben als ultimative Hilfestellung zur Anbahnung zwischenmenschlicher Beziehungen. Oder so ähnlich.

Nun denn, 10 Personen wollten sich den Vortrag nicht entgehen lassen. Vorher jedenfalls. Vollkommen ziel- und orientierungslos jagte die Referentin die Anwesenden von einem von rund 20 angeschnittenen Themen zum nächsten. Na ja, die 90 Minuten gingen irgendwie rum und sorgten in der Folge für etliche Lacher an den nächsten Tagen (und im Grunde genommen bis zum heutigen Tag). Aufgrund dieser Erfahrung zog ich es vor, mich von weiteren Vorträgen von Frau Zickendraht (deren Qualifikation wohl darin bestand, dass sie Autorin von zwei nicht mehr erhältlichen Büchern war) Abstand zu nehmen. Auch die anderen „Edutainment“-Angebote schlug ich in der Folge danken aus. Mit an Bord waren noch Elvira Reetz, die Kreativ-Kurse im Schmuckbasteln anbot, sowie Dagmar Hoffmann, die sich in mehreren Kursen zur Numerologie und zum Kartenlegen äußerte. Während die „Edutainment“-Angebote auf früheren Reisen durchaus auch bedingt alltagstauglich waren, merkte man hier doch enorm, dass man wohl aufgrund der kurzfristig angesetzten Reise recht verzweifelt nach Referenten gesucht hatte.

Den ganzen Tag über war das ganze Schiff irgendwie ein Stück aufgedreht. Man war einfach nur glücklich, heute hier zu sein. Und dieses ganze Glück sollte sich nach dem Abendessen entladen. Angekündigt war für 21:30 Uhr der „Große Transatlantik Schlagermove“ mit den Stars „Bine, Ron und die Schlagertörtchen“. (Aida-Fahrer wissen, was sich dahinter verbirgt.)

Dazu brauchte man den Discjockey, und dieser wurde im Anschluß ab 23:30 Uhr in der Anytime Bar zur Disco wieder benötigt. Man ging also von einer Dauer von +/- 2 Stunden aus. Doch heute wurde die Tagesplanung ohne die Passagiere gemacht. Alle, wirklich alle Passagiere hatten sich auf dem Pooldeck und dem als Aussichtsbalkon geeigneten Sonnendeck versammelt. Die, die sich jünger fühlten, waren unten, und die, die eher nur zuschauen wollten, waren oben. Und es geschah etwas nahezu unfassbares: Es blieben einfach alle hier. Zu schön war das gemeinsame Feiern auf hoher See. Selbst nach drei, vier Stunden waren Pool- und Sonnendeck voller Menschen, die diesen Tag feierten. Erst nach geschlagenen sechs Stunden ließ man die „Stars“ schweißgebadet von der Bühne, nur um danach in der Anytime Bar weiter zu feiern. Ein zwischenzeitlicher kurzer Gang auf die Kabine bestätigte, dass alle anderen Bars schlicht leer waren. Aus knapp 900 Gästen, von denen die wenigsten die Intention hatten, jemals über den Atlantik fahren zu wollen, war eine Gemeinschaft einfach nur glücklicher Menschen mitten auf dem Meer geworden. Ein solches Erlebnis hatte ich noch auf keiner Kreuzfahrt, und heute stand fest, dass dies einer der gelungensten Urlaube meines Lebens war, werden und sicherlich auch bleiben wird. Und diese Meinung teilen einige hundert andere Gäste mit mir.

Gegen 5 Uhr (immerhin alter Zeit, denn in dieser Nacht wurden die Uhren zum vierten und vorletzten Mal eine Stunde zurück gestellt) zog es mich dann endlich ins Bett, wobei ich nun wirklich nicht der Letzte war...

Sechster Seetag, der vierte der Atlantik-Überquerung. Abermals schien die Sonne, und wie selbstverständlich stieg das Thermometer um ein Grad. Wenn man draußen in der Nähe einer Tür war, merkte man den kühlen Luftzug, der nach hinaus drang. Die Klimaanlagen arbeiteten mittlerweile ganz gut.

Trotz der kurzen Nacht schaffte ich es noch so gerade, zum normalen Frühstück zu erscheinen. Machte aber nichts, denn heute waren alle irgendwie etwas später dran. Lange blieb man am Frühstückstisch, draußen, achtern des Calypso-Restaurants, sitzen. Und niemand hatte etwas dagegen, dass hier Tische langfristig besetzt waren, viel länger als eigentlich das Frühstück dauern sollte. Im Gegenteil, auch die Kellner ermunterten zum Sitzenbleiben. Der Kaffee wurde nachgeschenkt, ging jemand zum Buffet, war der Platz mit Besteck und Servietten neu eingedeckt, bevor man zurück kehrte. Hut ab vor soviel Motivation der Restaurant-Crew, die bei voller Belegung des Schiffes inzwischen wieder Mühe haben werden, die Tische in halbwegs annehmbarer Zeit abzuräumen.

Somit kam man vom Frühstück just in dem Moment auf das Pooldeck, als der Poolbrunch eröffnet wurde. Und da das heutige Thema (warum auch immer) „Spanien“ hieß, gab es dazu die passende Sangria. Der Tag wurde von den meisten ausgiebig zum Kräftetanken genutzt, so dass den großen Ereignissen am Abend entgegen gefiebert werden konnte.

Da nun Seetag ist, bleibt Zeit, die genauen Gründe, warum dieser bunt zusammen gewürfelte Haufen nun ausgerechnet hier statt in der Karibik den Urlaub verbringt, zu beleuchten. Es war nicht einfach, denn genauere ‚offizielle’ Stellungnahmen gab es nicht. Hier war Aida Cruises wieder, wie bei der Zahl der Passagiere, sehr einsilbig. Offenbar gab es vor Weihnachten auf dem Weg nach der Werftliegezeit nach Palma de Mallorca einen Zwischenfall, dessen Ursache zunächst unklar war. Es wurde zunächst nur festgestellt, dass die Geschwindigkeit des Schiffes immer mehr abnahm, was Kapitän Thomas Mey zur Umkehr in die Werft bewog. Dort lief man schließlich mit einer Restgeschwindigkeit von 4 – 6 Knoten (je nach Quelle) mit eigener Kraft ein. Mittlerweile stand auch schon fest, dass eine der Antriebseinheiten defekt war. Es sollte ein nicht reparabler Lagerschaden an einer der Antriebswellen sein, wie sich heraus stellen sollte. Wodurch dieser, noch dazu unmittelbar nach einer Werftzeit, verursacht wurde, wurde nicht genau bekannt und spekulieren möchte ich auch nicht. Jedenfalls erwies es sich als glücklicher Zufall, dass zur Bauzeit der Vita und Aura insgesamt sechs Wellen hergestellt wurden. Offenbar geschah dies, da man von der Endqualität nicht restlos überzeugt war und tatsächlich wurde damals eine dieser Wellen als nicht einsetzbar beurteilt und verschrottet. Die sechste Welle wurde dann wohl fachgerecht eingelagert. Und nun im Dezember innerhalb 48 Stunden per Schwertransport (die Länge einer solchen Welle wurde, wiederum je nach Quelle, mit 17 bis 19 Metern bezeichnet; zum Gewicht habe ich nichts gehört) nach Genua verbracht. Dort wurde diese in mehrtägiger Arbeit von der Einlagerungs-Konservierung befreit und gegen die defekte Welle getauscht. Wohl erst am 3. Januar stand endgültig fest, dass der Tausch geglückt war. Eine echte Alternative hätte es wohl nicht gegeben. Da sich bei Fahrt mit nur einem Antrieb auch die zweite Welle mit dreht, hätte diese entfernt, und die Rumpföffnung verschlossen werden müssen. Mit nur einem Antrieb wäre aber die Reise über den Atlantik nicht nur viel langsamer, sondern auch überhaupt nicht statthaft gewesen...

An dieser Stelle also noch mal meine Hochachtung vor den sonst für andere Dinge oft (und oft zu Recht) gescholtenen Verantwortlichen und allen Mitarbeitern im Hause Aida Cruises. Für über 1.200 Passagiere fiel die Weihnachts- und Neujahrsreise aus. Für die Mitarbeiter der Reederei fiel dagegen Weihnachten und Neujahr aus. Daher: Danke! Sicherlich auch im Namen Aller, die mit mir nun unterwegs waren.

Besuch gab es auch heute wieder. Am Morgen und am Nachmittag waren Delphine zu sehen, und dank des Sitzplatzes auf dem Laufband (Wer hat diesen Unsinn eigentlich verbrochen?? Ich war doch auf dem Cross-Trainer, und darauf kann man nur stehen?!?) samt der davor befindlichen Panoramascheiben erhaschte auch ich immerhin einen Blick darauf.

Heute war „Bergfest“ – die erste Urlaubswoche war um, und zu diesem Anlaß ließ es sich die Küche nicht nehmen, ein exquisites Buffet noch vor dem heute besonders hochwertigen Abendessen am Pool zu präsentieren. Neben Canapees und diversen kleinen Schmankerln gab es nach der (mehr oder weniger freiwilligen) humorigen Ansprache von Kapitän Thomas Mey auch einen ganzen Berg Austern. Liebhaber dieser Dinger (zu denen ich nicht zähle) und die, die sich dafür halten (wozu ich mich auch nicht zähle) stürmten geradezu die damit ausgefüllte Mitte des Buffets. Wobei sie ihr offenkundiges Ziel, möglichst alle Austern in Rekordzeit zu verputzen, klar verfehlten. Erstens war es nichts mit dem Zeitenrekord, und zweitens war es gar nichts, denn – so sehr sie sich auch mühten – Küchenchef Klaus Pechbrett und seine Crew zauberten immer mehr davon hervor, so dass zum Schluß noch immer ein Rest blieb. Gut, dass ich mich zurück hielt, denn das ‚normale’ Abendessen bestand wiederum aus mehr appetitlich leckeren Sachen, als ich zu probieren vermochte. Manchmal wünscht man sich doch einen größeren Magen...

Am Abend gab es vor der Show die Verlosung der Transatlantik-Tombola, die eigentlich als Silvester-Tombola geplant war, aber wohl zu diesem Zeitpunkt in der genuesischen Werft nicht viel erbracht hätte. Erstaunt war ich, dass relativ wenige Lose an den Vortagen verkauft wurden (da hatte ich mit wesentlich mehr gerechnet), was meinem Glück aber letztlich auch nicht dienlich war. Immerhin gingen die Einnahmen an die SOS-Kinderdörfer, so dass man in jedem Falle etwas für einen guten Zweck tat.

In gemütlicher Runde draußen an der Anytime Bar wurde der Abend später dann beendet.

Siebter und letzter Seetag, der fünfte Transatlantik-Seetag. Zum letzten Mal wurde in der vergangenen Nacht die Uhr eine Stunde zurück gestellt. Ein Stück Wehmut lag in der Luft. Jedem war klar, dass dies der letzte der wunderbaren Tage auf dem Meer war. Wenn jetzt die Welle wieder kaputt gegangen wäre, hätten sicherlich alle begeistert zu den Rudern gegriffen – allerdings hätten wir Barbados wohl erst noch dreimal umrundet, um noch einen zusätzlichen Seetag gewinnen zu können...

Fern am Horizont war abends ein einsames Segel zu sehen – der dritte und letzte Hinweis während der gesamten Überfahrt darauf, dass es außer uns noch menschliches Leben auf dem Atlantik gab.

Den Vorsatz, Bücher zu lesen, habe ich längst aufgegeben. Auch das Laptop habe ich wohl ganz umsonst dabei. Die gedruckten DPA-News, die es täglich an der Rezeption gibt, holt man zwar noch, liest sie aber bestenfalls noch dort, wo man wirklich nichts Besseres zu tun hat. Selbst das Tagesprogramm ist nebensächlich. Die Passagiere sind vielmehr mit sich selbst beschäftigt. Nein, nicht jeder mit sich selbst, sondern alle miteinander. Man spricht miteinander, man spielt miteinander, man lacht miteinander. Freundschaften entstehen, auch über Generationsgrenzen hinweg. Manch Siebzigjährige hängt mit ihrem Elan die Fünfunddreißigjährigen ab. Das Schiff macht den Eindruck eines großen Hauses, dass von einer großen Familie bewohnt wird. Die Sonne, das Meer und die Mitpassagiere genießend, verbrachte ich den Tag. Pläne wurden für die bevorstehenden Landgänge geschmiedet, Verabredungen getroffen. Der Poolbrunch um 11:30 Uhr sorgte nochmals für eine rekordverdächtige Schlange ab 11:15 Uhr, vom Freibier-Zapfhahn bis zum Eingang des vorderen Treppenhauses reichend. Die Liegenreservierer hatten längst resigniert, denn so viele Handtücher, Bücher, Brillen und was weiß ich nicht noch alles gab es nicht, wie es Liegen gab. Ebenfalls auf verlorenem Posten waren die Tischbesetzer in den Restaurants. Die besonders pfiffigen, auf Außenplätze lauernden Exemplare, schlichen sich bereits 10 Minuten vor der Öffnung der Restauranttüren heimlich, still und leise vom Freideck der Anytime Bar ein Deck herunter und besetzten, was sie besetzen mussten. Doch auch sie hatten langsam resigniert, weil auch Jede(r), der/die nach ihnen kam, einen Platz nach Wunsch bekam. Meine Güte, muß so was frustrierend sein, wenn man sich offenbar schon seit Wochen – wenn nicht gar seit Monaten – die Taktik zur Besetzung vermeintlich strategisch wichtiger Tische oder Liegen zurecht legt und alle diese Bemühungen dann letztlich vergebens, weil überflüssig, sind.

Weil ich gerade bei „überflüssig“ bin: Zum Glück gab es, außer den Anti-Seekrankheits-Heftpflasterträgern, wohl keine größeren körperlichen Beeinträchtigungen. Recht oft sah man beide Ärzte, was wohl auf wenig Arbeit hin deutet. Auch sie hatten sich besonders auf die Überfahrt vorbereitet: Bereits am ersten Seetag gab es einen Ärztetreff, zu dem alle anwesenden Ärzte eingeladen waren. Gut, geballtes Fachwissen bereits zu Beginn zu ordnen. Ärzte unter den Passagieren waren mir allerdings keine begegnet. Statt dessen sollte man annehmen, dass die Hälfte der Apotheken in Deutschland in diesen zwei Wochen geschlossen hatten...

Apropos geschlossen: im Freien war man froh, wenn die Eingangstüren geschlossen blieben, denn mittlerweile kam da ein schon fast als unangenehm zu empfindender kalter Luftzug heraus. Kein Zweifel: bald sind wir in karibischen Gewässern.

Schon am Nachmittag kündigte sich eine Revolution an: Laut schreiend enterten zuerst die kleinsten Piraten aus dem Kids Club nach und nach jeden Raum des Schiffes. Während des Abendessens war es dann soweit: die bislang unbekannte Stimme des Piraten Jack erklärte unser Schiff für geentert. Die Animation wurde von den Piraten übernommen, und so konnte die abendliche Piraten-Poolparty mit einer sehr ansprechenden Lasershow starten. Doch die Eigendynamik des vorvergangenen Tages kam nicht mehr auf. Zu sehr waren alle damit beschäftigt, sich auf die Karibik vorzubereiten. Und ich war sicher nicht der Einzige, der vor dem Zu-Bett-gehen nicht nur nach den Sternen, sondern auch mehr oder weniger heimlich schaute, ob schon Land in Sicht sei...

... und morgen kommen wir auf Barbados an - versprochen!

Gruß

Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Daniel »

Wieder sehr lesenswerte Zeilen. Man spürt die Emotionen.

Errinert mich stark an an die berühmte und letzte Trans-Asia im Jahre 2003! Da auch wir keinen Äquator hatten gab es am 4. Seetag zwischen Mumbai und Sharm El Sheikh eine Trans-Asia-Taufe, und ich trage seitdem den Namen Dorsch! :cool: Naja, was willst machen? Immerhin gabs ne Urkunde... :D
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von fneumeier »

Hhmm, das Kreuzfahrtschiff enternde Jungpiraten. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Die Papieraugenklappe habe ich erst beim Umzug entsorgt. Das selbst bemalte Piratenkopftuch liegt immer noch bei uns rum :D . Das war aber nicht AIDA, sondern RCCL.

Und ansonsten bin ich gespannt auf Barbados und was noch kommen mag!

Gruß

Carmen
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

Bridgetown, Barbados. Die Stimmung beim Frühstück war aufgewühlter, als ich es von Abreisetagen kenne. Dabei waren wir doch 'nur' auf den letzten Metern unserer Altaltik-Überquerung. Hektik machte sich breit, dabei waren wir noch nicht mal im Hafen. Vor uns lief die „Crown Princess“ ein, und erhaben lag sie bereits an der Pier, als sich unser Lotse näherte. Ziemlich voll war es, denn auch „Club Med 2“ sowie die „Tatoosh“ (eine ‚Privatyacht’ von Microsoft, die alle denkbaren – und bis dato schlicht nicht denkbaren – Spielsachen mit sich führte: Jet Ski, Zodiac, Motoryacht, Segelyacht, Hubschrauber... alles war da drauf oder seitlich dran!) lagen bereits dort. Behutsam und mit dezenter Schlepperhilfe ‚parkte’ Thomas Mey die Aida Aura in die letzte verbliebene Lücke, zwischen einen Containerfrachter und die „Tatoosh“. Hut ab, denn der Wind war mit sechs Stärken nicht ohne, und vorn und hinten verblieben zusammen nicht mal 30 Meter Platz. (Ich schreib’ jetzt besser nicht, was mir da spontan zum Einparken verbal herausgerutscht ist – sehr zum Missfallen der in der Umgebung stehenden Damen...)

Noch vor der Planzeit war das Schiff freigegeben, und gegen 10 Uhr machten wir uns zu viert auf den Weg, Barbados zu erkunden. Nach einigen wenigen Minuten hatten wir einen Taxifahrer ausgesucht und waren handelseinig. Zehn weitere Passagiere der „Crown Princess“ (allesamt Italiener, die aufgrund der italienischen Flagge am Heck der „Aida Aura“ in Verzückung gerieten) ließen wir in der Stadt aussteigen, und dann ging es für uns weiter über die Insel. Erst ein Stück nach Norden und dann rüber zur Ostküste, hatten wir uns ausgesucht. Es war ein schöner Ausflug, wir genossen das Wetter, den Wind und die Sonne, die wieder nur für uns zu strahlen schien. Der Fahrer war eifrig dabei, uns mit kurzen Infos zu versorgen und die Stops waren von ihm gut gewählt.

Zum Ende hin wollten wir am Stadtstrand aussteigen und ein, zwei Stunden am Strand im feien, weißen Sand tat unendlich gut. Allerdings wären wir besser erst ein Stück weit den Strand entlang gegangen. Hier, direkt am Beginn des Strandes, drang Dauer-Beschallung des benachbarten Strand-Clubs herüber – und dort war wohl für alle von Aida organisierte Ausflüge das Ziel.

Zurück ging es durch Georgetown zu Fuß, und auch den Weg zum Hafen legten wir zu Fuß zurück. Irgendwie war es doch noch ein wenig ungewohnt, mehr als 100 Meter am Stück geradeaus zu gehen.

Pünktlich zum Auslaufen gab es auf dem Freideck der Anytime Bar Erdbeerbowle. Warum diese aber hauptsächlich aus Kirschen bestand, konnte niemand erklären... Jedenfalls stießen wir zum Abschied auf diesen schönen Tag an, und nachdem die „Crown Princess“ den Hafen vor uns verließ, winkten wir unserem ersten Karibik-Traum dieser Reise ein letztes Mal zu, während Enya wieder aus Leibeskräften sang.

Irgendwie war der Landausflug wohl doch sehr anstrengend, denn kurz nach dem Abendessen zog es mich Richtung Kabine. Das ging aber wohl Vielen an Bord so, denn nahezu jede(r) wusste am nächsten Morgen von einer langen, schlafreichen Nacht zu berichten. Eigentlich schade, denn heute war die Crew Show angesetzt, allerdings erst um 22:30 Uhr. Wach wurde ich zwar einmal zwischendurch, aber da war es leider schon zu spät. Vorsichtshalber stelle ich mir den Wecker für den nächsten Morgen.

Kingstown, St. Vincent. Punkt 7 Uhr klingelte der Wecker. Durch das Fenster sah man schon Land. Ich schaltete den Fernseher an, wollte schon mal einen Blick durch die Bugkamera erhaschen. Doch was sah ich da? Reckte da jemand sein Hinterteil in die Kamera? Tatsächlich. Und schon stutzte ich: Das kannte ich doch. Das kannte ich sehr gut! Nur die zweite Tan-Line (wie heißt das eigentlich auf deutsch?) kam mir ungewohnt vor. Immer größer wurde IHR bestes Teil, unweigerlich. Ich war ganz aufgeregt. Nie hätte ich zu träumen gewagt, SIE hier und so zu sehen – SIE, die einzige, die ich jemals küsste! Doch, sie war es: meine „Aida Blu“, auch wenn sie sich heute verschämt „Ocean Village Two“ nennt.

Ungewaschen, unrasiert zog es mich hinaus, ich musste sie einfach sehen. Langsam näherten wir uns ihr und regten direkt gegenüber an. Ich genoß den Anblick, und war erstaunt, wie gut man in einige Räume des Schiffes hinein sehen konnte. Das Mobiliar der öffentlichen Räume ist weitestgehend noch das gleiche. Die Liegen der Blu wurden ja bereits in Hamburg von Bord geholt, bevor die Passagiere das Schiff verließen. Nun sind es recht futuristisch anmutende Liegen mit blauer Bespannung und – iiiih – schwarzem Kunststoff-Gestell. Und ich dachte, die rote Hautfarbe der Briten käme von der Sonne...

Nur schwer konnte ich mich losreißen, aber wir wollten gegen 9:30 Uhr einen Ausflug starten. Also Dusche und Rasur nachgeholt und zum Frühstück, welches heute wieder um einiges ruhiger ablief (gut so). Das Aushandeln von Preis und Route gestaltete sich heute etwas schwieriger, zumal unsere Personenzahl zunächst ständig schwankte. Letztlich waren wir zu sechst und hatten das Glück, einen Van mit großem Schiebedach und nettem Fahrer zu bekommen. Dieser sorgte für reichlich Fotostops, die dank des Schiebedaches auch recht unproblematisch waren, da nicht immer alle aus- und wieder einsteigen mussten. Zunächst Richtung Norden entlang der Westküste, wollten wir zunächst an der Ostküste zurück fahren. Die Insel strotzt nur so voll üppigem Grün. Nachdem wir den Drehort der ‚Piraten der Karibik’ fast für uns allein hatten, brachte uns ein Miniatur-Wasserfall neben der Straße auf die Idee, die Dark View Wasserfälle anzusehen. Kurz mit dem Fahrer nachverhandelt, den Osten der Insel (nicht zuletzt aus zeitlichen Gründen) fallen gelassen – und weiter in den Norden ging es. Zwischendurch sorgten wieder zahlreiche Fotostops sowie die (erfolgreiche) eigenhändige Suche nach Muskatnüssen unter einem wildwachsenden Baum für Abwechslung. Auch die Wasserleitungen, welche zu einem großen Teil aus mit Metallreifen versehenem Holz wie ein nicht enden wollendes Fass bestanden, waren uns einen Extra-Stop wert.

Umsichtig sorgte unser Fahrer dafür, dass wir atypisch fuhren bzw. hielten. Daher waren wir fast überallauf der anderen fast allein für uns. Auch unmittelbar vor den Dark View Falls kamen uns nicht weniger als fünf Busse mit ‚organisierten’ Ausflüglern entgegen. Mit uns zusammen waren dann nur noch drei, vier andere Vans dort. Und es war ein Paradies! Zunächst ging es über eine abenteuerlich anmutende Hängebrücke, welche aus Bambusstäben und Drähten bestand, welche die Bambusrohre zusammen hielt. Nach der überquerung des kleinen Flusses kamen wir auf eine Lichtung, die dennoch aufgrund der weit ausladenden Sträucher und Bäume ringsum herrlich im Halbschatten lag. Ein leichter, frischer Wind sorgte für dezente Abwechslung. Die erwarteten Getränke-, Imbiss- und Souvenirstände fehlen gänzlich. Nur ein einzelner Musiker mit seiner Steeldrum sorgte für eine passende Stimmung. Auf der anderen Seite der Lichtung ging es ein paar Stufen hinab, und da war er: der Wasserfall. Circa 20 Meter Fallhöhe, und das Naturbecken darunter nur gut knietief. Ideal für eine Dusche, und zu meiner Überraschung trifft einen das Wasser trotz der Fallhöhe recht weich, wie ein starker Duschstrahl – aber ein um ein vielfaches Mehr an Wasser. Den Fußweg zu einem weiteren, oberhalb gelegenen Wasserfall brachen wir ab, da dazu doch festeres Schuhwerk anzuraten ist. Den gleichen Weg, den wir gekommen waren, ging es wieder zurück. Und siehe da, der nächste Bus war gerade angekommen.

Die Wasserfälle gehören zu den schönsten Erinnerungen an diese Reise und sind mit ein Grund (aber beileibe nicht der einzige), dass St. Vincent den größten Eindruck auf dieser Reise auf mich machte. Wenn es auf dieser Erde ein Paradies gibt, dann liegt es hier auf dieser Insel.

In Ermangelung einer Restauration (worüber keiner wirklich böse war) baten wir unseren Fahrer, an einem Café bzw. einer Bar anzuhalten. Dieser war jedoch unschlüssig, was er uns zumuten könne und so sagten wir kurzerhand ‚Stop’, als wir eine – pardon – Bretterbude am Wegrand sahen, welche mit dezenten Reklametafeln geschmückt war. Auch diese ‚Verkaufsstelle für täglichen Bedarf’, die Miniaturausgabe eines kleinen Tante-Emma-Ladens, möchte ich keinesfalls missen. Selten hat man wegen der vielen Kreuzfahrtschiffe die Gelegenheit, relativ urtümlich mit der einheimischen Lebensweise in Kontakt zu kommen. Die Tatsache, dass die Inhaberin noch nicht einmal den (feststehenden) Wechselkurs zum US-Dollar kannte (wobei ihr der Fahrer dann mit dezenter Rundung half), zeigte, wie weit wir in diesem Moment all der Pracht und dem Glanz (und dem Kommerz) der die Karibik durchpflügenden ‚Luxusschiffe’ entfernt waren.

Auf dem Rückweg machten wir noch einen Abstecher auf das malerisch über Kingstown gelegene Fort Charlotte, in dem heute auch das Frauengefängnis untergebracht ist. Warum wir heute sämtliche Gefängnisse der Insel (und damit auch der gesamten Grenadinen, also des gesamten Staates) sahen, konnte uns niemand beantworten. Sahen wir wirklich so gefährlich aus??

Zurück in Kingstown ließ sich ein Teil von uns am Markt absetzen, die anderen waren nun schon reif für’s Schiff. Markt, Fischmarkt, Busbahnhof (der hier wie oft in der Karibik viel mehr als nur eine Haltestelle ist – es ist Einkaufsgelegenheit, Kneipe, Garten und Wohnzimmer für viele) besuchend und ein kleines Stück durch die Stadt gehend erreichten wir wieder den Hafen, wo ‚meine Schiffe’ uns erwarteten. Fast mit Gewalt wurde ich von der ‚Blu-Seite’ auf die ‚Aura-Seite’ des Piers gezogen (ok, ganz so schlimm war es nicht – aber der Gedanke, das Schiff zu wechseln, hatte was).

Zum Auslaufen gab es noch mal das Schütteln der Offiziere, so dass man zum Auslaufen der „Ocean Village Blu... ähhh... Two“ diese würdig und in Ehren verabschieden konnte. Bei den La Ola-Wellen, welche von den britischen Passagieren erst ungläubig wahrgenommen und später laienhaft kopiert wurden, konnte man den Eindruck gewinnen, hier wäre heute nur ein Clubschiff gewesen – und das hatte deutsche Passagiere. (Steifer war es auch auf der „QM2“ im Frühjahr in Le Havre nicht zugegangen – dabei können britische Passagiere doch auch anders, wie ich von RCCL-Schiffen her weiß.) Wir sahen die Blu gen Sonnenuntergang entschwinden, und als Enya wieder anfing zu singen, wussten wir, dass auch für uns der Abschied von einem der schönsten Plätze dieser Erde gekommen war.

Nach Show war heute keinem zumute, der mit uns unterwegs war. Viel lieber verbrachten wir den Abend, draußen sitzend, und erzählten uns gegenseitig unsere Tageserlebnisse.

St. George’s, Grenada. Mittlerweile ist es der elfte Morgen, und da wir mit 17 Grad Lufttemperatur starteten und es jeden Tag ein Grad wärmer wurde, waren es nun 28 Grad mit Sonne – von minutenkurzen Schauern unterbrochen. Ausnahmsweise war es nahezu windstill, was uns aber erst auffiel, als Kapitän Thomas Mey zum Wetterbericht bemerkte, es „liegt fast kein Lüftchen in der Luft“. Die Insel hatten wir für uns; kein anderes Schiff lag im Hafen. Entsprechend (im Verhältnis zu den beiden Vortagen) aggressiv warben die Taxifahrer teils schon im Hafengebäude für Ihre Dienste. Der Preis für eine 3-Stunden-Fahrt sackte von hier bis zum nahen Markt dann auch entsprechend von 30 auf 8 US-Dollar je Person – und wurde noch unterboten mit dem Argument, nur zahlen zu müssen, wenn die Tour gefalle. Doch Grenada kannten schon einige von uns, und so besuchten wir erst einmal die Stadt. Am Markt, bewaffnet mit einer Banane, kurz vor einem Schauer Schutz suchend (es sollte der letzte Regenguß an diesem Tag sein), setzten wir bald unseren Weg fort – nicht ohne zuvor noch eine frisch aufgeschlagene Kokosnuß auszutrinken. So viel Klischee musste nun mal sein. Bis zum Innenhafen führte uns anschließend unser Weg zu Fuß, um in einem netten Lokal am Wasser eine Stärkung zu uns zu nehmen. Dieser Innenhafen (bzw. die gegenüber liegenden Containerkais) ist übrigens der angestammte Liegeplatz der Aura, da meist mehrere (und größere) Schiffe gleichzeitig hier sind. Da der Markt am Morgen zum Einkaufen lockte, wurden Muskatnüsse, Gewürze, diverse Seifen, Bananenketchup (und was die Kreuzfahrerwelt sonst noch an Mitbringseln braucht) nun zunächst zum Schiff verbracht. Anschließend machten wir uns zu zweit nochmals auf, die Insel zu erkunden. Schnell fand sich auch einer der Fahrer wieder, die am Morgen die seriöseren Angebote machten. Man wurde sich einig, und wir fuhren nach Norden, zunächst zu den Concord Wasserfällen.

Hier fanden wir das, was wir am Vortag vermutet hatten: ein halbes Dutzend Andenkenbuden, und ein Kassenhäuschen. Wasserfall mit Eintritt. Jeweils zwei Dollar und hundert Stufen später standen wir wieder vor einem Wasserfall, von dem – hätte man uns Bilder gezeigt – niemals dachten, dass so etwas ohne Photo Shop abzubilden wäre. Schwimmen war möglich, denn hier ist der ‚Pool’ unter dem Wasserfall sechs Meter tief. Außer uns waren nur noch drei Fischer dort, die nach Flusskrebsen suchten (und diese auch fanden). Bei der Zubereitung konnten wir auf dem Rückweg zusehen.

Weiter ging es zur Muskatnuss-Fabrik und die kurze Führung, exklusiv für uns, zeigte anschaulich, wie diese Nüsse verarbeitet werden, bevor sie irgendwann einmal bei uns im Supermarkt ankommen.

Zurück an Bord, gab es heute Früchtebowle – diesmal ganz aus Kirschen bestehend. Gut gelaunt verließen wir Grenada, natürlich wieder musikalisch begleitet von Enya. Die abendliche Poolparty war ein wenig zu laut; zu viel hatte man sich zu erzählen. Doch hierfür gab es heute kein Ausweichen: Aida Bar und Ocean Bar hatten frühzeitig zu, und die Nightfly Bar gar nicht erst geöffnet. Auf dem Sonnendeck am Bug gab es aber eine ruhige Umgebung, um die Gedanken des Tages auszutauschen. Auf dem Rückweg blieben wir dann doch noch mal an der Poolbar hängen, so dass wir letztlich noch beim Abbau der Dekoration behilflich waren.

El Guamache, Isla Margarita (Venezuela). Nun sind es fast 30 Grad, und die Sonne brennt am Himmel. Vielleicht verstärkt der Anblick der recht kargen Insel aber auch nur das Empfinden.

Im vergangenen Jahr war ich schon einmal hier. Damals dachte ich mir, einfach aus dem Hafen zu spazieren, und das Hafenstädtchen zu betrachten. Das war gut gedacht – nur, dass es kein Hafenstädtchen gibt. El Guamache ist Hafen – und sonst nichts. Somit neigte ich am Morgen dazu, wie im Vorjahr den nahe gelegenen Strand zu besuchen. Jedoch fanden sich immer mehr ein (zumal für einige der Monate im Voraus privat gebuchte Ausflug ins Wasser fiel, da der deutsche Reiseleiter schlicht nicht erschien), und so machten wir uns wieder zu sechst auf, ein Taxi zu entern. Ein wenig Handeln ist auch hier drin, aber angesichts der schon fast unverschämt niedrigen Preise akzeptierten wir den ersten Vorschlag. Irgendwer erzählte Tage zuvor von amerikanischen Oldtimern, die hier noch oft anzutreffen seien. Einen solchen Oldtimer, in Form eines keinesfalls irgendwann restaurierten Dodge RAM erwischten wir. Nicht nur an den Türspalten konnte man nach draußen schauen. Stolz war der Fahrer wohl auf die Motortemperaturanzeige – immerhin war es das einzige funktionierende Instrument in seinem Cockpit, welches sich unter einem rot lackierten Armaturenbrett erstreckte. Nun denn, andere Länder, andere Sitten – und es hätte uns auch schlimmer treffen können, wie wir bereits beim ersten Fotostopp neidlos beim Anblick des ebenfalls dort haltenden knallroten ‚Puff-Bus’ (sorry, den Namen gaben die auch von der „Aura“ stammenden Insassen dem ... ähh... Fahrzeug selbst – in Anspielung auf Bemalung und Zustand desselben) erkannten. Der Fahrer, ein Gemütsmensch mit Bodybuilder-Figur und absolut geringen Sprachkenntnissen (selbst spanisch war nicht ganz sein Ding) brachte uns zuverlässig, wohin wir wollten. Das war zunächst eine Festung bei Juangriego, mit schönem Ausblick auf den Fischerort samt Strand. Weiter ging es, zum ‚schönsten Strand der Insel’, wie allenthalben zu lesen war, zur Playa El Agua.

Dort angekommen, mussten wir feststellen, dass wir Ähnliches bereits kanten – allerdings unter dem Namen Playa de Palma... Nicht so breit, aber mindestens doppelt so zugebaut mit Liegen, kam man nur durch eine der wie eine Mauer den Strand umschließenden Strandbars dort hin. Sicherlich war der Sand schön – wenn man denn ein wenig davon gesehen hätte, vor lauter Liegen und Schirmen. Für uns stand fest: Weg hier! Um den um des ‚tollen Strandes’ sichtlich stolzen Fahrer nicht ganz zu kompromittieren, legten wir zunächst eine Cocktail-Pause ein. Nachdem ich sah, dass die Fliegen mit in den Eiscrusher kamen, zog ich ein kühles Flaschenbier vor.

Nach einiger Diskussion unter Zuhilfenahme von Händen, Füßen, Straßenkarten und letztlich auch der gedruckten ‚Hafeninfo’ der „Aura“ kamen wir überein, den Strandstop an den „schönen Stränden“ des „ältesten Fischerdorfes“ (Zitate aus der ‚Hafeninfo’) Pampatar verbringen zu wollen, was auch die Zustimmung unseres Fahrers fand. Pampatar ist heute eine Vorstadt der größten Inselstadt Porlamar. Die „alten Gebäude“ (wiederum aus der ‚Hafeninfo’) standen rund 15 Stockwerke hoch um den naturbelassenen Strand herum. ‚Naturbelassen’ schreibe ich, weil hier (wie wohl auch auf der ganzen Insel) niemand ans Aufräumen denkt. Ein paar Palmen und Fischerboote gab es auch. Wir zogen es vor, am Strand sitzend frischen Fisch zu essen (der wirklich gut war). Übrigens waren unsere Dollars hier weniger gern gesehen; Bolivar wären lieber genommen worden.

Weiter ging es zum unvermeidlichen Einkaufsbummel nach Porlamar. Auch hier verschätzte sich der Fahrer in unserem Einkaufswillen und unserer Kaufkraft und wies uns die Einkaufsstraße mit den Markenläden zu. Erst eine Stunde später, beim Wegfahren, sahen wir die wahren Einkaufsstraßen der Einheimischen an unseren Fenstern vorbei ziehen.

Nach reichlich sechs Stunden waren wir wieder am Hafen angelangt, so dass die Zeit noch für einen kleinen Besuch des Strandes reichte. Übrigens zahlt man die Fahrt hier nicht an den Fahrer, sondern an einen der zum Kassieren bereit stehenden Herren. Also bitte das Trinkgeld separat halten und anschließend dem Fahrer persönlich geben.

Was uns dieser Tag brachte? Zunächst die Erkenntnis, dass das Urlaubstraumziel Isla Margarita keines ist, zumindest nicht für volle zwei Wochen. Und im Rahmen einer Kreuzfahrt ist das Freizeitverhalten von den mehrheitlich hierhin kommenden Amerikanern offenbar ungefähr so weit entfernt wie Amerika von Europa. Nochmal hier hin? Nun, jetzt, mit einigen Tagen Abstand, sage ich Ja – aber nur im Rahmen einer Kreuzfahrt. Im Westen der Insel sollen schöne Strände gewesen sein, und Juangriego war als Fischerdorf um Längen urtümlicher als Pampatar. Das würde einen weiteren Besuch rechtfertigen. Und zum Shoppen in Porlamar demnächst dort hin, wo es auch die Einheimischen hin treibt.

Mit einem Glas Sekt in der Hand und Enya im Ohr verabschiedeten wir uns von El Guamache. Das Abendprogramm verhieß heute nichts Gutes: Alpenglühen war angesagt, und nicht nur die Phillippinos fühlten sich nicht ganz wohl in ihrer Lederhose. So zogen wir wieder die vergleichsweise ruhige Ocean Bar dem Remmidemmi mit Wettnageln (die Version mit dem Holzbalken!), Schuhplattln und Fingerhakeln vor. (Die im Vorlauf aufgeschnappte Liedzeile „der Enkel und die Omama, die fahren jetzt nach Panama“ ließ immer noch den einen oder anderen Blutdruck steigen – schließlich gehörte Panama zu den Zielen, die statt der Atlantiküberquerung eigentlich angelaufen werden sollten.)

Und morgen gibt’s dann das Finale – versprochen!
Diddn
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von Diddn »

Kralendijk, Bonaire. Ausschlafen war angesagt. Wann wir ankommen sollten, wusste wohl niemand so genau. Ursprünglich war es 12 Uhr, dann 10 Uhr – im Tagesprogramm stand 11 Uhr. Tatsächlich waren wir um 9:30 Uhr da, aber bis wir richtig angelegt hatten, war es 11. Vom Sonnendeck konnte man bequem die Insel in der gesamten Ausdehnung überblicken. Unmittelbar vor uns die ‚Hauptstadt’, so fern man bei der geringen Größe des Ortes von einer Stadt sprechen kann. Linker Hand (und nach dem Anlegen vor dem Bug) war noch die „Hebridean Spirit“. Diese fügte sich in das Ortsbild nahtlos ein; die „Aida Aura“ dagegen wirkte hier schon beinah wie ein Megacruiser.

Bereits am Vorabend gab es die Abreiseinformationen (Sorry, ich vergaß zu erwähnen, dass das ‚Rückflugticket’ – ein teils per Hand ausgefülltes DIN A-4-Formular – bereits eine Woche früher auf der Kabine lag). Jeder war sich bewusst, dass dies unser letzter Urlaubstag werden würde. Voller Drang zu letzten karibischen Impressionen gingen wir, diesmal zu viert, los und erkundeten die Preise der 12, 15 Taxen. Mehr gab es wohl auch nicht auf dieser Insel. Angeboten wurden zweistündige Rundfahrten, entweder in den Norden oder in Süden. Die Preise waren recht stolze Fixpreise, und so beschlossen wir, zunächst uns den Ort anzusehen. An der Uferpromenade entlang schlendernd, fiel uns ein Unimog auf. Laut Ausschilderung bot auch dieser eine zweistündige Tour in den Norden für’s gleiche Geld wie die Taxen. Warum nicht? Wir nahmen uns vor, diese Alternative später näher zu betrachten. Hinter dem Hafen konnte man bunte Fische vom Ufer aus im seichten Wasser sehen. Wir gingen die Promenade ein ganzes Stück entlang, und wechselten dann in Gegenrichtung auf die Hauptstraße. Nettes Städtchen, mit gepflegten Häusern. Bevor wir uns näher für die Auslagen der nicht minder netten Läden in den schmucken Häusern interessieren konnten, kam besagter Unimog vorbei – und obenauf zwei winkende Mitreisende. Spontan beschlossen wir, nun auch zuzusteigen. Der Fahrer, ein Holländer, der sich auch gut in einem Gemisch aus Englisch und Deutsch verständigen kann, hatte natürlich nichts dagegen einzuwenden. Schon waren wir auf der Ladefläche und los ging es!

Ein schönes Erlebnis, wobei der Unimog als Solches natürlich nur Blick- und Kundenfang war. Das Naturschutzgebiet blieb unangetastet. Umsichtig näherte sich der Fahrer diversen Tieren. Fliegende, sitzende, stehende, liegende, fischende, tauchende Flamingos ließen sich durch dieses alte aber gepflegte Militärfahrzeug nicht aus der Ruhe bringen. Leguane verursachten hin und wieder eine Vollbremsung, wenn diese auf der Straße saßen. Wir machten dann das, was auch die Einheimischen nach Auskunft unseres Fahrers taten: Wir warteten, bis es diesen urzeitlichen Geschöpfen einfiel, ihren Weg fortzusetzen. An wilden Eseln und Ziegen vorbei ging es weiter, immer wieder von kurzen Stops unterbrochen, wobei das Ab- und anschließende Besteigen der Ladefläche eine besondere Gaudi machte. Während der Stops wurden vom Fahrer auch gekühlte (ausschließlich nichtalkoholische) Getränke angeboten, die separat zu zahlen waren. Netter Service, aber leider etwas teuer. Hier zahlten sich einmal mehr die Trinkwasser-Zapfstationen auf der „Aida Aura“ als Kostenbremse aus, an denen sich vor dem Landgang stets jeder ein Fläschchen abfüllte. Und in das Badetuch gedreht, hielt die Kühlung auch eine ganze Weile vor. Auf dem Rückweg, nach reichlich zwei Stunden, konnten wir wählen, ob wir bis zum Schiff oder nur bis ‚Bongo’s Beach’ mitfahren.

Wir entschieden uns für die zweite Variante, denn das klare Wasser am Morgen hatte Appetit auf ein letztes Bad gemacht. Also stiegen wir ab, zahlten und gingen die Stichstraße zum Meer, dabei dem Pappschild ‚Bongo’s Beach’ folgend. Sandstrand gibt es nicht auf Bonaire, und so hatten wir uns ein paar großflächige Steine am groben Korallen- und Kiesstrand ausgesucht, die eine ebene Liegefläche ergaben.

Nach einiger Zeit suchten wir etwas Trinkbares, und wurden im benachbarten Beach Club fündig. Wir Deppen! Dieser Beachclub war ‚Bongo’s Beach’! Wir waren wohl dem Schild für den Parkplatz gefolgt. Ziemlich blöde müssen wir wohl den kleinen, aber gepflegten Sandstrand angeguckt haben. Zur Selbsterbauung gönnten wir uns einen Carribbean Crush, und weil er so gut war, gleich noch einen. Zu Fuß ging es dann zurück, zunächst zur Hauptstraße, und nach einem kurzen Stück wieder am Ufer entlang. Zehn Minuten sollte der Weg dauern. Auf die Uhr habe ich nicht geschaut, aber – zumindest in unserem gemütlichen Spaziertempo – benötigten wir gerne weit mehr als eine Stunde. Schließlich gab es links und rechts des Weges immer mal wieder etwas zu sehen, zu bestaunen. Außerdem war das Städtchen klein. Immer wieder traf man Passagiere der „Aida Aura“, die ja mittlerweile zu Bekannten, zu Freunden geworden waren.

Zurück an Bord musste man sich schon ein bisschen beeilen. Der Koffer wollte vorgepackt werden, und eine erfrischende Dusche vor dem letzten Auslaufen musste auch noch sein. Vorn am Bug wollten wir das letzte Ablegen erleben. Mit Sekt, extra aus der Anytime Bar, weil’s dort im Gegensatz zur Poolbar Sektkelche aus Glas und nicht aus Plastik gab (Danke, Heike und Rüdiger), stießen wir an, während über uns das Typhoon diesmal wieder dreimal besonders lang (und dort vorn auch sehr laut) tönte, während Enya zum letzten Mal für diese Reise ihren Gesang begann.

Zum Abendessen ließen wir uns Zeit, schließlich war die Endzeit eh seit vielen Tagen inoffiziell nach hinten verschoben. Zum Farewell-Dinner bot die Küchenmannschaft ihre gesamte Kunst auf. Zu den herrlichsten Speisen gab es Hummer satt, und der Schokoladenbrunnen, der ins Auge fallend direkt am Eingang aufgebaut war, ließ schon beim Betreten des Restaurants mancher Dame einen bis zehn Entzückensschreie entfahren. (So ein Ding braucht Mann wohl zu Hause – von wegen der Nachbarin... oder so...;-) )

Schnell noch mal auf die Kabine – irgendwann muß dieser Koffer doch zuzukriegen sein... Ergebnislos beeilte ich mich, das Theater zu erreichen. Dort angekommen, war gerade die Versteigerung der Seekarte im Gange, die immerhin den Betrag von 490 Euro, wiederum zu Gunsten der SOS-Kinderdörfer, erbrachte. Danach folgten die Abschiedsansprachen vom Club Direktor, dem Entertainment Manager sowie dem von uns allen in den vergangenen Tagen liebgewonnenen Kapitän Thomas Mey, gefolgt von einer kurzen Farewell Show des Show Ensembles.

Wieder auf die Kabine – der Koffer ging endlich zu. Allerdings musste ich die Tasche, die auf dem Hinweg als Handgepäck diente, am nächsten Morgen selbst von Bord nehmen und einchecken. Damit waren sicher 40 Kilo überschritten. Was soll’s – große Gedanken machte ich mir nicht darüber. Und fürs Handgepäck tut es ja auch die Badetasche...

Schnell hoch auf das Pooldeck. Genau rechtzeitig zum Beginn der Laser Show als Teil der Farewell Poolparty war ich da, und liebe Mitpassagiere hatten bereits für ein Glas ‚Farewell Sekt’ gesorgt.

An diesem Abend konnten wir uns alle nicht ganz entscheiden: Party, oder in kleinen Gruppen an der Reling stehen und träumen? Wir versuchten es im Wechsel, was kein Fehler war. Fehlgriffe hatte an diesem Abend nur der Discjockey, der heute nicht so ganz den Geschmack des Publikums traf. Zufrieden und glücklich über einen wunderschönen zweiwöchigen Urlaub ging es dann irgendwann zu Bett.

Oranjestad, Aruba. Abreisetag. Bis 9 Uhr sollte die Kabine geräumt sein. Ich schaffte es nicht ganz, und so traf ich mit einer Viertelstunde Verspätung beim Frühstück ein. Zum Rücktransport in das uns mittlerweile auch geistig so ferne Europa gab es insgesamt vier Flüge im Volcharter. Bereits um 11 Uhr wurden die ersten Passagiere abgeholt, die das Los hatten, bereits am Mittag nach Frankfurt fliegen zu müssen. Je ein weiterer Flug nach München, Düsseldorf und Frankfurt sollte zwischen 18 und 20 Uhr starten. Somit war bei uns echtes Mitleid zu spüren für diejenigen, die mit recht traurigen Gesichtern bereits am Vormittag ausgerufen wurden. Hierzu gehörten auch die individuell abreisenden Gäste, die aber – so fern es sie überhaupt gab; ich hatte niemanden getroffen – hoffnungslos in der Unterzahl waren.

Zuvor ging der Hafen-Check-in bequem vonstatten. Warum aber immer bei meinem Koffer das Schild abgeht (das ist Reederei-übergreifend der Fall), weiß ich nicht. Statt nach Decks geordnet, nahm ich meinen Koffer in einem Nebenraum in Empfang. Kein Computer beim Check-in - aber auch keine Waage. (Puuuuh!) Bordkarten und Bag Tags waren schon vorgedruckt. Allerdings wußte natürlich niemand, daß ich einen Anschlußflug mit Lufthansa nach Köln hatte, und so wanderten die für mich vorgesehenen Tags in den Müll, und handschriftlich wurden Neue ausgestellt. Den Drei-Letter-Code des Kölner Flughafens (notwendig zum Ausfüllen der neuen Bag Tags) wußte ich, was die Sache erleichterte - denn ich war der Einzige mit diesem Wissen. Lernbegierig wurde dann zunächst mal dieses Wissen von Schalter zu Schalter geteilt, und jeder der motivierten Dienstleister ergänzte die diversen Spickzettel entsprechend, für für zukünftige Fälle gerüstet zu sein. Insgesamt dauerte der Check-in vielleicht eine Viertelstunde, und man hatte damit alle Formalitäten für diesen Tag erledigt. Ein Sitzplatzwechsel war hier allerdings nicht möglich, eben mangels EDV. Wir wurden an den Flughafen verwiesen. Ein Tipp für alle, die zusammen sitzen wollen: die (kostenpflichtige) Sitzplatz-Reservierung wird an Bord von der Reiseleitung organisiert.

Kabinen hatten wir zwar nun keine mehr, aber die Badetücher konnten wir noch benutzen. Zum Duschen standen die entsprechenden Einrichtungen der Sauna zur Verfügung. Handgepäck konnte (unbeaufsichtigt) im Theater abgelegt werden. Ganz Pfiffige sicherten sich schon am frühen Morgen ein Schließfach im Sauna-Bereich für ihre Wertsachen. Mir war’s egal, ich wollte den Tag noch genießen, und weder am Handgepäck, noch am Laptop vergriff sich jemand im Theater.

Doch was jetzt tun? Ein wenig Aruba kennen lernen, warum nicht? Aber bitte keinen der angebotenen Ausflüge, teils mit Transfer direkt zum Flughafen. Ein Bummel durch Oranjestad reichte uns. Zunächst ging es aber zu den anderen im Hafen liegenden Schiffen. Die „Coral Princess“ lag Bug an Bug vor uns, und im Seitenbecken war die „Freewinds“ angelegt. Star des Tages war aber die dahinter liegende „Queen Victoria“, der wir uns bis zur Gangway nähern konnten. Zurück zum Hafenausgang benutzten wir dann dreister Weise deren kostenlosen Shuttlebus. (Der war auch nötig – gut laufen konnte kaum noch jemand der dort herauskommenden beschlipsten Herren und (mode-)schmuckbehangenen Ladies. Nicht wenige davon trugen ihre Markentreue offen vor: Mütze von „QE2“, Hemd von „QM2“, und das Täschchen nun von „QV“. Den Jahrgängen dieser Passagiere nach, könnten sie allesamt bei jeder der Schiffstaufen – mit und ohne ‚2’ im Namen – persönlich anwesend gewesen sein...)

Vom Hafen schlenderten wir entlang des Sporthafens die Promenade bis zum Ende herunter. Bemerkenswert, wie viele Echsen sich dort, beim Renaissance Hotel, offenbar richtig wohl fühlen. Auf Steinen, auf dem Gras – selbst in und auf den Sträuchern und Bäumen sah man sie überall. Neben der Straße zurück gehend, kamen wir wieder zum Sporthafen und kehrten dort ein letztes Mal ein. Danach zurück zum Schiff, welches langsam nicht mehr ganz ‚unser’ Schiff war, denn die ersten neuen Gäste, die aus Frankfurt kommend gelandet waren, waren nun auch schon an Bord – leicht zu erkennen an der doch recht abweichenden Hautfarbe. Außerdem fehlte ihnen das entspannte, zufriedene Lächeln im Gesicht, welches jeder, der auf der „Aida Aura“ den Atlantik überquerte, nun schon seit über einer Woche trug.

Wir waren noch rechtzeitig zurück, um zwischen Pool Brunch und regulärem Mittagessen wählen zu können und entschieden uns schnell und einstimmig für den kleinen Snack. Je nach Gusto in der Sonne oder im Schatten liegend, verträumte man ein wenig dieses schönen Tages, der im Übrigen für Temperaturen nahe 35 Grad gut war – im Schatten, wohlgemerkt. Ein letztes Bad im Pool, und anschließend beim Trocknen in der Sonne noch Kaffee und Kuchen (war gar nicht angekündigt, schmeckte aber trotzdem) sowie einen letzten Abschiedscocktail genießend, wurde es schnell 16 Uhr. Um 16:30 Uhr sollte der Transfer zum Flughafen starten, erst die Münchner (zu denen ich hier gehörte), dann im Halbstundentakt die Düsseldorfer und die letzten Frankfurter. Das Theater diente 200 Personen gleichzeitig als Umkleide, denn jeder hatte den Tag noch irgendwie genutzt. Es war ein lustiges Bild, und selbst hierbei gab es noch fröhliche Unterhaltungen über Sitzreihen und alle Konventionen hinweg.

Schon kam der Aufruf, und es wurde Zeit, Abschied zu nehmen. Einige der später Abreisenden brachten uns nun zur Ausschiffung Aufgeforderten noch bis zur Gangway (Danke noch mal, das war eine wirklich nette Geste!) und draußen warteten schon etliche Busse. Bald ging es los, und nach rund 10 Minuten Fahrzeit erreichten wir den Flughafen. Computer, die einen Sitzplatzwechsel möglich gemacht hätten, gab es hier auch nicht. Macht nichts, das konnte man ja noch an Bord klären. Nachdem in den letzten Monaten immer mal wieder von "chaotischen Zuständen" am Flughafen von Aruba zu lesen war, war ich erstaunt, wie professionell und reibungslos alles ablief. Erkennbar waren recht viele Aushilfen tätig, die ihre Arbeit oft besser als die Stammbelegschaft erledigten. DAzu kam, daß viele dieser Aushilfen deutsch sprachen, so daß auch sprachlich Unbegabte keinerlei Probleme hatten. Das Schicksal wollte es, dass der erste Flug nach München eine knappe Stunde verspätet war. So waren wir die ersten dort, aber bald holten uns die anderen beiden Gruppen ein. Gemeinsam nutzten wir die Zeit, uns gegenseitig noch ein letztes Mal aus den Erinnerungen an einen noch nicht ganz beendeten Urlaub zu berichten.

LTU brachte uns dann ohne Probleme nach München. Es war das erste Mal für mich, dass ich einen Vollcharter-Flug gebucht hatte. Dies bedeutete, dass auch hier an Bord ausschließlich Passagiere der „Aida Aura“ waren. Und man kannte sich ja, was die Zeit an Bord des A330 recht kurzweilig machte. Zu meiner Überraschung war der Flieger fast voll, und zu meiner noch größeren Überraschung klappte es zum ersten Mal auch mit dem Schlaf auf einem einzelnen Economy-Sitz. Vielleicht lag es auch am ‚Schlafmittel’ während der letzten Wartezeit am Flughafen. Den Namen „Ariba Aruba“ merke ich mir auf jeden Fall – zweimal! ;-)

Auch nach der Ankunft in München war das ‚Hallo’ nach allen Seiten noch nicht vorüber. Man nahm Abschied von vielen neuen Bekannten und Freunden, saß zusammen, bis die Anschlussflüge uns trennten. Noch zwei Stunden später traf man Mitreisende beim Gang durch den Flughafen und grüßte sich herzlich.

Mein kurzfristig gebuchter Anschlussflug war erst gegen Abend, so dass ich um 19:30 Uhr glücklich, aber auch ziemlich erschöpft, von einem wahren Traumurlaub endlich zurück nach Hause kam.

Mein Fazit? Nun, es gibt derer mehrere. Dieser Urlaub lief ganz ungeplant ganz anders ab als ich ihn geplant hatte. Lesen wollte ich, ein wenig (!) arbeiten, Ruhe suchen und finden. Statt dessen war es ein Urlaub voller Spaß und Freude geworden, der einen manchmal ein wenig mit den Kräften haushalten lassen musste. Doch dies war keineswegs erzwungen, sondern ergab sich jeweils aus der Situation und der Umgebung heraus. Es wird wohl viele Jahre dauern, wieder einmal eine solch entspannte Situation an Bord zu erleben. Das nur zu rund 60 % belegte Schiff, nahezu ausnahmslos Mitreisende, die den festen Vorsatz hatten, aus einem halb gescheiterten Urlaub das Beste machen zu wollen, eine Crew, die froh war, einerseits der unerwartet langen Werftliegezeit von vier Wochen entkommen zu sein und andererseits nicht die befürchteten Leute mit der Telefonnummer des Anwalts, im Handy gespeichert, betreuen zu müssen, die allen irgendwie wohltuende (Selbst-)Ironie von Club Manager Marc Spingler und Entertainment Manager Sebastian Barbon bei ihren Zwiegesprächen am Mikrofon, das gute Wetter, die tollen Erlebnisse auf dem Schiff und an Land, dies alles wird es so in dieser Form so schnell nicht mehr geben. Und wir alle waren dabei! Nicht auszudenken, wie viel Schokolade man hätte essen müssen, um die gleiche Menge an Glückshormonen freizusetzen, wie es diese Reise vermocht hat – und hier schreibe ich wohl im Namen der ganz überwiegenden Zahl von Passagieren.

Ein anderes Fazit liegt in der an sich bekannten Weisheit, dass mit Humor vieles leichter zu ertragen ist. Sei es die Verschiebung der Transatlantik-Reise bzw. die Änderung der geplanten Route (von beidem war ich ja im Grunde nicht betroffen, konnte so als ‚Außenstehender’ die Wirkung auf die wirklich Betroffenen erleben), oder seien es die wenigen (aber auffälligen) Passagiere mit diversen Schrullen. Richtige Kappenrentner hatten wir kaum an Bord, allerdings einige, die den Titel ‚Merkwürden’ durchaus verdienten. Da war die Truppe aus Berlin, einer Firma angehörend, deren Name stolz aber jeder Art von Bekleidung prangte. Hier war wohl eher Ballermann geplant, wie sonst erklärt sich der Ausruf „Wo sind die Nu....“ beim Betreten der Check-in-Halle. Das waren auch die mit der ‚Dame’ in der weißen Hose, der ständig versuchte, das Animationsteam zu ergänzen und möglichst zu übertreffen. Oder das Paar mit dem Vorrat an Schnapsfläschchen, welches mit ihren gelben T-Shirts (wenigstens legte er nach einer Woche das karierte Hemd darüber ab) von Weitem sichtbar waren. Oder der Herr, der beim Abendessen mittels seines Taschenkalenders partout beweisen wollte, dass es vom 5. bis zum 19. Januar exakt 15 Nächte an Bord seien. Oder der Witwer aus Sachsen, der – von mir auf einem Kabinengang getroffen – angesprochen wurde mit den Worten „Hier merkt man erst mal, wie lang das Schiff wirklich ist“, und der wie aus der Pistole geschossen antwortete: „Ja, genau 255 Schritte – plus/minus 5, denn man wird ja dauernd gegrüßt und muß zurückgrüßen, so dass man beim Zählen ständig heraus kommt.“ Ihr alle (und noch der eine oder die andere mehr) habt uns nicht geärgert. Im Gegenteil, ohne diese Mitmenschen hätten wir, die wir uns für mehr oder minder normal halten, viel weniger zum Lachen gehabt. Darum: Danke, dass ihr dabei wart.

Ein weiteres Fazit betrifft Aida Cruises. 2004, 2005 und zuletzt in 2007 zur Adieu-Reise war ich auf der „Aida Blu“. Dabei fiel auf, dass immer mehr gespart wurde, sei es durch das ersatzlose Entfallen der Begrüßungsrose für die Damen, Resteverwertung bei den Buffets, Wegfall des zweiten Themas beim Abendessen, und, und, und... Insofern bin ich durchaus mit gemischten Gefühlen an Bord gegangen. Und wäre eine Transatlantikreise von einer anderen Reederei zu dieser Zeit angeboten worden, hätte ich mich wohl für die Konkurrenz entschieden.

Mit dieser Reise, und das schreibe ich nun mit einer Woche Abstand (und bin darüber immer noch verwundert) habt ihr alle meine anderen Aida-Reisen übertroffen. Vielleicht hatten wir ein wenig Glück, da das Schiff nicht zum Bersten voll war. Aber dass da eine Rose fehlte, war vergessen, wenn man in Eure Gesichter mit dem herzlichen, ehrlichen Lachen schaute. Die Qualität des Essens war meist sehr gut und, erfreulich selten, schlechtestenfalls gut. Die Vielfalt, sowohl unterschiedliche Themen wie auch jedes einzelne Buffet betreffend, war wie nicht gekannt. Jeder der Crew an Bord gab sein/ihr Bestes – und versuchte am nächsten Tag aus eigenem Antrieb, noch mal einen drauf zu setzen. Durch die Umroutung mussten viele Mitarbeiter in der Zentrale Überstunden schieben, und die Improvisation ging an Bord noch ein Stück weiter. Glückwunsch, wie toll ihr alles gemeistert habt. Meinen Glückwunsch, Aida. Ihr habt ein paar Stammkunden mehr, und der Name Aida stellt auch für mich zukünftig wieder kein Ausschlusskriterium dar.

Noch ein Fazit: Die ohnehin aufgrund der Umstände recht günstig angebotene Reise (an die Wahnsinns-Tiefpreise anderer Reedereien aus dem Vorjahr, die Transatlantik-Reisen teilweise kurz vor Schluß für unter 400 € anboten, kam Aida nicht heran) ist noch günstiger, wenn man berücksichtigt, dass es keine versteckten und recht wenige zusätzliche Kosten an Bord gibt. Tischgetränke zu den Hauptmahlzeiten sind ebenso inkludiert wie das Trinkwasser aus den Zapfstationen, Pflicht-Trinkgelder (weder als Tagessatz, noch als Zuschlag auf Getränke) gibt es nicht. Meine Bordrechnung (wenn ich den zollfreien Einkauf, die Tombolateilnahme, den Workshop und die Reise-DVD abziehe – Trinkgeld ging bar in die Sammelbox am letzten Tag an der Rezeption) betrug gerade mal knapp 250 €, also nicht mal 20 € je Tag, und mir ging es dabei keinesfalls schlecht. Lediglich die angebotenen Ausflüge waren a) überteuert und b) habe ich niemanden getroffen, der wirklich begeistert war. Die Teilnehmer der organisierten Landgänge waren größtenteils zufrieden, aber auch nicht mehr.

Eine weitere Besonderheit hatte diese Reise: da die meisten Reisenden über ein enormes Bordguthaben verfügten, was nicht jeder schaffte auszugeben, wurde der Rest (wenn denn da einer war) anschließend vergütet. Wer Kreditkartenzahlung bei der Einschiffung angegeben hatte, bekam den Betrag dort gut geschrieben, wer bar zahlen wollte, erhielt den Rest in Bar an der Rezeption. Auch hier ein flexibles Handeln der Verantwortlichen in Anbetracht der besonderen Umstände, das keinesfalls selbstverständlich ist und positive Erwähnung verdient.

Ein letztes Fazit: Man muß, trotz reichlichem und gutem Essen an Bord, nicht zunehmen. Wie bisher bei jeder Hochsee-Kreuzfahrt habe ich abgenommen; diesmal allerdings nur ein einziges Pfund. Wie das geht? Gaaaanz einfach: Aufzüge ignorieren! Mit der Kabine auf Deck 4, den Restaurants auf Deck 8 und 9, sowie den Freidecks 10 und 11 – verbunden mit meiner wohl angeborenen Vergesslichkeit – kommen so Tag für Tag etliche Stufen zusammen.

Und bevor ich nun aufhöre, mache ich Euch dazu passend noch den Mund wässrig mit der Auflistung der Themen beim Poolbrunch und beim Abendessen – schließlich ist es ja auch Tradition, die Qualität einer Seereise an der Küche festzumachen. Eure Zwischenkommentare habe ich täglich gelesen, aber ich wollte erst mit dem Bericht fertig werden, bevor ich mich davon ablenken lasse. ;-) Dazu dann also morgen – aber hier noch die lukullischen Genüsse:

(Reihenfolge: Pool Brunch, Markt Restaurant, Calypso Restaurant)
5.1. (Palma): (Brunch im Calypso), Welcome Dinner, Welcome Dinner
6.1. (Seetag): Mediterran, Safaria Kulinaria, Die westindische Küche*
7.1. (Seetag): Fischerfest, Bella Italia, Bella Italia
8.1. (Funchal): ---, Portugal, Philippinen
9.1. (Seetag): Fischer und Meer, United Kingdom, Fiesta Mexicana
10.1. (Seetag): Frankreich, Der Zarewitsch lädt ein, Rund um den Zuckerhut
11.1. (Seetag): Asiatisch, Das Land des Lächelns, Orientexpress
12.1. (Seetag): Spanien, Bergfest Menü, Bergfest Menü
13.1. (Seetag): Caribbean, Land der Gourmet’s, Exotisches Australien
14.1. (Bridgetown): ---, Mit AIDA um die Welt, Zu Gast im osmanischen Reich
15.1. (Kingstown): ---, Bienvenido Espana, Bienvenido Espana
16.1. (St. George’s): ---, Mit Lukulus durch die Alpen, Pasta Festivale
17.1. (El Guamache): ---, Karibische Märkte, Im Land der Orchideen
18.1. (Kralendijk): ---, Farewell, Farewell
19.1. (Oranjestad): (leichte Kost), (Ariba Aruba am Flughafen) , (noch ein Ariba Aruba am Flughafen)

* ...und der fiel mir gerade wieder ein, aufgeschnappt vor dem Calypso Restaurant. (Danke für die Überlieferung, Heike.) Sie zu ihm: „Na, ich weiß nicht, Du verträgst das scharfe indische Essen doch gar nicht...“
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arosablau
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Re: Zurück von AidaAura Trans-Wellenschaden 2008

Beitrag von arosablau »

neidddddddddddddd
du hast unsere BLU gesehn !!!!
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