Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mosel

Nicht nur auf hoher See kann man die Annehmlichkeiten einer Kreuzfahrt genießen, sondern auch auf Flüssen, Seen & Kanälen
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goll1
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Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mosel

Beitrag von goll1 »

Hallo!

Lange währte der Wunsch, doch einmal eine Flußkreuzfahrt von 'zuhause' zu erleben. Vom 21. 9. - 26. 9. war es dann endlich soweit. Von daheim in 5 Minuten (zu Fuß!) zum Urlaubsort. Und dies war in unserem Fall die MS Swiss Crystal der Reederei Scylla. Morgens hatte ich bereits ausgekundschaftet, wo genau das Schiff an der Mosel liegt. Nachmittags dann per pedes zur Anlegestelle, aber: man hatte zwischenzeitlich 'umgeparkt', also waren noch 500 m zusätzlich zu laufen.

Zum Schiff:

Die MS Swiss Crystal wurde 1995 in Oltenita (Kasko) und Hardinxveld (Innenausbau) gebaut und dann noch einmal 2007 renoviert. Sie gehört damit zu den ältesten Schiffen in der Scylla Flotte. Mit 125 Paxen ein Schiff mittlerer Größe. Vom Bautypus her ähnelt das Schiff sehr den (etwas kleineren) 'Schwesterschiffen' Saxonia und Swiss (jetzt Excellence) Coral. Also kein 'schwimmendes Hotel' wie bei moderneren Neubauten, sondern noch ganz traditionell mit viel Holz und Messing.

Ein Teil des Sonnendecks ist überdacht (dort befinden sich auch 2 Fitnessgeräte) und es gibt einen Whirlpool, der jedoch ausser Betrieb war. Im Unterdeck verfügt das Schiff noch über eine Sauna.

Das Schiff verfügt über keinen Lift, nur über 2 Treppenlifte (von der Rezeption zum Restaurant und zum Sonnendeck). Ungewöhnlich ist, dass man im Unterdeck nicht zum Restaurant durchgehen kann. Man muss erst über eine (relativ steile) Treppe hinauf zur Rezeption, um dann von dort wieder hinunter ins Restaurant zu gehen. Ebenso befindet sich zwischen Nasszelle und Kabine eine relativ hohe Schwelle. Insofern ist das Schiff für stärker gehbehinderte Passagiere nicht zu empfehlen.

Die Kabinengröße schätze ich auf 13-14 qm. Auf älteren Prospektphotos sind noch die seitlichen Klappbetten zu sehen, bei der Renovierung wurden aber anscheinend stattdessen 2 feststehende, getrennte Betten eingebaut. Von der Größe und den Ablageflächen her würde ich die Kabine nur für kürzere und mittlere Fahrtdauern empfehlen, für längere Kreuzfahrten ist der Platz doch etwas zu beengt. Das Kabinenfenster läßt sich im oberen Drittel aufschieben. In der Nasszelle sind WC, Waschbecken und Dusche nebeneinander aufgereiht angebracht. Dies bedeutet leider, dass große Personen nur schräg auf dem WC sitzen können, da der Fussbereich sehr beengt ist. Bei anderen Schiffen habe ich da eine bessere Lösung gesehen: man hat das WC einfach um 90° gedreht und hat so bei gleichem Platzbedarf wesentlich mehr Beinfreiheit.

Das Personal kommt aus Osteuropa, den Niederlanden und Indonesien. Somit war die 'lingua franca' im Personalbereich Englisch. Auch der Reiseleiter kommunizierte auf Englisch mit dem Personal. Und ich dann teilweise auch. Die Crux: Leider scheint das Schiff mehr auf den englischsprachigen Markt ausgerichtet zu sein. Von einem Schiff im deutschen Markt, welches hauptsächlich Passagiere der Generation Ü70 anspricht, erwarte ich eigentlich im Servicebereich (Rezeption, Restaurant) Mitarbeiter, die einigermaßen der deutschen Sprache mächtig sind. Das war hier leider nur sehr begrenzt der Fall.

Das Essen wurde (bis auf 2 Ausnahmen: Empfangsdinner und Kapitänsdinner) in Buffetform serviert. Warum? Keine Ahnung. Servicepersonal zum Servieren war nämlich immer reichlich vorhanden, da hat man nicht gespart. Evtl. hat man ja Zeit gespart. Während sich sonst die Essenszeit erfahrungsgemäß über 1,5 bis teilweise 2 Std. hingezogen hat, war man hier spätestens innerhalb von 1 Std. fertig. Es ging also sehr flott. Zunächst hatte ich Bedenken wegen 'der Schlacht ums Buffet', aber dies lief hier sehr entspannt und ohne lange Schlangen ab. Das Schiff war ja auch nur ca. zu 75% ausgebucht, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Positiv war natürlich, dass man sich am Buffet die Speisen ganz nach eigenen Wünschen und Vorlieben zusammenstellen konnte und nicht auf die Vorauswahl Fleisch/Fisch/Vegetarisch angewiesen war. Sehr positiv hervorheben möchte ich auch die Qualität der Speisen: selten habe ich auf einem Flußkreuzfahrtschiff so gut gegessen. Auch waren alle Obst und Gemüse frisch angerichtet (das Schiff wurde zwischendurch nachbeliefert) und es kam keine Konservenware zum Einsatz.

Teilweise gab es auch Sonderaktionen (z. Bsp. ein bayrisches Abendessen), aber dies wurde nicht gesondert beworben. Insgesamt gesehen war die 'Public Relation in eigener Sache' auf diesem Schiff nur sehr gering ausgeprägt. Das habe ich auf anderen Schiffen schon ganz anders erlebt.

Noch 2 Bilder:

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Bild

Mein Fazit: die Reederei bewirbt das Schiff mit 4 Sternen. Zur Zeit der Erbauung war dies auch sicher so o.k. Aus meiner Erfahrung würde ich mittlerweile - wenn man sich auch die neueren Entwicklungen im Flussschiffbau anschaut - eine Bewertung mit '3 Sternen Superior' als realistischer ansehen.

Fortsetzung folgt...
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von fneumeier »

Danke!

Hab Deinen Bericht schon mal in der Übersicht verlinkt. Mir fehlen nur noch Anfangs- und Endort.

Gruß

Carmen
goll1
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von goll1 »

Da die Reise ja quasi in 'bekannten Heimatgefilden' stattfand, haben wir auf die organisierten Ausflüge verzichtet und alles auf 'eigene Faust' unternommen. Die Ausflüge fanden alle morgens statt und für gewöhnlich wurde von 12.00 Uhr bis in die Nacht hinein dann gefahren. Dabei war die Routenplanung so gelegt, dass man alle Flussabschnitte einmal am Tag zu sehen bekam.


Tag 1 (Koblenz-Rüdesheim)

Hier ging es ja direkt fussläufig von zuhause aufs Schiff. Eigentlich sollte das Schiff schon vor dem Abendessen ablegen, aber da in St. Goar gerade eines (von mehreren) 'Rhein in Flammen' stattfand, hat der Kapitän noch etwas gewartet, um dem Schiffskonvoi nicht in die Quere zu kommen. So ging es dann erst nach dem Abendessen los und wir konnten unsere illuminierte Heimatstadt vom Wasser aus erleben. Sollte man auch einmal gesehen haben.


Tag 2 (Rüdesheim-Cochem)

Angeboten wurde der übliche Ausflug mit dem Winzerexpress und Siegfrieds-Musikkabinett (im Brömserhof, nicht zu verwechseln mit der Brömserburg). Leider lag das Schiff in Rüdesheim an Steiger 1 (am Freibad), also mehr als 500 m Fußweg, bis man überhaupt einmal zu den touristischen Zielen kam:

http://goo.gl/maps/ZwGid

Ansonsten wäre ggf. noch ein Trip mit der Gondelbahn zum Niederwalddenkmal zu empfehlen, aber ob man dies in der knappen Zeit auch schafft?

Bild

Nachmittags folgte dann die bekannte Mittelrheinstrecke und auf der Mosel nach Cochem.


Tag 3 (Cochem-Trier)

In Cochem lag das Schiff dann nicht in Cochem, sondern (wie üblich) in Cond:

http://goo.gl/maps/WiiR1

Von dort ist man über die Brücke aber schnell in Cochem. Hier wurde eine Stadtführung mit Reichsburg und Falknerei angeboten.

Bild

Direkt in Cond könnte man noch die historische Senfmühle besuchen.

Heftige Diskussionen gab es ja neulich, als die FAZ Cochem als 'Ballermann an der Mosel' titulierte. Sicher, es ist dort viel Massentourismus. Andererseits hat mich etwas die schnöselige Art gestört, mit der der Kritiker die Moselregion niedermachte. Wenn man es gewohnt ist, nur in 5 Sterne Hotels zu logieren und nur in 3 Sterne Restaurants zu dinieren, da kann natürlich nur ein Verriss rauskommen. Andererseits sage ich mir: auch im Fernsehen gibt es nicht nur arte, sondern auch RTL2. Und beides hat wohl seine Berechtigung.


Fortsetzung folgt...
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von Rhein »

Mal 'ne andere Frage - wie kann man denn Scylla überhaupt buchen? Und wo gibt's die Routen? Die Internetseite von Scylla gibt da leider kaum etwas her .... :confused:
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von Raoul Fiebig »

Hallo Rhein,

"Scylla" kannst Du gar nicht buchen, da Scylla nur eine Reederei, aber kein Reiseveranstalter ist. Die Schiffe kannst Du jeweils bei dem Veranstalter buchen, der sie gerade gechartert hat. ;)
goll1
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von goll1 »

Rhein hat geschrieben:Mal 'ne andere Frage - wie kann man denn Scylla überhaupt buchen? Und wo gibt's die Routen? Die Internetseite von Scylla gibt da leider kaum etwas her .... :confused:
Scylla ist ja nur eine Reederei (mit niederländischem Führungspersonal, evtl. ist man aus steuerlichen Gründen in der Schweiz ansässig?). Die Schiffe werden von Scylla an versch. Reiseunternehmen verchartert. In unserem Fall war es Plantours, die als Reiseveranstalter aufgetreten sind. Und da waren als Gäste u.a. 3 Gruppen an Bord, die unter Leserreisen (also eine Regionalzeitung als Vermittler) firmierten.
goll1
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Re: Reisebericht Ms Swiss Crystal, 21.-26. 9. 2013, Rhein-Mo

Beitrag von goll1 »

Das Schiff fuhr zwar auch nachts, aber trotzdem war es im vorderen Teil der Kabinendecks relativ ruhig. Maschinengeräusche waren kaum zu hören. Das lag vielleicht auch daran, dass die Mosel relativ wenig Strömung führt und die Strecken nicht allzu lang waren, so dass der Kapitän eher eine 'gemütliche' Gangart einlegen konnte.

Massgeblicher Faktor des Fahrplans auf der Mosel sind die Schleusen (9 zwischen Koblenz und Trier). Früher gab es die Regel, dass der Passagierverkehr Vorrang vor dem Frachtverkehr hatte. Zudem konnten Schleusungen im Voraus 'vorbestellt' werden. Neuerdings gibt es das wohl nicht mehr. So kann es auch für den Passagierverkehr zu längeren Wartezeiten kommen, was aber bei unserer Reise glücklicherweise nicht der Fall war. Der Schiffsverkehr auf der Mosel hat mittlerweile auch so zugenommen, dass in einem langfristigen Bundesprogramm alle Schleusen 2 Kammern erhalten sollen.

Noch eine Notiz am Rande: der Kapitän fuhr nur die 'geraden' Strecken, das 'fieselige' Manöverieren in den engen Schleusen überließ er dem Steuermann. Der das dann auch mit Bravour und viel Feingefühl erledigte.


Tag 4 (Trier-Traben-Trarbach)

In Trier hatten wir wieder das Glück, dass in Trier direkt angelegt wurde:

http://goo.gl/maps/IbF23

Hier scheint es nur 2 Steiger für Hotelschiffe zu geben, die natürlich heissbegehrt sind. Einige Schiffe legen auch in Schweich an, was jedoch 15 km von Trier entfernt liegt. So waren es von unserem Schiff zur Porta Nigra etwa 15 min. Fussweg. Und hinter der Porta Nigra beginnt dann ja auch die Trierer Fussgängerzone.

Bild

Gegen Mittag hiess es dann wieder 'Leinen los' und auf nach Traben-Trarbach. Leider wurde das Sonnendach wegen einiger niedriger Brücken für die ganze Strecke heruntergeklappt, so dass man das Moseltal dann entweder im Salon oder in praller Sonne bewundern musste.


Tag 5 (Traben-Trarbach-Koblenz)

Meist fahren die Schiffe ja eher Bernkastel-Kues an, der Ort ist dann aber etwas überlaufen. Hier wurde der Stop in Trarbach (rechtsmoselseitig) gewählt. Und zwar direkt am Ufer:

http://goo.gl/maps/9o4qM

In Traben (linksmoselseitig) hatten einige Anwohner schon Transparente herausgehängt:

Hotelschiffe - Hafen benutzen!

Hotelschiffe - Nein danke!

Und irgendwie kann ich die Bewohner auch verstehen. Es ist nicht unbedingt schön, wenn 20 m vor dem Schlafzimmerfenster fast jede Nacht irgendein anderes Schiff den Dieselgenerator über Nacht wummern läßt.

Traben ist der 'geschäftigere' Stadtteil, hier endet ja auch die Stichbahn von Bullay kommend. Trarbach ist da noch eher Winzerort. Hier könnte ich den Besuch des Mittelmosel-Museums empfehlen. Es zeigt, wie damals eine reiche Kaufmannsfamilie (fast fürstlich) gewohnt hat, aber auch etwas zur Kultur der einfacheren Leute an der Mosel.

Bild


Tag 6 (Koblenz)

Hier ging es dann wieder nach Koblenz zurück, wobei das Ziel früher als gedacht (die Schleusungen waren günstig) erreicht wurde. Aber auch hier drängten sich schon wieder 6 Kreuzfahrtschiffe am Moselkai. Immer öfter muss hier mittlerweile das 'Parken in der 3. Reihe' zuhilfe genommen werden. Aber schliesslich waren es ja nur wieder 5 min. Fussweg nach Hause...

Ende
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