Bericht SB Encore – nicht der gewohnte Seabourn Standard

Kreuzfahrten mit Carnival Cruise Line, Costa Crociere, Cunard Line, Holland America Line, P&O Cruises, P&O Cruises Australia, Princess Cruises und Seabourn Cruise Line (ohne Aida Cruises)
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Stefan_Steiger
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Bericht SB Encore – nicht der gewohnte Seabourn Standard

Beitrag von Stefan_Steiger »

Vorbemerkung:
Wir haben schon sehr viele Kreuzfahrten hinter uns und uA auch sechs Seabourn Kreuzfahrten mit der Legend, Spirit, Sojourn, Odyseey in den letzten sieben Jahren. Für uns ist es die beste Kreuzfahrtlinie! Obwohl schon von einigen negativen Kritiken auf cruisecritics gewarnt, wollten wir das Schiff trotzdem ausprobieren. Leider sollten sich die negativen Kritiken bewahrheiten! Ich werde mich bei meinem Review auf das Schiff und weniger auf die einzelnen Häfen konzentrieren. Abfahrt war übrigens von Rom und Ankunft in Barcelona. Aber alles der Reihe nach:

Buchung:
Gebucht habe wir die Reise bei einem bekannten Internetreisebüro, welches eine eigene Aktion hatte, bei dem die Flüge im Preis inkludiert waren (war sonst nirgends zu finden – noch dazu bekommt man dort für jeden Euro Kreuzfahrtpreis auch noch eine M&M-Flugmeile gutgeschrieben). Die 7-Tagesreise kostete rund € 2.500,-- pro Person (inklusive des 5%-igen Rabatt aufgrund eines open bookings) – somit ein Tagespreis von rund € 360,- pro Person. Wie bei Seabourn üblich ist defacto alles an Board inkludiert außer Ausflüge, Internet, Spabehandlungen und sehr teure Weine! Wenn man einen Vergleich beispielsweise mit „Mein Schiff“ macht, wird dort eine adäquate Kabine (Junior Suite) auch nicht viel günstiger sein (wohl aber von der Qualität nicht annähernd vergleichbar – lt. Kreuzfahrten.de ist „Mein Schiff“ 4* und Seabourn 5*)! Wir buchen bei Seabourn immer die günstigste Veranda Garantiekabine (V1) und haben bisher immer ein Upgrade bekommen, meist eine V5 oder V6! Diesmal wieder eine V6 und zwar 844 (gleich neben der Wintergarten Suite).

Wenn man die Flüge bei Seabourn bucht, ist nicht nur der Transfer vom Flughafen zum Schiff und vom Schiff zum Flughafen dabei. Sondern auch, wenn der Flug am Nachmittag geht, wird das Gepäck in ein Hotel gebracht und man bekommt einen Gutschein für Getränke und Essen im Hotel (in unserem Fall € 30,-- pro Person). Wenn der Flug nach 19 Uhr abgeht, bekommt man noch ein Tageszimmer im Hotel. Dies ist schon sehr praktisch!

Zum Schiff:
Um 1/3 mehr Kabinen als auf den drei kleineren Schiffen! In Summe passen rd. 600 Leute auf die Encore. Das Schiff selber hat eine Ebene mehr und sehr viele Freibereiche! Man findet immer sehr leicht ein ruhiges Plätzchen drinnen oder draußen! Neben den üblichen Bereichen wie Casino, diversen Bars und Besprechungszimmer, gibt es in Summe drei Poolbereiche! Einen großen Pool auf Deck 9 (mit zwei Whirlpools), auf Deck 5 einen kleinen Pool (mit ebenfalls zwei Whirlpools) und einen kleinen Whirlpool im vorderen Bereich auf Deck 5. Man fand immer einen freien Liegestuhl. Der übliche Seabourn Square mit Kaffeehaus, Customer Care, Internet-PC, Tablets mit Zeitschriften, etc. Zu den Speiselokalen siehe unten! Einen Kritikpunkt, den ich öfters gehört habe, war die fehlende öffentliche Wäscherei! Bei 7-Tagesreisen wahrscheinlich kein Thema! Bei längeren Reisen könnte die schon fehlen! Ein Novum auf der Encore ist der Bereich „The Retreat“. Dies ist ein abgeschlossener Bereich auf Deck 11, in dem man sich eine Cabana mit Fernseher und Sitzgarnitur für $ 250 pro Tag mieten kann! Der Bereich ist abgeschlossen und man hat keinen Blick auf das Meer. Während unserer Reise habe ich dort niemand gesehen! Für mich ist die Sinnhaftigkeit auch nicht ersichtlich. Der Spabereich ist relativ groß und auch das Fitnesscenter ist angemessen mit sehr guten Geräten. Das Schiff ist optisch im 1A-Zustand.

Check-in:
Wie bei Seabourn üblich, wird man direkt vor das Schiff gebracht und in Rom erfolgt der Check-in nicht direkt im Schiff sondern in einem kleinen Gebäude. 10 Minuten nach der Ankunft waren wir auch schon am Schiff. Die Kabinen waren ab 14.30 Uhr fertig. In der Zwischenzeit haben wir im Colonnade Restaurant gespeist!

Kabine:
Als wir unsere Kabine bezogen, lagen die Koffer schon am Bett! Der bereits im Internet vorbestellte Schnaps (3 unterschiedliche Marken – jeweils 1,5 Liter Flaschen) war ebenfalls schon in der Minibar! Ebenso stand der Champagner und die Lachs-/Kaviar-Canapes am Tisch! Alles perfekt wie gewohnt. Nach ca. 10 Minuten kam unsere Room-Stewardess und erklärte uns alles und wir bestellten noch einige Getränke für die Minibar.

Die Suiten sind ca 34 m2 groß (inkl. Balkon) und wirken gegenüber den kleineren Schiffen etwas enger dafür aber länger! Von der Größe aber optimal! Da das Schiff erst sechs Monate alt ist, war alles in tadellosem Zustand! Die Bäder sind wirklich super groß (eigene Badewanne und Duschkabine) und bei der Klimaanlage konnte man nicht nur die Temperatur sondern auch die Gebläsestärke einstellen. Man konnte sie sogar vollständig abstellen (habe ich bisher noch auf keinem Schiff gesehen). Super ist auch der begehbare Schrankraum! Die Penthouse Suiten der neuen Oceania Schiffe sind zwar etwas größer, für mich aber wirklich sehr schöne Kabinen. Einige Dinge haben mich aber schon gestört:
- Es gibt in der ganzen Kabine keinen einzige USB-Steckdose (für ein neues Schiff eigentlich seltsam)!
- Wir wollten unserem Amazon Prime-Stick anstecken. Der Fernseher hat zwar drei HDMI-Schnittstellen – aber Seabourn möchte nicht, dass man externe Geräte ansteckt und deshalb sind diese deaktiviert!
- Leider ist der Bereich vor dem Bett und vor dem Spiegel so eng (haben wir auf den anderen Schiffen nicht gehabt), dass nur eine Person stehen konnte und eine zweite kam nicht mehr vorbei!

Da die Kabine unterhalb des Poolbereichs war, hat man hin und wieder Geräusche gehört, war aber nicht sehr störend war (man ist ja auch nicht in einem Hotel)! Von den Nebenkabinen habe ich nichts gehört!

Service:
Das Schiff war mit 599 Gästen fast ausgebucht. Auf der Encore gibt es ca 1/3 mehr Passagiere als auf den kleineren Schiffen und diesen Punkt merkt man sofort, da man nicht mehr mit dem Namen angesprochen wird. Auch sonst war der Service mehr als durchwachsen!

Frühstück:
Hatten wir immer im Colonnade Restaurant! Das Buffet sehr gut und abwechslungsreich mit viel frischen Früchten und (überraschenderweise) mit einer sehr guten Brotauswahl (Vollkorn, etc – das habe ich noch auf keinem US-Schiff gesehen). Spezialwünsche wie Eggs Benedict, Waffeln etc. konnte man direkt beim Kellner bestellen! Die Wartezeiten in der Früh hielten sich in Grenzen. Am vierten Tag gab es in der Früh keinen Orangensaft mehr (übrigens nicht frisch gepresst)! Bei einem Schiff, dass jeden Tag im Hafen ist, eine wirkliche Unzulänglichkeit! Man hatte nicht den Eindruck, dass zu viele Leute beim Buffet waren und man bekam immer einen gemütlichen Platz auf der Terrasse!

Cafe beim Seabourn Square:
Hier gibt es guten Kaffee in unterschiedlichen Variationen mit kleinen Snacks und Kuchen (Cookies, etc). Zu Stoßzeiten musste man schon einmal 5 Minuten waren! Sonst aber OK!

Mittagsbuffet Colonnade:
Große Auswahl an Speisen und frischen Salaten! Leider keine Pasta-Station wie auf den anderen Schiffen und auch keine Suppe zur Selbstbedienung. Man musste eine bestellen und wartete teilweise 20 Minuten! Auch war der Service teilweise wirklich schlecht. Man bestellte etwas und bekam es einfach nicht (man musste nachfragen und bekam dann eine Antwort wie „Der Drucker funktioniert nicht“ oder „Die Inspekteure sind am Schiff“). Einmal bestellte ich einen Red Snapper, der nach 30 Minuten kam und dann roh war. Leider war es sichtlich der letzte und ich musste mich 15 Minuten später mit einem Lachs zufriedengeben! Es war der Mix an „alten“ Seabourn-gebrandeten Personal (welches wir schon von anderen Kreuzfahrten kannten) und neuem Personal (die sichtlich den Seabourn-Geist noch nicht hatten), der schlicht und einfach nicht stimmte! Drei andere Beispiele:
- Freunde von uns warteten 65 Minuten auf ein Steak im Patio Grill (beim Pool) und bekamen dann statt einem Medium ein Well-Done! Nach der Reklamation kam nach 20 Minuten wieder ein Steak, welches nur die Hälfte des ersten Steaks war!
- Ebenfalls von diesem Freunden wurde uns berichtet, dass sie mehr als 30 Minuten in einer Bar mit leeren Gläsern gesessen sind und zwar ohne einer Nachfrage betreffend „Auffüllung“, obwohl genug Kellner am Board waren!
- Auch werden die Teller nicht mehr von den Kellnern zu dem passenden Tisch getragen!

Sushi-Restaurant und Thomas Keller Restaurant:
Haben wir beides nicht genutzt!

Hauptrestaurant:
Hier waren wir nur einmal und es war alles wie gewohnt außerordentlich. Der Service, die Qualität des Essens und die Weinauswahl.

Room Service:
Dieser ist 24-Stunden verfügbar – allerdings haben wir ihn kein einziges Mal benutzt!

Poolservice:
Hier passt alles! Die Kellner kamen laufend mit Getränke und fragt auch nach, ob man was möchte etc.!

Sonstiges:
Einen Service, welchen wir nicht bestellt haben, konnten wir am dritten Tag genießen. Meine Frau und ich wollten gerade „Siesta“ machen, als die Glocke läutete. Es standen zwei Leute vom Reinigungsdienst vor der Tür und meinten, dass sie die Scheiben der Nebenkabine putzen müssten. Ich fragte, ob das nicht später möglich wäre, da wir ein kleines „Schläfchen“ vorhatten. Sie ließen sich nicht abwimmeln und waren schon im Zimmer und putzen ca. 20 Minuten! Der Grund war, dass auf der Scheibe der Wintergarten Suite ein Vogel sein „Geschäft“ gemacht hatte! Kann man so etwas nicht später machen?

Essen:
Neben dem sehr unterschiedlichen Service ein weiterer Kritikpunkt. Beim Frühstück, am Patio Grill und im Hauptrestaurant passt die Qualität des Essens! Im Colonnade zu Mittag überzeugte weder die Speisenauswahl noch die Qualität! Es lag aber sichtlich nicht an der Qualität der Rohprodukte! Die gewohnte „Haubenküche“ war eher Kantinenniveau! Mit zwei Ausnahmen: Der Fisch des Tages war immer sehr gut (mit Ausnahme meines bereits oben beschriebenen Red Snappers) und die Salatauswahl ebenfalls!

Conclusio:
Die Schiffshardware ist super, beim Service und beim Essen im Colonnade zu Mittag besteht aber massiver Nachholbedarf! „The Retreat“ ist nutzlos und verschwendet nur viel Platz am Schiff. Jene, die vielleicht die günstigeren Cruiselines buchen, werden möglicherweise über die Kritik „schmunzeln“. Man muss aber bedenken, dass man für den Tagespreis auf einem Seabourn-Schiff bereits eine ganze Woche auf Costa etc in der Balkonkabine (inkl. Getränkepaket) bei Aktionsangeboten bekommt! Wir werden jedenfalls die Seabourn Encore nicht mehr buchen sondern eher auf die anderen Seabourn Schiffe ausweichen. Möglicherweise machen wir nächstes Jahre eine Reise mit Windstar, welche die alten Seabourn-Schiffe gekauft haben und auch einige Leute vom Management von Seabourn zu Windstar gewechselt haben. Vorher geht es im Sommer aber noch nach Alaska mit Holland American!

Hier gibt es ein paar Fotos:https://1drv.ms/f/s!AhC_Kl3PLPX4022YMSWwQgCYvGHn
gcmv
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Re: Bericht SB Encore – nicht der gewohnte Seabourn Standard

Beitrag von gcmv »

Klasse Infos - vielen Dank, Stefan!

Das Schiff, bzw. die Reederei käme für uns auch in Betracht - mal schauen, ob sich zukünftig etwas ergibt, was sich auch preislich einigermaßen darstellen lässt.

Du hast erwähnt, dass du eventuell mit Windstar auf den alten Seabourn Schiffen mal fahren möchtest - ich kann dich nur dazu animieren und beglückwünschen.
Wir sind letztes Jahr mit der Breeze und dieses Jahr mit der Pride unterwegs gewesen. Beide Schiffe haben "Seele" und sind dem Alter entsprechend in einem sehr guten Zustand.
Der SEHR PERSÖNLICHE Service an Bord ist HAMMER!
Preislich ist das für mich im Moment das Non-Plus-Ultra; eine riesige Kabine, ein Mini-Schiff, tolles Essen und ein TOP-Service - das passt einfach!
Klasse finde ich auch, dass wenn du früh buchst und der Reisepreis fällt, du die Möglichkeit hast, dir den Differenzbetrag z. B. als Bordguthaben auszahlen zu lassen ...

Falls noch "Windstar"-Fragen offen sind - gerne einfach per pn.

Grüße Ralf
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